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„Aggressiv, aber nie beleidigend“Steffen Baumgart stellt sich in Köln vor

Lesezeit 4 Minuten
Baumgart am FC-Stadion

Steffen Baumgart am Rheinenergie-Stadion in Köln

Köln – Steffen Baumgart gab sich gar nicht erst die Mühe seine Aufregung zu verbergen. „Das ist doch normal“, räumte der neue Trainer des 1. FC Köln bei seinem ersten öffentlichen Auftritt am Donnerstag im Rheinenergiestadion gleich zu Beginn ein. Das Eis war sofort gebrochen, der erste Sympathiepunkt locker eingefahren. Denn Aufregung gehört dazu, wenn ein langjähriger Trainer des SC Paderborn sich einer großen Herausforderung wie dem 1. FC Köln stellt. Selbst für einen Steffen Baumgart, der sich in Ostwestfalen den Ruf eines starken Mannes an der Seitenlinie erworben hat und für einen klaren Weg in seiner Arbeit steht.

Der 49-Jährige weiß, was bei den Geißböcken auf ihn zukommt, und stellt sich der Aufgabe mit klaren Meinungen. „Wir reden hier immer über den Klassenerhalt. Wer mich kennt, weiß, dass ich mehr möchte“, formulierte er gleich mal mutig. Die FC-Anhänger werden es nach einer Saison am Abgrund der Bundesliga gerne hören. Zumal Baumgarts Art spielen zu lassen, bei den leidgeprüften Fans auch Hoffnungen auf attraktiveren Fußball schüren dürfte. „Die Stimmung in Köln hat es verdient, dass wir den entsprechenden Fußball zeigen. Da würde es mir schwer fallen, hinten den Bus zu parken. Wir wollen mehr darüber reden zu gewinnen als zu verlieren und häufig den Torjingle hören. Auch, wenn das bedeutet, hinten hin und wieder einen Treffer mehr zu kassieren“, versprach der neue FC-Coach eine offensive Ausrichtung.

Baumgart: „Ich habe eine gewisse Art Fußball zu spielen“

Baumgart lässt am liebsten mit Viererkette und zwei Stürmer spielen. Das System ist wesentlich, für den ehemaligen Bundesliga-Profi aber nicht das Wichtigste: „Grundsätzlich geht es um die Art und Weise, wie wir spielen. Das hat immer etwas mit Mentalität und Laufarbeit zu tun.“ Darüber zu reden ist einfacher, als es zu zeigen: „Ich habe eine gewisse Art Fußball zu spielen. Das wird aber nicht von heute auf morgen gehen, das müssen wir gemeinsam erarbeiten“, bat Baumgart um Geduld.

Zeit, die er bekommen wird, denn beim FC ist man von Baumgart und seiner Art angesteckt: „Bei mir hat es in den Gesprächen direkt gefunkt. Ich bin überzeugt davon, dass Steffens Ansatz entscheidende Prozentpunkte rausholen kann und einzelne Spieler besser macht“, lobte FC-Sportchef Jörg Jakobs.

Seine Arbeit nahm Baumgart offiziell am Donnerstag auf. Sie stellt ihn zusammen mit Jakobs gleich zu Beginn vor eine große Aufgabe. Es geht darum, aus einem aufgeblähten einen bundesligatauglichen Kader zu machen. Während Max Meyer in den Planungen für die kommende Saison nach seinem ausgelaufen Vertrag keine Rolle mehr spielen wird, werden am Freitag mit der Rückkehr der sieben Leihspieler, Nachwuchsspielern wie Justin Diehl, Philipp Wydra oder Meiko Sponsel und den vier Neuzugängen Mark Uth, Dejan Ljubicic, Timo Hübers und Marvin Schwäbe sage und schreibe 39 Spieler zum obligatorischen Corona-Test anreisen. Marcel Risse wurde sogar aus dem Trainingslager des Drittligisten Viktoria Köln zurück ans Geißbockheim beordert. „Die Gruppe ist groß. Fest steht, dass es mit 39 Spielern auf dem Platz nicht leicht wird. Es kann sein, dass wir die Gruppe teilen und mit Stationen arbeiten“, erklärte Steffen Baumgart.

Neue Chance für alle Spieler

Mal abgesehen von der Logistik stellt die Verkleinerung des Kaders die Herausforderung dar. „Es ist viel Qualität im Kader. Jetzt müssen wir auf eine schlagkräftige Größe kommen“, erklärte Jörg Jakobs. Wobei alle Spieler eine Chance bekommen werden: „Es gibt keine Streichliste. Es gibt Spieler mit guter und schlechter sportlicher Perspektive. Fakt ist, dass der Kader kleiner werden muss und wird. Das wird wohl bis zum letzten Tag des Transferfensters gehen“, skizzierte der Sportchef die Problematik.

Steffen Baumgart will und wird sich sein eigenes Bild machen. Er sieht „viel Potenzial“ und ist einer, der den „Fußball in Köln nicht neu erfinden will“. Er freut sich vielmehr auf seinen neuen Job und hatte bei seiner Vorstellung auch kein Problem damit, selbstkritisch zu sein. „Ich bin auf dem Platz sehr laut, das hört sich manchmal für Außenstehende sicher auch aggressiv an. Aber ich bin nie beleidigend, sondern fordernd. Ich weiß, was ich kann und was ich nicht kann. Ich mache Fehler, stehe aber auch dazu.“

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Es wird in diesem Zusammenhang interessant zu beobachten sein, wie er im Laufe der Zeit mit der Öffentlichkeit und dem nicht immer einfachen Umfeld in Köln umzugehen weiß. „Hier ist alles etwas größer als in Paderborn. Dort war der Raum kleiner und die Journalisten weniger. Hier knallt es an allen Ecken und Enden. Fast jeden Tag gibt es eine Schlagzeile, ob negativ oder positiv. Dabei habe ich noch kein Training geleitet“, hat Baumgart die allgemeine Aufgeregtheit um den 1. FC Köln schon registriert und eingeordnet.

Gerade das scheint ihn aber auch zu reizen: „Köln ist ein Verein, der viel von dem bringt, was ich mir vorstelle. Wir wollen jetzt Werte schaffen, den nächsten Schritt gehen und versuchen eine andere Art reinzubringen.“