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Viktoria Köln im DFB-PokalOlaf Janßens Erinnerungen an einen Gänsehaut-Moment

Lesezeit 4 Minuten

Nach dem denkwürdigen 5:1-Heimsieg gegen den 1. FC Kaiserslautern am letzten Spieltag der Bundesliga-Saison 1998/99 feiern Olaf Janßen (M.) und Eintracht Frankfurt das „Wunder vom Main“.

Als Spieler schaffte Olaf Janßen 1999 mit Eintracht Frankfurt sensationell die Rettung vor dem Abstieg. Nun empfängt der Trainer des FC Viktoria Köln in der zweiten Runde des DFB-Pokals seinen Ex-Club.

Olaf Janßen (57) bekommt „jetzt noch Gänsehaut“, wenn er an den 29. Mai 1999 zurückdenkt. Der heutige Trainer des FC Viktoria Köln war Teil jener Mannschaft von Eintracht Frankfurt, die im unglaublichen Finale der Bundesliga-Saison 1998/99 durch einen 5:1-Kantersieg gegen den 1. FC Kaiserslautern den kaum noch für möglich gehaltenen Klassenerhalt schaffte. Als „in Deutschland unvergessen“ bezeichnet Janßen das „Wunder vom Main“, das der norwegische Kultstürmer Jan Age Fjörtoft mit seinem legendären Übersteigertor in buchstäblich letzter Sekunde wahr werden ließ. „Das war der Moment in meinem Leben als Fußballer, der ganz besonders war. Ein paar Wochen vorher waren wir eigentlich schon abgeschrieben“, schwärmt Janßen von der spektakulären Rettung, die dem inzwischen verstorbenen Trainer Jörg Berger Heldenstatus rund um das Waldstadion einbrachte. „Gefühlt haben wir drei Tage gefeiert. Irgendwann dienstags habe ich zu Hause angerufen und gesagt: Macht euch keine Sorgen, mir geht's gut“, schwelgt Janßen mehr als zwei Jahrzehnte später in Erinnerungen.

Am Mittwochabend (20.45 Uhr, Sky) kommt es im ausverkauften Sportpark Höhenberg zum Wiedersehen zwischen Olaf Janßen und der Frankfurter Eintracht, wenn der letztjährige Finalist in der zweiten Runde des DFB-Pokal-Wettbewerbs 2023/24 bei Drittligist Viktoria Köln antritt. „Für mich als Trainer ist es zusätzlich eine ganz tolle Geschichte, dass ich einem Pflichtspiel gegen die Eintracht antreten darf. Darauf freue ich mich sehr“, fiebert Janßen dem Duell mit dem Bundesligisten auch aus persönlichem Blickwinkel entgegen. Der frühere Mittelfeldspieler war nach mehr als einem Jahrzehnt beim 1. FC Köln 1997 zu den Hessen gewechselt. 54 Mal trug Janßen den Adler auf der Brust, ehe er nach einer kurzen Leihe in die Schweiz im Jahr 2000 seine aktive Karriere für beendet erklärte.

Gefühlt haben wir drei Tage gefeiert. Irgendwann dienstags habe ich zu Hause angerufen und gesagt: Macht euch keine Sorgen, mir geht's gut.
Olaf Janßen über den Nichtabstieg mit Eintracht Frankfurt

Überhaupt erst möglich wurde das zweite Gastspiel eines Bundesligisten in Höhenberg innerhalb von zweieinhalb Monaten, weil der Viktoria gegen den SV Werder Bremen (3:2) die große Überraschung gelungen war – ausgerechnet per Siegtreffer in der Nachspielzeit durch den letztjährigen Regionalligaspieler Donny Bogicevic. „Besser geht es ja fast gar nicht in der ersten Runde“, meint Moritz Fritz schmunzelnd. Den Besuch des Europa League-Siegers von 2022 und aktuellen Conference League-Teilnehmers betrachtet der Viktoria-Kapitän als Belohnung für die Heldentat Mitte August: „Das haben wir uns verdient mit dem Spiel gegen Bremen.“ Die Eintracht sei ein „sehr schönes Los“, findet Fritz. Es sei „Wahnsinn“, wie sich die einst launische Diva vom Main entwickelt habe. Auch Sportchef Stephan Küsters freut sich „riesig“ auf das Kräftemessen mit einem „absoluten Topclub in Europa“: „Das ist ein Zusatz, den wir alle genießen können.“

Gleichwohl sind sie im Rechtsrheinischen realistisch genug, um die Chancen auf ein erneutes Ausrufezeichen passend einordnen zu können. „Ich weiß, dass natürlich viele Sachen in unsere Richtung laufen müssen, um das zu schaffen“, erklärt Trainer Olaf Janßen vor dem Duell mit dem Bundesliga-Siebten um Ex-FC-Profi Ellyes Skhiri. Hatte die Viktoria den SV Werder in dessen erstem Pflichtspiel der Saison noch kalt erwischt, wartet nun ein Gegner, der im Rhythmus ist. „Wir sind mitten in der Saison, das kommt einem Bundesligisten sicherlich entgegen“, meint Janßen. Obendrein wartet mit der Eintracht ein formstarker Kontrahent, der seine Startschwierigkeiten nach dem großen Umbruch im Sommer offenbar überwunden hat. „Man kann feststellen, dass der Plan des Trainers immer mehr aufgeht. Die Eintracht läuft sehr aggressiv an und ist im Umschaltspiel brutal durch ihre Geschwindigkeit“, beschreibt Janßen die Mannschaft von Dino Toppmöller, die er am Sonntag beim Spektakel gegen Borussia Dortmund (3:3) vor Ort beobachtete. „Eigentlich“, sagt Janßen, „hätte die Eintracht das Spiel schon zur Pause entscheiden müssen. Die Performance, die sie im Moment auf den Platz bringt, wird uns maximal fordern.“

Viktoria-Kapitän Moritz Fritz begrüßt Verbleib im Sportpark Höhenberg

Auf der Gegenseite will der FC Viktoria seinen Prinzipien treu bleiben, dank derer er in der 3. Liga auf Schlagdistanz zum Aufstiegsrelegationsplatz liegt. „Wir wollen unseren Matchplan nicht komplett über den Haufen werfen. Das wären nicht wir. Wir wollen mutig sein und gute Lösungen finden“, sagt Olaf Janßen. Er fordert: „Wir brauchen gegen den Ball eine extrem hohe Disziplin und totale Leidenschaft. Und auch das Gefühl, dass es okay ist, mal nicht den Ball zu haben – auch wenn wir eine Mannschaft sind, die gerne den Ball hat.“ Obendrein baut der Drittligist auf die vertraute Atmosphäre im nur rund 8300 Zuschauer fassenden Sportpark Höhenberg, in dem bereits der SV Werder niedergerungen wurde. Kapitän Fritz findet es „genau die richtige Entscheidung“, auch dieses Mal nicht nach Müngersdorf umzuziehen. „Zu Hause sind wir seit mehreren Monaten ungeschlagen. So ist die kleine Chance, die wir haben, einen Tick größer.“

Voraussichtliche Aufstellungen: FC Viktoria Köln: Voll; Schultz, Lorch, Greger; Koronkiewicz, Fritz, Russo, May; Bogicevic, Marseiler; Philipp. – Eintracht Frankfurt: Trapp; Tuta, Koch, Pacho, Nkounkou; Skhiri; Dina Ebimbe, Chaibi, Götze, Knauff; Marmoush. – Schiedsrichter: Burda (Berlin).