Bayer 04 Leverkusen fehlt im Achtelfinale der Champions League gegen Bayern München die Konstanz über 90 Minuten. Der Meister ist ohne Florian Wirtz chancenlos.
Bayer 04 LeverkusenDas ist der Unterschied zum Niveau des FC Bayern

Enttäuschte Leverkusen nach dem Aus in der Champions League: Granit Xhaka, Torwart Matej Kovar, Mario Hermoso, Trainer Xabi Alonso und Jonathan Tah (v.l.).
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Auch wenn der Karneval im Rheinland schon seit einer Woche beendet ist, verkleidete Simon Rolfes sein „Ja“ als „Nein“. Der Sportchef musste nach dem Aus in der Champions League und dem 0:2 (0:0) im Achtelfinal-Rückspiel gegen Rekordmeister Bayern München eingestehen, dass Bayer 04 Leverkusen noch ein Stück weit von der europäischen Fußballspitze entfernt sind. Inwieweit die verpatzte Aufholjagd, sechs Tage nach der 0:3-Ohrfeige in München, mit dem Fehlen von Florian Wirtz zusammenhing, konnte auch Rolfes nur hypothetisch beantworten.
Den 30.210 Fußballfans in der ausverkauften BayArena war am Dienstagabend aber aufgefallen, dass Spieler wie Alejandro Grimaldo, Jeremie Frimpong und Patrik Schick offensiv nur die Hälfte wert sind, wenn ihre begnadete Nummer Zehn sie nicht mit raumgreifenden Dribblings, klugen, wie perfekt getimten Pässen und eigenen Toraktionen unterstützt. „Nein“, antwortete Rolfes also auf die Frage nach der Abhängigkeit von seinem Ausnahmekönner, sprach danach aber eben doch von „Flo“ als „herausragenden Spieler“ mit „besonderen Impulsen, die er der Mannschaft geben kann“.
Ausfall von Florian Wirtz tut Leverkusen sehr weh
Dass Wirtz beim 0:3 in München nichts ausgerichtet hatte, weil die Hausherren taktisch klug und intensiv verteidigen, den Jungstar durch Joshua Kimmich quasi in Manndeckung genommen hatten und dazu noch individuelle Fehler der Werkself provozieren konnten, erwähnte Bayers Sportboss auch. Er war aber nicht der Einzige, der drei Tage nach Wirtz Sprunggelenksverletzung gegen Werder Bremen, erkennen musste, wie weh der Ausfall des 21-Jährigen dem eigenen Team tat.
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Ohne ihre kreative Schaltzentrale versuchten es die Leverkusener am Dienstagabend mit schnellen, hektischen Flanken in den gegnerischen Strafraum. Dort gab sich Patrik Schick alle Mühe und brachte zwischen den Münchner Abwehrrecken Dajot Upamecano und Min-Jae Kim auch einige, gefährliche Kopfbälle an. Letztlich blieb aber nicht nur der tschechische Stoßstürmer, sondern die komplette Bayer 04-Offensive wirkungslos. „Um unser Kombinationsspiel aufzuziehen und Sachen zu kreieren, bräuchte es eben auch einen Florian Wirtz“, sprach Lukas Hradecky über den in einer Loge zuschauenden Teamkollegen.
Der Kapitän und Torwart der Werkself, der überraschend für den im Hinspiel patzenden Matej Kovar zwischen die Pfosten treten durfte, meinte vor allem den Champions League-Topscorer Wirtz (sechs Treffer, ein Assist), aber auch Stammverteidiger Edmond Tapsoba und Bayern-Schreck Nathan Tella (beide muskuläre Probleme), als er von einem „Tief“ sprach, das den Double-Sieger „in den vergangenen zehn Tagen erwischt“ habe.
Achtelfinale ist in der zweiten Halbzeit des Hinspiels verloren gegangen
Vor den beiden Achtelfinal-Duellen, die die Werkself ohne eigenen Treffer und mit fünf Gegentoren beendete, hatte nichts auf dieses Tief hingedeutet. Im Gegenteil: Nach dem fulminanten 4:1 in Frankfurt vier Tage vor dem Hinspiel befand sich Bayer 04 sogar leicht in der Rolle des Favoriten wieder.
„In der Champions League haben wir noch nicht diese Konstanz über 90 Minuten“, dachte Rolfes nicht nur an die Bayern-Spiele, sondern auch das 0:4 in Liverpool oder das 1:2 bei Atletico Madrid. Obwohl das eigene Team die Liga-Phase als Sechster abgeschlossen hatte, stellte er den Unterschied zu den „absoluten Spitzenteams“ heraus und wies auf die „kleinen Fehler“ hin, die „wir zu viel gemacht haben“.
Sowohl Rolfes (20 Champions League-Partien als Spieler) als auch Xabi Alonso (119) versuchten gar nicht erst, die eigene Enttäuschung zu verhehlen. Der Trainer tröstete alle Leverkusener, indem er festhielt, dass das Achtelfinale nicht am Dienstag verloren gegangen sei, sondern in der zweiten Halbzeit in München. „Wir müssen realistisch sein“, hielt Alonso als zweifacher Titelträger fest, „unser Niveau und das der Bayern ist etwas anders.“
Der nächste Schritt ist der schwierigste.
Um langfristig mit dem Branchenprimus mithalten zu können, müsse sich der ganze Verein weiterentwickeln. „Dieser nächste Schritt ist der schwierigste“, erklärte er einerseits und gab die neue Richtung gleich selbst vor: „Jetzt kommt Bundesliga und Pokal“, fasste er das „nur fast“ entschiedene Meisterrennen und die nächste Partie am Sonntag (19.30 Uhr/DAZN) bei Vizemeister VfB Stuttgart) ebenso ins Auge, wie das DFB-Pokalhalbfinale bei Arminia Bielefeld. „Beides ist wichtig und wir haben die große Chance wieder etwas zu gewinnen.“
Selbst wenn er die Vorschlussrunde beim Drittligisten auf der Alm am 1. April wohl verpassen wird, kann Florian Wirtz am 24. Mai, wenn das Pokalfinale in Berlin steigt, sicher mit von der Partie sein. Dafür hatten die Bayer-Fans nach dem bitteren Champions League-Aus am Mittwoch ein feines Gespür: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, munterten sie die Verlierer auf.