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Kommentar zum Trainerwechsel beim 1. FC KölnDie letzte Patrone von Christian Keller muss sitzen

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Lesezeit 3 Minuten

Steht schwer in der Kritik: FC-Sportchef Christian Keller.

Die Trennung von Trainer Timo Schultz war unausweichlich, meint unser Autor Tobias Carspecken. Allerdings gestaltet sich das Profil für den gesuchten Leiter des Neuaufbaus komplex.

Eine kostbare Woche lang wurde am Geißbockheim debattiert, dabei war die Trennung von Trainer Timo Schultz unausweichlich. Der Totalschaden von Heidenheim hatte dem gescheiterten Retter des 1. FC Köln auch das letzte Argument genommen, der richtige Mann für den Neuaufbau in der Zweiten Liga zu sein. Dabei trifft Schultz vergleichsweise noch die geringste Schuld am Niedergang. Der freundliche Ostfriese nahm den Kader mit all seinen Schwächen an, vertraute im Gegensatz zu Steffen Baumgart den Talenten und verlieh der Mannschaft mit einem defensiveren Ansatz zumindest in Teilen der Rückrunde Stabilität. Und dennoch: Drei Siege aus 18 Spielen, gepaart mit desaströsen Auftritten in den Kellerduellen, waren unter dem Strich deutlich zu wenig, um das benötigte Wunder zu vollbringen.

Sportchef Christian Keller hat daher nicht nur den mangelhaft zusammengestellten Kader zu verantworten, sondern auch den wirkungslos gebliebenen Trainerwechsel. Kellers Idee, die Rettungsmission einem bewussten Gegenentwurf zu Steffen Baumgart anzuvertrauen, hat sich als der falsche Ansatz herausgestellt. Das bedachte Vorgehen von Timo Schultz tat zwar einerseits gut, nachdem Baumgart sich immer häufiger im Ton vergriffen hatte. Anderseits gelang es Schultz nicht, jene Emotionen bei seinen Spielern zu wecken, die sie benötigt hätten, um ihre spielerischen Defizite zu kompensieren.

Komplexes Anforderungsprofil

Keller steht nun vor der kniffligen Aufgabe, unter hohem Zeitdruck den geeigneten Chefcoach zu finden, der den schwer ins Wanken geratenen 1. FC Köln stabilisieren soll. Das Anforderungsprofil gestaltet sich komplex. Es braucht einen Trainer, der sich auf eine Mannschaft ohne Führungsstruktur und externe Zugänge einlässt. Eine Mannschaft, bei der aufgrund von mehreren Ausstiegsklauseln aktuell noch niemand sagen kann, ob sie in der Zweiten Liga eine gute Rolle spielen kann – oder ob es darum gehen wird, nicht durchgereicht zu werden.

Unabdingbar ist, dass dieser Trainer – gerade in Zeiten der Transfersperre – aus Überzeugung auf die Eigengewächse des 1. FC Köln setzt. Von Bedeutung ist auch, dass der Schultz-Nachfolger jene Emotionen verkörpert, die Club und Stadt auszeichnen und die zusätzliche Kräfte freisetzen können. Gleichzeitig braucht es einen Mann mit Fingerspitzengefühl. Schließlich muss der zukünftige FC-Trainer seiner Mannschaft in der Hinrunde das Gefühl vermitteln, dass jeder einzelne Spieler gebraucht wird – ehe das Team mit Ablauf der Transfersperre im Januar 2025 in Teilen ein neues Gesicht erhalten wird.

Richtig ist, bei dieser Mission auf einen kompletten Neustart im Trainerteam zu setzen, um unvoreingenommen für frische Ideen zu sorgen. Umgekehrt benötigt der Leiter des Wiederaufbaus die Rückendeckung aller Verantwortlichen. Es gilt, das Umfeld mit einer ehrlichen Kommunikation dafür zu sensibilisieren, dass dem 1. FC Köln im Gegensatz zu früheren Abstiegen ein Zweitliga-Aufenthalt von wohl mehr als nur einem Jahr bevorsteht. Eine unangemessene Erwartungshaltung würde nur dazu führen, dass der neue FC-Trainer bereits beschädigt sein könnte, noch bevor der Club wieder unter normalen Bedingungen arbeiten kann. Christian Kellers letzte Patrone muss also sitzen.