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Mike Wunderlich im Interview„Was Baumgart herausholt, ist brutal“

Lesezeit 5 Minuten
Mike Wunderlich steht und klatscht in die Hände.

Fühlt sich auch an der Seitenlinie wohl: Ex-Profi Mike Wunderlich.

Trainer-Neuling Mike Wunderlich empfängt mit dem SV Bergisch Gladbach den 1. FC Köln. Tobias Carspecken sprach mit dem 37-jährigen Kölner.

Es sind besondere Tage für Mike Wunderlich. Am Mittwoch (18 Uhr, Belkaw-Arena) trifft der Trainer-Neuling mit dem SV Bergisch Gladbach 09 in einem Testspiel auf den 1. FC Köln. Am Freitag (18 Uhr) wird Viktoria Kölns Rekordspieler mit dem Abschiedsspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern gebührend gefeiert. Tobias Carspecken sprach mit dem 37-jährigen Kölner.

Herr Wunderlich, wie fühlen sich die ersten Monate nach dem Ende der aktiven Profi-Karriere an?

Es fühlt sich gut an. Natürlich war es eine Umstellung für mich. Aber dadurch, dass ich in der Firma sehr viel zu tun habe und dem Fußball trotzdem die Treue gehalten habe, ist mir der Übergang recht leicht gefallen.

Warum haben Sie nicht noch ein Jahr weitergespielt?

Es war der Zeitpunkt gekommen, an dem ich gespürt habe, dass die letzte Motivation gefehlt hat, immer wieder ans Limit zu gehen. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich einen anderen Anspruch an mich selbst habe. Daher war es an der Zeit aufzuhören.

Wie sieht Ihr neuer Alltag aus?

Seit dem 1. Juli besitze ich 50 Prozent der Anteile an der von meinem Vater gegründeten Gebäudereinigungsfirma, wo ich nun als Geschäftsführer tätig bin. Bis mittags bin ich im Innendienst tätig, danach geht es zum Training.

Dass der FC auf uns zugekommen ist, macht uns in Bergisch Gladbach stolz. Schließlich träumen viele Clubs in der Region davon, gegen den FC spielen zu dürfen.
Mike Wunderlich

Warum ist der SV Bergisch Gladbach 09 für Sie als junger Trainer genau der richtige Club?

Es ist nicht selbstverständlich, gleich auf der ersten Station einen Mittelrheinligisten trainieren zu dürfen. Der Verein bietet Ruhe und sehr gute Bedingungen, wir arbeiten hier auf einer Wellenlänge. Zum Sportlichen Leiter Christian Schlösser habe ich auch privat eine sehr enge Beziehung. Ich hatte schnell das Gefühl, diese Aufgabe übernehmen zu wollen. Und das gute Gefühl hat sich bestätigt.

Was haben Sie in Bergisch Gladbach vor?

Wir haben keinen Druck. Der Verein hat eine realistische Sichtweise, dass der Bonner SC und Eintracht Hohkeppel über außergewöhnliche Möglichkeiten für einen Fünftligisten verfügen. Unser Anspruch ist es, hinter diesen beiden Mannschaften unter den ersten vier Teams zu landen. Wir wollen unsere junge Mannschaft weiterentwickeln und ein Team aufbauen, mit dem sich der gesamte Verein identifizieren kann. Dabei sind wir auf einem ganz guten Weg. Die Umstellung vom Spieler- auf den Trainerjob war groß. Es macht aber Spaß, mit den vielen jungen Spielern zusammenzuarbeiten.

Welche Pläne verfolgen Sie als Trainer?

Wie schon als Spieler habe ich den Anspruch, so weit zu kommen, wie es möglich ist. Die B-Lizenz habe ich abgeschlossen. Jetzt muss ich mindestens zwei Jahre in der fünften Liga arbeiten, um mich für die A-Lizenz bewerben zu können. Das ist mein nächster Schritt. So lange läuft auch mein Vertrag in Bergisch Gladbach. Dennoch sehe ich Bergisch Gladbach nicht als Sprungbrett. Ich bin sehr dankbar für die Chance, die ich hier erhalten habe, und ganz entspannt. Mal schauen, was die Zeit bringt.

Ich ziehe den Hut vor seiner Arbeit. Diese Trainertypen, die sagen, was sie denken, und den Fußball lieben, mag ich sehr.
Mike Wunderlich über Steffen Baumgart

Mit dem 1. FC Köln als Testspielgegner wartet am Mittwoch auf Sie der erste Höhepunkt als noch junger Trainer. Wie groß ist Ihre Vorfreude?

Für uns alle ist das eine Riesengeschichte. Es war uns wichtig, in der Liga einen guten Start hinzulegen. Mit neun Punkten aus vier Spielen ist uns das gelungen. Jetzt können wir uns auf den FC freuen. Es wird ein Highlight.

Wie ist der Kontakt zum FC zustande gekommen?

Thomas Kessler (Lizenzspielerleiter des FC; Anm. d. Red.), mit dem ich selbst viele Jahre beim FC zusammengespielt habe, hat mich vor zwei Wochen angerufen, weil der FC auf der Suche war nach einem Gegner für die Länderspielpause. Dass der FC auf uns zugekommen ist, macht uns in Bergisch Gladbach stolz. Schließlich träumen viele Clubs in der Region davon, gegen den FC spielen zu dürfen.

Viktoria ist mein Heimatverein, bei dem ich viele Jahre verbracht und viele Höhen und Tiefen miterlebt habe. Es ist eine besondere Beziehung entstanden.
Mike Wunderlich

Freuen Sie sich auf das Aufeinandertreffen mit Steffen Baumgart besonders?

Ich ziehe den Hut vor seiner Arbeit. Diese Trainertypen, die sagen, was sie denken, und den Fußball lieben, mag ich sehr. Was er aus dem FC herausholt, ist brutal. Das ist das Beste, was ich als gebürtiger Kölner und FC-Fan von diesem Club seit Jahren erlebe.

Wie viel Wehmut schwingt mit vor dem Abschiedsspiel zwischen Ihren Ex-Clubs Viktoria Köln und 1. FC Kaiserslautern, bei denen Sie jeweils Publikumsliebling waren?

Es sind ein paar Monate vergangen seit dem Ende meiner aktiven Karriere. Daher wird die Wehmut nicht mehr ganz so groß sein. Vor allem freue ich mich darauf, viele ehemalige Mitspieler wiederzusehen und noch mal bei einem schönen Spiel mitzukicken.

Werden beide Clubs in Ihrem Herzen bleiben?

Viktoria Köln ist mein Heimatverein, bei dem ich viele Jahre verbracht und viele Höhen und Tiefen miterlebt habe. Es ist eine besondere Beziehung entstanden. Lautern habe ich ebenfalls extrem in mein Herz geschlossen – auch wenn ich nur anderthalb Jahre dort war. Mit dem Zweitliga-Aufstieg hatten wir eine sehr erfolgreiche Zeit auf dem Betzenberg. Lautern ist einfach ein geiler Club. Die Verbundenheit wird für immer da sein.


Zur Person290 Scorerpunkte (194 Tore/96 Vorlagen) in 347 Pflichtspielen: Mit diesen beeindruckenden Werten hat sich der gebürtige Kölner Mike Wunderlich (37) zum Rekordspieler und -torschützen des FC Viktoria Köln aufgeschwungen. Größter gemeinsamer Erfolg war der Drittliga-Aufstieg 2019. Mit dem 1. FC Kaiserslautern, für den der ehemalige offensive Mittelfeldspieler von Sommer 2021 bis Winter 2023 auflief, schaffte er den Sprung in die Zweite Liga. Nach dem Ende seiner aktiven Karriere trainiert der frischgebackene B-Lizenz-Inhaber seit dieser Saison den Mittelrheinligisten SV Bergisch Gladbach 09. (tca)