Es sah so aus, als würde beim 1. FC Köln wieder etwas Ruhe einkehren. Ein Newsletter facht die Kritik am Vorstand aber erneut an.
Machtkampf beim 1. FC KölnMitgliederrat kritisiert den Vorstand
Nach der Podcast-Reihe mit dem Vorstand und der Geschäftsführung und dem anschließenden Mitglieder-Stammtisch am 12. Juni sprach einiges dafür, dass beim 1. FC Köln wieder etwas mehr Ruhe einkehrt. Man hatte sich nach den Traumata der Transfersperre und dem Bundesliga-Abstieg die Meinung gesagt, Fehler erkannt und eingestanden und versucht den Blick nach vorne zu richten. Immerhin wollen die Geißböcke so schnell wie möglich wieder zurück in die 1. Liga und stehen auch wirtschaftlich vor weitere Herausforderungen.
Am Samstag wagte sich nun aber der Mitgliederrat aus der Deckung und zäumte das Pferd noch einmal von hinten auf. Das 15-köpfige Gremium mit dem Vorsitzenden Ho-Yeon Kim an der Spitze wandte sich mit einem Newsletter an die rund 140.000 Mitglieder des Clubs und übt als Aufsichtsgremium in diesem Schreiben deutliche Kritik an der Arbeit des Vorstands mit Präsident Dr. Werner Wolf sowie den Vizes Eckardt Sauren und Dr. Carsten Wettich. Im Fokus: Die Aufarbeitung der Umstände, die im „Fall Potocnik“ zu der Transfersperre durch die FIFA geführt hat.
1. FC Köln im Machtkampf: Mitgliederrat moniert strukturelle Defizite
Der Mitgliederrat zeigt sich trotz des vom Aufsichtsrat der KGaA in Auftrag und auf dem Mitgliederstammtisch vorgelegten Gutachten nicht zufrieden mit der Aufarbeitung des Vorgangs und hat deshalb ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, das auf dem des Aufsichtsrats aufsetzt. Das Gutachten befasst sich auf juristischer und der struktureller Ebene mit dem „Fall Potocnik“. Obwohl das finale Ergebnis dieses Gutachtens einer Frankfurter Kanzlei noch nicht vorliegt, äußerte sich der Mitgliederrat nun mit einem Zwischenbericht.
Was die juristische Seite betrifft, gebe es nach einer Ersteinschätzung der Frankfurter Kanzlei keine „Pflichtverletzungen des Vorstands“. Was sich mit dem Gutachten des Vorstands deckt. Die Kritik des Mitgliederrats konzentriert sich auf „strukturelle Defizite“. „Wir stellen fest, dass eine gravierende Lücke in den Kontrollmechanismen des FC besteht“, heißt es in dem Newsletter. Die KGaA könne unterhalb der Zustimmungsgrenze des Gemeinsamen Ausschusses „theoretisch ohne weitergehende Kontrolle nach Belieben agieren“. Dies habe zusammen mit einem nicht „umfassenden Risikomanagement“ erst zur Fehleinschätzung im „Fall Potocnik“ und der Transfersperre führen. Der Mitgliederrat möchte die Lücken schließen und zustimmungspflichtige Geschäfte künftig nicht nur nach rein monetären Gesichtspunkten definiert wird.
Zeitpunkt des Newsletters wirf Fragen auf
Der Zeitpunkt des Newsletters wirft Fragen auf und ist vor dem Hintergrund von unterschiedlichen Strömungen und der bevorstehenden Wahl des neuen Mitgliederrats auf der Jahreshauptversammlung des 1. FC Köln am 24. September einzuordnen. Nachdem sich der Mitgliederrat bislang mit öffentlichen Äußerungen zurückgehalten und lediglich eine eigene Aufarbeitung der Transfersperre angekündigt hat, ist offensichtlich vor allen in den Reihen der Vorstandskritiker zeitlicher Druck entstanden – auch, weil das eigenen Gutachten noch nicht final vorliegt.
Die öffentliche Themenlage um den FC hat sich nach dem Mitgliederstammtisch mehr und mehr in Richtung sportliche Zukunft und Vorbereitung auf die Zweitliga-Saison 2024/25 konzentriert. Die Verpflichtung des neuen Trainers Gerhard Struber und die Bekenntnisse zahlreicher Spieler, trotz des Abstiegs beim FC zu bleiben, standen im Fokus. Der Wahlkampf um die 15 Plätze im Mitgliederrat hat begonnen und wohl dazu geführt, dass sich das Gremium nun seine Kritik öffentlich äußerst.
Der FC-Vorstand, der erst seit Donnerstagabend über den Newsletter informiert ist und die Versendung auf Samstagmittag verschieben konnte, hatte versucht, den Mitgliederrat zu einer internen Erörterung zu bewegen. „Nach dem guten Austausch mit vielen Mitgliedern des 1. FC Köln beim Stammtisch am 12. Juni, bei dem wir nach langer Aussprache gemeinsam den Blick nach vorn gerichtet haben, tut es uns als Vorstand sehr leid, dass nun rund um die Transfersperre ein inhaltlicher Dissens mit dem Mitgliederrat öffentlich ausgetragen wird. Wir haben dem Mitgliederrat in den letzten Tagen mehrfach die Hand gereicht, haben zu Gesprächen eingeladen, um strittige Punkte intern zu klären. Leider hat der Mitgliederrat unsere Angebote ausgeschlagen“, erklärte Präsident Werner Wolf.
Die Vereinsführung werde nicht von ihrem Weg abgehen: „Der Vorstand wird weiterhin die Türe offen lassen. Was wir aber nie tun werden: uns auf die Austragung von Differenzen in der Öffentlichkeit einzulassen. Das Wohl des 1. FC Köln steht über allem und darf nicht durch Gremienkonflikte beschädigt werden. Der FC gehört den Mitgliedern und in ihrem Sinne handelt der Vorstand. Wir geben weiterhin alles, damit unser Verein endlich nachhaltig und gestärkt in die Zukunft blicken kann.“
Der Mitgliederrat wiederum beendete seinen Newsletter mit dem Ausblick auf die Vorstandswahlen im Herbst 2025 und einer indirekten Drohung in Richtung amtierenden Vorstand: „Dem auf der nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung neu gewähltem Mitgliederrat fällt die wichtige Aufgabe zu, der Mitgliederversammlung 2025 ein Vorstandsteam zur Wahl vorzuschlagen. Wir verstehen es als unsere Pflicht, die in unserer Amtszeit gewonnenen Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit dem Vorstand dem nachfolgenden Mitgliederrat zu teilen, um ihn in dieser Aufgabe bestmöglich zu unterstützen.“