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Viktoria Köln
„Wir sind in intensiven Gesprächen mit potenziellen Investoren“

Lesezeit 6 Minuten
08.12.2024, Fußball, FC Viktoria Köln VfL Osnabrück, 3.Liga, Sportpark Höhenberg, Saison 2024 2025: Torjubel nach dem 2:0 durch das Eigentor von Dave Gnaase VfL Osnabrück 26 - Serhat-Semih Güler Viktoria Köln 30 steht jubelnd mit Lex-Tyger Lobinger Viktoria Köln 9 auf dem Spielfeld. DFB regulations prohibit any use of photographs as image sequences and or quasi-video. Nordrhein-Westfalen Deutschland *** 08 12 2024, Football, FC Viktoria Köln VfL Osnabrück, 3 Liga, Sportpark Höhenberg, Saison 2024 2025 Torjubel nach dem 2 0 durch das Eigentor von Dave Gnaase VfL Osnabrück 26 Serhat Semih Güler Viktoria Köln 30 steht jubilant mit Lex Tyger Lobinger Viktoria Köln 9 auf dem Spielfeld DFB regulations prohibit any use of photographs as image sequences and or quasi video Nordrhein Westfalen Germany

Hinter Viktoria Köln liegt die stärkste Drittliga-Hinrunde der Klubgeschichte. Diesen Weg wollen die Verantwortlichen fortsetzen - mit der Unterstützung eines Investors.

Eric Bock und Axel Freisewinkel, die Geschäftsführer des Drittligisten, sprechen über ihre Investoren-Suche, Viktorias Finanzen und einen möglichen Zweitliga-Aufstieg.

Herr Bock, zur Saison 2024/25 musste der FC Viktoria Köln seinen Etat um knapp 20 Prozent kürzen, viele Leistungsträger haben den Verein verlassen. Dennoch gelang der Mannschaft die stärkste Hinrunde der Drittliga-Geschichte.

Eric Bock: Es war einfach eine tolle Leistung von allen: Von den Spielern, dem Trainerteam, Franz Wunderlich, Stephan Küsters und auch unserem Chefscout Valentin Schäfer, der ja die ganzen Spieler findet, in der Gesamt-Betrachtung aber immer etwas untergeht. Ich persönlich habe immer etwas zwischen Platz neun und zwölf im Auge gehabt. Mal gucken, wie es weitergeht. Das Rückrunden-Auftaktprogramm hat es mit Dresden, Mannheim, 1860 München und Rostock jedenfalls in sich.

Herr Freisewinkel, auch auf der Geschäftsstelle wurde Personal abgebaut. Sind die bisherigen Einsparungen ausreichend? Oder drohen der Viktoria weitere Kürzungen?

Axel Freisewinkel: Die Restrukturierung hat gut geklappt. Wir streben eine Ergebnisverbesserung um 30 Prozent an, da sind wir auf einem guten Weg. Wir sind mit der finanziellen Entwicklung sehr zufrieden. Dass es dazu sportlich so gut läuft, ist die Kirsche auf der Sahne. Zur kommenden Saison werden wir diesen Weg der Konsolidierung fortführen – aber es wird keine Umbrüche von den Ausmaßen des vergangenen Sommers geben.

Viktorias 2023 verstorbener Mäzen Franz-Josef Wernze hat dem Verein Geld hinterlassen, um die nahe Zukunft zu sichern. Wie wird mit diesen Mitteln umgegangen?

Freisewinkel: Je weniger wir jährlich von dieser Summe brauchen, umso länger reicht sie. Momentan wird die Lücke in unserem Etat von diesem Geld ausgeglichen. Darum gab es im vergangenen Sommer auch den Schnitt und die klare Zielsetzung: Kosten senken, Einnahmen erhöhen, um die Lücke so klein wie möglich zu halten – und irgendwann auf eine Null zu kommen oder in schwarze Zahlen zu gehen.

In der aktuellen und der vergangenen Transferperiode haben die Verkäufe von Bryan Henning, Said und Malek El Mala sowie Ben Voll Erlöse in Viktorias Kasse gespült. Müssen auf absehbare Zeit immer wieder Leistungsträger verkauft werden, um Finanzlücken zu schließen?

Freisewinkel: Ja, daran wird man sich wahrscheinlich gewöhnen müssen. Transfereinnahmen müssen wir in Zukunft mit Sicherheit mehr forcieren, als wir es in der Vergangenheit getan haben. Allerdings werden wir diese Einnahmen auch künftig zu großen Teilen in die Mannschaft reinvestieren. Wir hatten im letzten Sommer so viele Transferanfragen für Spieler, wie noch nie zuvor. Aber das zeigt auch die hervorragende Arbeit des NLZ und der ersten Mannschaft. Wir entwickeln Spieler und heben sie auf ein anderes Level. Das ist der Weg, den Viktoria in Zukunft weitergehen wird.

Auch Sponsoren spielen eine wichtige Rolle.

Bock: Ja, und hier ist der Zulauf super. Wir konnten auch gerade mit all unseren Top-Sponsoren verlängern, das freut uns sehr. Und es kommen immer neue dazu. Das ist ein tolles Netzwerk. Wir haben inzwischen knapp 200 Partner. Unser Vip-Bereich ist immer ausgebucht, teilweise sogar überbucht.


Viktorias Geschäftsführer Eric Bock (l.) und Axel Freisewinkel (r.)

Viktorias Geschäftsführer Eric Bock (l.) und Axel Freisewinkel (r.)

Eric Bock (57) ist seit 2014 Geschäftsführer beim FC Viktoria und im Verein für Vertrieb, Marketing und Kommunikation zuständig.

Axel Freisewinkel (45) ist seit 2015 Geschäftsführer beim FC Viktoria und im Klub für Finanzen, Personal und Strategie zuständig.


Wie läuft die Suche nach potenziellen Investoren?

Bock: Wir sind in vielen, intensiven Gesprächen, auch auf internationaler Ebene. Etwa in den Benelux-Ländern, in England.

Wird der „nächste“ Franz-Josef Wernze gesucht?

Bock: Ein Mäzenatentum mit einer solchen intensiven Verbundenheit wie im Falle von Herrn Wernze ist die Idealvorstellung, aber nicht das realistischste Szenario. Deswegen wird es in Richtung Investoren gehen.

Der Begriff „Investor“ ist im Fußball vorbelastet. Bei 1860 München gab es jahrelanges Chaos, der KFC Uerdingen ist erst gerade wieder insolvent gegangen.

Bock: Das sind natürlich zwei Negativ-Beispiele. Aber ich glaube, dass der deutsche Fußball im internationalen Vergleich ohne Investor nicht mehr mithalten kann. Mir fallen vielleicht zwei oder drei Drittligisten ein, die kostendeckend arbeiten können. Darum glaube ich, dass wir uns öffnen müssen – es muss ja nicht der Scheich aus Saudi-Arabien sein.

Ein Mäzenatentum mit einer solchen intensiven Verbundenheit wie im Falle von Herrn Wernze ist die Idealvorstellung, aber nicht das realistischste Szenario. Deswegen wird es in Richtung Investoren gehen
Eric Bock

Welche Anforderungen müsste ein potenzieller Viktoria-Investor erfüllen?

Bock: Es wird immer schwierig, wenn sich Investoren zu intensiv in den sportlichen Bereich einmischen. Man kann auch aus dem Hintergrund effektiv zusammenarbeiten. Ein Investor müsste unsere jährliche Unterdeckung tragen. Und wenn er entwickeln möchte – da gibt es aus meiner Sicht keine Grenzen. Wir sind sehr, sehr zuversichtlich, in den kommenden zwei Jahren einen Investor präsentieren zu können. Einen, der Fantasie mitbringt und für den sich sein Investment letztlich lohnen soll.

Sollte es keine Übereinkunft mit einem Investor geben: Würde die Viktoria die nächsten Jahre überstehen?

Bock: Das glaube ich auf jeden Fall, es gibt noch einen Plan B, den wir jetzt hier noch nicht bekanntgeben möchten. Aber es wird immer weitergehen…

… die Voraussetzung dafür ist aber der Klassenerhalt in der Dritten Liga.

Bock: Natürlich, Liga drei und ein vom DFB lizenziertes NLZ sind die Grundvoraussetzungen.

Freisewinkel: Nach oben darf es natürlich auch gehen! (lacht)

In der Theorie: Wie würde es in diesem Sommer nach einem Zweitliga-Aufstieg weitergehen?

Bock: Der Wunsch bleibt weiter, den Sportpark Höhenberg auszubauen und ihn zweitliga-tauglich zu machen. Natürlich ist das in einem Landschaftsschutzgebiet schwierig. Aber unser Präsident (Holger Kirsch, d. Red.) ist Architekt. Und er hat immer gute Ideen. Dazu kämen dann natürlich noch viele Infrastruktur-Maßnahmen. Aber diese Pläne gibt es.

Und eine Umsetzung halten Sie für theoretisch möglich?

Bock: Wir haben damals ja auch nicht geglaubt, dass wir den Sportpark drittliga-tauglich bekommen würden.

Freisewinkel: Fakt ist, dass wir für einen Umbau die Unterstützung der Stadt Köln bräuchten. Damals haben wir es ja mehr oder weniger in Eigenregie und dank Franz-Josef Wernze, der rund 1,5 Millionen Euro in das Projekt gesteckt hat, stemmen können. Das können wir uns nicht noch einmal leisten. Wenn es mal so weit käme, dass wir nach oben gucken, wäre jetzt die Stadt gefordert.

Aufgrund der aktuellen Tabellenplatzierungen werden Sie sicherlich Unterlagen für eine Zweitliga-Lizenz vorbereiten. Welches Stadion ist dort angegeben?

Freisewinkel: Der Sportpark, auch wenn da noch einiges zu tun wäre. Man sieht aber, dass mit Stahlrohrtribünen viel möglich ist, um diese Minimal-Kapazität von 15.000 Zuschauern zu erreichen. Der Ausweich-Standort wäre Müngersdorf.

Unser Ziel ist es, langfristig unter den Top-50-Fußballvereinen Deutschlands zu bleiben
Axel Freisewinkel

Wo sehen Sie die Viktoria im Idealfall in drei bis fünf Jahren?

Freisewinkel: Ein etablierter Drittligist sind wir jetzt schon, das möchten wir natürlich festigen. Dazu wollen wir die Nachwuchsarbeit weiter ausbauen. Unser Ziel ist es, langfristig unter den Top-50-Fußballvereinen Deutschlands zu bleiben.

Aktuell sind zehn Spieler aus dem Viktoria-NLZ im Profi-Kader. Unter Trainer Olaf Janßen haben es 20 Spieler aus dem Jugend- und den Lizenz-Bereich geschafft. Was ist das Erfolgsrezept?

Bock: Neben Olaf hat da natürlich auch Marian Wilhelm als langjähriger Jugendtrainer einen großen Anteil daran. Unsere Scouting-Abteilung hat hier in der Umgebung einfach ein gutes Auge und ein gutes Netzwerk. Einen Said El Mala hatte vor ein paar Jahren niemand auf dem Schirm.

Freisewinkel: Wir bekommen in der Regel keine Jugendspieler mit einem ganz geraden Karriereweg beim FC, Bayer Leverkusen oder Borussia Mönchengladbach. Es sind oft Aussortierte, bei denen wir aber eine Fantasie haben und sie auf dem zweiten Bildungsweg in den Profibereich bringen. Wichtig ist natürlich, dass die U-19-Spieler bei uns ganz nah dran sind an den Profis, oft zusammen trainieren. Da ist die Durchlässigkeit eine ganz andere als bei anderen Klubs.

Sehen Sie sich im Nachwuchsbereich auf Augenhöhe mit dem FC oder Bayer 04?

Bock: Vielleicht fast auf Augenhöhe. Die Rahmenbedingungen sind dort schon noch einmal andere als bei uns.

Der DFB hat die Mittel für seinen Drittliga-Nachwuchsfördertopf um 20 Prozent gekürzt. Die Viktoria war im Ranking immer weit vorne. Schmerzt dieser Einschnitt?

Bock: Ja, das tut weh, auch wenn es nicht um Unsummen geht. Aber allein die Signalwirkung ist fatal.

Freisewinkel: Die Dritte Liga wurde vom DFB auch als Ausbildungsliga geplant, in der sich potenzielle deutsche Nationalspieler entwickeln. Und dann kürze ich als Dachverband die Mittel? Eigentlich müsste der Topf um das Zehnfache aufgestockt werden, damit der Anreiz, junge, deutsche Spieler einzusetzen noch viel, viel größer ist. Jetzt passiert genau das Gegenteil, das ist keine gute Entwicklung.

Neben jungen Spielern hat die Viktoria in Marian Wilhelm auch eines der größten Trainertalente der Region. Ab Sommer 2025 wird er seinen Einstand als Profi-Chefcoach in Höhenberg feiern.

Freisewinkel: Wir sind sehr stolz, dass wir ihn halten konnten. Im vergangenen Sommer hatte er gute Angebote von anderen Vereinen, wo er auch wechselwillig war. Aber wir konnten ihm einen Weg aufzeigen, dass er hier Cheftrainer im Profibereich wird, was sein klares Ziel ist. Viele andere Klubs hätten ihn gerne für einen Nachwuchsposten verpflichtet. Aber gerade Franz Wunderlich, zu dem er ein sehr vertrauensvolles Verhältnis hat, konnte ihm unseren Weg hier vermitteln.

Wilhelm wird als Debütant den Trainer-Routinier Olaf Janßen ersetzen. Zuletzt wurde der junge Paul Pöpperl für den erfahrenen Henning verpflichtet. Besteht die Gefahr, dass die Balance zwischen Erfahrung und Jugend verloren geht?

Freisewinkel: In der Kaderplanung war es immer klar: Wir brauchen eine erfahrene Achse und drumherum junge Wilde, die richtig brennen. Und diese Achse harmoniert bei uns gerade hervorragend: Dudu im Tor, davor Lars Dietz und Christoph Greger. Dazu ist Simon Handle seit vielen Jahren eine feste Säule. Und vorne Semih Güler, Tyger Lobinger und Albion Vrenezi. Daneben können sich die Jungen austoben. Die Mischung stimmt. Das ist unsere Philosophie, und die soll so bleiben.

Viktorias Frauen-Mannschaft ist nach der Gründung direkt in die Bezirksliga aufgestiegen. Dort belegt sie wieder Platz eins.

Bock: Wir wollen natürlich weiter in die Landesliga aufsteigen, die Regionalliga ist unser mittelfristiges Ziel mit den Frauen. Weitere wichtige Abteilungen bei der Viktoria sind unsere Inklusions-Mannschaft und unser E-Sport-Team, mit dem wir zuletzt zum ersten Mal die Meisterschaft in der Dritten Liga gewonnen haben.

Wo landen die Profis der Viktoria am Saisonende? Der Relegationsplatz ist nicht weit weg.

Freisewinkel: Ich glaube, dass wir einen einstelligen Tabellenplatz erreichen werden.

Bock: Da schließe ich mich an!