Die Krise des 1. FC Köln ist eng verknüpft mit dem Formtief arrivierter Kräfte. Dejan Ljubicic zeigt sich selbstkritisch.
Sturz ans TabellenendeLeistungsträger des 1. FC Köln am Boden
Wenn Florian Kainz und Dejan Ljubicic auf die Europameisterschaft 2024 in Deutschland zu sprechen kommen, fällt ein und dasselbe Wort. Es lautet: „Traum“. Für die beiden österreichischen Nationalspieler in Diensten des 1. FC Köln gibt es in der Saison 2023/24 auf internationaler Bühne kein größeres Ziel, als dabei sein zu dürfen, wenn in demjenigen Land das Kontinentalturnier ausgetragen wird, in dem sie fußballerisch beheimatet sind.
Nun kann der große Moment bevorstehen. Mit einem Sieg im Gipfeltreffen der Qualifikationsgruppe F gegen die punktgleichen Belgier hätte die ÖFB-Auswahl das Ticket für die Endrunde im Nachbarland vorzeitig gelöst. Die Zweifel an der dritten EM-Teilnahme in Folge sind in der Alpenrepublik nur noch theoretischer Natur. Bei sieben Punkten Vorsprung auf das schwächelnde Schweden und nur noch drei verbleibenden Spielen müsste es schon mit dem Teufel zugehen, damit die Auswahl des deutschen Trainers Ralf Rangnick auf den letzten Metern noch aus der Spur gerät.
Auch FC-Coach Steffen Baumgart dürfte am Freitagabend gespannt ins Wiener Ernst-Happel-Stadion blicken. Nach dem katastrophalen Kölner Bundesliga-Start bietet die zweite Länderspielpause den Nationalspielern des FC die Chance zur Seelenmassage. „Es ist eine Chance für unsere Jungs, mit der Nationalmannschaft Erfolg zu haben. Ich freue mich über alle Erfolgserlebnisse“, hofft Baumgart, dass Florian Kainz, Dejan Ljubucic und der mit Luxemburg ebenfalls von einer EM-Teilnahme träumende Mathias Olesen mit gestärktem Selbstvertrauen ins Rheinland zurückkehren.
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Denn die Krise des 1. FC Köln ist auch eine Krise seiner völlig außer Form geratenen Leistungsträger. Dejan Ljubicic, der sich in seinen ersten beiden Spielzeiten beim FC als Allzweckwaffe unentbehrlich gemacht hatte, ist seit Wochen kaum wiederzuerkennen. Nach sieben Spieltagen steht der einst torgefährliche Mittelfeld-Allrounder noch immer ohne Scorerpunkt da. „Die ersten zwei, drei Spiele von mir waren gut, finde ich. Dann bin ich in einen Knacks reingekommen, wo es nicht mehr so gut lief“, zeigte sich Ljubicic gegenüber „Sky Austria“ selbstkritisch im Umgang mit seinen aktuellen Leistungen.
Der 26-Jährige, der zu Saisonbeginn noch mit Eric Martel eine funktionierende Doppelsechs gebildet hatte, war zuletzt vom Zentrum auf die halbrechte Position beordert worden. Die von Baumgart erhoffte Temposteigerung über die Flügel blieb allerdings aus. Beim 0:3 am Sonntag in Leverkusen sollte Ljubicic dann wiederum auf der Zehn für Impulse sorgen – und ging gegen die spielerische Übermacht der Werkself chancenlos mit unter.
Die Ausbeute von nur einem Punkt bezeichnet Ljubicic als „bitter“, zumal „gute Spiele“ mit dabei gewesen seien. Insgesamt erlaube sich der FC aber „in vielen Situationen Fehler“. Sie zu minimieren, ist auch Aufgabe des Österreichers, der als Eckpfeiler eingeplant ist. Immerhin zeigt sich dieser zuversichtlich, sein Tief zu überwinden. „Ich glaube, ich komme wieder. Ich gebe mein Bestes für den Verein“, verspricht Ljubicic, der noch im Sommer mit einem Wechsel zum VfL Wolfsburg kokettiert hatte.
Der einzige Scorerpunkt gelang Florian Kainz per Elfmeter
Ähnlich gelagert ist die Problematik bei Florian Kainz. Der 30-Jährige hat in der noch jungen Saison ebenfalls schon mehrere unterschiedliche Positionen bekleiden müssen – um jene Lücken zu kaschieren, die sich die vom Sparzwang getriebenen FC-Verantwortlichen bei der Zusammenstellung des Kaders erlaubt haben. Für jedermann sichtbar wurde dies bei der 1:2-Pleite in Bremen, wo der gelernte Linksaußen Kainz zum ersten Mal überhaupt in seiner Karriere ins defensive Mittelfeld zurückgezogen wurde.
Auf der Strecke geblieben sind Spielwitz, Leichtigkeit und Torgefahr. Seinen einzigen Saisontreffer erzielte der einstige Kölner Topscorer per Elfmeter. Die Last aus regelmäßiger Rotation und der Verantwortung als neuer Kapitän – sie scheint zu schwer zu wiegen für den introvertierten Grazer. Dabei sind insbesondere die jungen Spieler im Kölner Team darauf angewiesen, dass arrivierte Kräfte wie Florian Kainz, Dejan Ljubicic oder der bislang ebenfalls enttäuschende Luca Waldschmidt vorangehen und ihnen Sicherheit verleihen.
Steffen Baumgart verzichtet derweil zumindest öffentlich darauf, seine kriselnden Leistungsträger namentlich in die Pflicht zu nehmen. „Wir haben nicht nur von den Punkten her Defizite. Das müssen wir als Mannschaft gelöst bekommen“, fordert der FC-Coach unter Hinweis darauf, dass es sich bei Fußball um eine „Mannschaftssportart“ handele. „Du hast vielleicht diesen einen Spieler, der etwas Besonderes ist. Aber funktionieren kannst du nur als Mannschaft.“ Beim neuen Schlusslicht aus Köln ist das in dieser Saison bislang nicht der Fall. In dieses Bild passt im Übrigen die Nachricht, dass die Dauer-Bankdrücker Sargis Adamyan (Armenien) und Dimitrios Limnios (Griechenland) keine Einladung zu ihrer Nationalmannschaft erhalten haben.