Der Banker Jan-Christian Dreesen gilt als Erbe von Oliver Kahn auf dem Vorstandstuhl beim FC Bayern.
Bleibt der Bayern-Boss?Sammer verteidigt Kahn – „Herr der Zahlen“ sein größter Gegner
Jan-Christian Dreesen saß auf der Tribüne rechts neben einem blassen Oliver Kahn, als für den FC Bayern gegen RB Leipzig die Fußball-Welt unterging. Bei den jetzt anstehenden Aufräumarbeiten könnte der langjährige Finanzchef ein Stückchen nach links rücken - und als Erbe des taumelnden Vorstandsvorsitzenden den grauen Eminenzen Uli Hoeneß sowie Karl-Heinz Rummenigge zu einem spektakulären Comeback verhelfen.
„Kahns größter Gegner“, wie der Boulevard den 55-Jährigen nennt, gilt vor der mit Spannung erwarteten Aufsichtsratssitzung am kommenden Dienstag plötzlich als heißester Anwärter auf die Nachfolge des Bayern-Bosses. Auch, weil Dreesen eng mit Ehrenpräsident Hoeneß und Kahns Vorgänger Rummenigge verbunden ist. Dabei schienen die Tage des „Herrn der Zahlen“ beim Rekordmeister gezählt.
Jan-Christian Dreesen wittert seine zweite Chance
Der Ostfriese hatte schon vor Monaten seinen Abschied nach über zehn Jahren als Vorstand für das Saisonende angekündigt - wohl auch, weil er mit Kahn nicht gut konnte. Doch jetzt witterte der passionierte Jäger offenbar seine zweite Chance, nachdem sich 2021 seine Hoffnungen auf die Rummenigge-Nachfolge als leer erwiesen hatten und Kahn den Job bekam.
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Doch ob Hoeneß, Rummenigge oder Präsident Herbert Hainer - sie alle waren zuletzt auf Distanz zum einstigen Kapitän gegangen. Der Plan mit Dreesen als CEO (Chief Executive Officer) moderner Prägung riefe nach Unterstützung im sportlichen Bereich - das würde Hoeneß wie Rummenigge die Tür öffnen. Neben der Kaderplanung, die der achtköpfige Aufsichtsrat um Boss Hainer und Mitglied Hoeneß absegnen muss, stehen am 30. Mai „Vorstandsangelegenheiten“ auf der Tagesordnung.
Jan-Christian Dreesen bei den Fans beliebt
Heißt: Es geht um die Zukunft von Kahn (Vertrag bis 2024) und Sportchef Hasan Salihamidzic (2026) - völlig unabhängig vom Ausgang der Saison, wie Hainer betonte. „Wir trennen zwischen dem Sportlichen und dem, was wir betriebswirtschaftlich und personalpolitisch machen müssen“, sagte er.
Dreesen ist - erstaunlich für einen zunächst eher kühl wirkenden Banker - bei den kritischen Fans durchaus beliebt. Seit seinem Amtsantritt verkündete er Jahr für Jahr Gewinne; bei seinem letzten Auftritt als „Zahlen-Mann“ auf der Jahreshauptversammlung im Herbst 2022 wurde er mit stehenden Ovationen verabschiedet.
Zuletzt galt er als aussichtsreicher Kandidat für den Chefposten der Deutschen Fußball Liga, deren Präsidium er seit 2016 angehört. Dreesen arbeitete sich bei der HypoVereinsbank einst vom Trainee zum Vorstand hoch und bekleidete auch bei der UBS und der BayernLB Chefposten.
Jan-Christian Dreesen ist der Tausendsassa des FC Bayern
Außerdem ist er der Tausendsassa des FC Bayern. Neben den Finanzen mit einem erwarteten Rekordumsatz von 835 Millionen Euro für 2022/23 umfasst sein Verantwortungsbereich: Controlling, Human Resources, Merchandising & Lizenzen, Ticketservice, Sicherheit & Facility Management, IT & Tech, Recht, Personal, Fan- und Fanklubbetreuung, die Allianz Arena GmbH sowie die gesellschaftliche Vertretung in den Beteiligungen der FC Bayern München AG.
Auch von einem 2018 am Vorabend eines Champions-League-Spiels in Madrid erlittenen Herzinfarkt ließ er sich nicht bremsen. Das Handelsblatt beschrieb ihn einmal als „freien Geist, der kein Blatt vor den Mund nimmt und im Zweifelsfall persönliche Konsequenzen zieht“. Wie bei seinem Servus als Finanzchef. Womöglich aber tauscht Dreesen nur den Stuhl.
Sammer verteidigt Bayern-Boss Kahn
Bayern Münchens früherer Sportvorstand Matthias Sammer hat unterdessen den in der Kritik stehenden Vereinsboss Oliver Kahn verteidigt. „Oli ist für mich der Inbegriff des „Mia san mia“. Vielleicht ist das nicht immer zu erkennen, aber ich höre das in all seinen Argumentationen, wenn es um Fußball geht. Er bewegt mich sehr“, sagte der ehemalige Fußball-Nationalspieler über den Bayern-Vorstandschef in einem Interview der Mediengruppe „Münchner Merkur/tz“ (Mittwoch).
Aus Sicht von Sammer sollte der deutsche Rekordmeister weiter an Kahn festhalten. „Ich bin ein bisschen entsetzt, was da gerade passiert. Vielleicht macht er nicht alles richtig, aber ich habe Angst, dass wir irgendwann gar keinen Fußballer mehr in den führenden Positionen des Fußballs haben. Und das ist nicht gut“, äußerte der 55-Jährige.
Kahn habe ein „feines Gespür, ist vielleicht ein bisschen verrückt, genauso wie ich“. Auch für Münchens Sportvorstand Hasan Salihamidzic fand Sammer lobende Worte. „Hasan ist ein toller Manager-Typ. Der war auf dem Feld ein Wadlbeißer, der hat gekämpft, war ein unglaublicher Teamplayer. Und ich glaube, das bleibst du in deinem Leben. Ich erlebe ihn aber zu wenig, um mehr zu sagen.“ (sid, dpa)