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FC-KriseBaumgart-Team rutscht auf einen Abstiegsplatz ab

Lesezeit 4 Minuten
30.09.2023, Nordrhein-Westfalen, Köln: Fußball: Bundesliga, 1. FC Köln - VfB Stuttgart, 6. Spieltag, RheinEnergieStadion. Stuttgarts Torschütze Deniz Undav (M) jubelt nach seinem Treffer zum 1:0. Links Kölns Denis Huseinbasic und rechts Leart Paqarada.

Stuttgarts Torschütze Deniz Undav (M) jubelt nach seinem Treffer zum 1:0. Kölns Denis Huseinbasic (l.) und Leart Paqarada sind verzweifelt.

Nach sechs Niederlagen und dem schwächsten Start in eine Bundesliga-Saison seit 2017/18 hat das Vertrauen der FC-Fans in Baumgart und sein Team gelitten.

Es ist ein Weilchen her, dass sich bei einem Heimspiel die Reihen im Rheinenergiestadion schon lange vor dem Abpfiff gelichtet haben. Nachdem Deniz Undav am Samstag in der 88. Minute seinen zweiten Treffer bejubelte und der VfB Stuttgart mit 2:0 beim 1. FC Köln in Führung ging, war aber auch das letzte Fünkchen Hoffnung beim Anhang der Geißböcke verschwunden. Das Vertrauen in das Leistungsvermögen der Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart hat gelitten nach sechs sieglosen Bundesliga-Spielen und dem schwächsten Start seit der Abstiegssaison 2017/18.

Ein mickriges Pünktchen hat der FC bislang gesammelt und steckt vor dem Derby am kommenden Sonntag bei Tabellenführer Bayer 04 Leverkusen in einer handfesten, sportlichen Krise. Denn auch das Duell mit den mittlerweile auf Tabellenplatz zwei hochgeflogenen Schwaben offenbarte, dass den Kölnern aktuell die Qualität fehlt, um die Konkurrenz in Bedrängnis zu bringen. Das Bild hatte sich im Vergleich zu den jüngsten Niederlagen in Bremen (1:2) und gegen Hoffenheim (1:3) jedenfalls nicht verändert. Der FC betrieb viel Aufwand, der Ertrag war aber gleich null.

Ich will auch nicht jede Woche das Gleiche erzählen. Es ist eine beschissene Situation für uns alle.
Steffen Baumgart, Cheftrainer 1. FC Köln

„Ich will auch nicht jede Woche das Gleiche erzählen. Es ist eine beschissene Situation für uns alle, wenn du einen solchen Aufwand betreibst und dich nicht mal annähernd belohnst. Da ist es nicht immer einfach, die richtigen Worte zu finden“, zeigte sich Baumgart ähnlich ratlos wie vor einer Woche im Weserstadion. Selbst dem Trainer scheint der Glaube auf Besserung in diesen Tagen abhandengekommen zu sein. Dabei hatte er mit seinem Trainerteam das 1:2 in Bremen unter der Woche aufgearbeitet und eine Mannschaft erlebt, die im Training zeigte, was im Spiel nötig ist, um erfolgreich zu sein. „Im Training sitzen die Abläufe, wir kriegen es nur nicht am Wochenende umgesetzt“, beschrieb Torjäger Davie Selke die Situation.

Baumgart musste sich dann doch wieder wiederholen: „Es nutzt nichts, dass wir in allen Spielen nah dran waren. Es nutzt nichts, dass wir in allen Spielen ein bisschen gut waren. Wir haben Fehler gemacht, die wir nicht machen dürfen und müssen besser werden“, erklärte der 51-Jährige und meinte Selkes fatalen Ballverlust vor Undavs 0:1 (68.) und die mangelhafte Restverteidigung von Rasmus Carstensen, Tim Hübers und Denis Huseinbasic gegen den besten Stuttgarter Chris Führich. Der Ex-Kölner hatte den ersten Treffer des VfB-Jokers mustergültig vorbereitet.

Von 27 Flanken kommen nur 15 Prozent an

Ein Großteil des FC-Anhangs verließ das ausverkaufte Stadion nach dem 0:2 wohl deshalb, weil sich schon nach dem ersten Gegentreffer offenbart hatte, dass die Kölner Offensive auch am sechsten Spieltag weit davon entfernt ist, große Gefahr auszustrahlen. Wer 27 Flanken schlägt, von denen nur 15 Prozent ankommen und aus acht Eckbällen keine Torchance produziert, muss sich nicht wundern, dass er bis auf Abstiegsplatz 17 durchgereicht wird. „Vorne spielen wir viele Situationen durch, müssen dann aber die Bälle besser an den Mann bringen und uns besser im Strafraum positionieren. Es liegt auch an uns Stürmern, die richtigen Laufwege zu wählen“, führte Selke aus.

Der Mangel an Genauigkeit im letzten Drittel war auch für FC-Sportchef Christian Keller der Hauptgrund für die dritte Niederlage im dritten Heimspiel der Saison. „Der Unterschied war, dass Stuttgart in den entscheidenden Situationen den Ball an den Mann gebracht und ihn dann reingemacht hat. Diese Präzision hat uns gefehlt. Gut war, wie viele Situationen wir uns raus gespielt haben. Nicht gut war, wie viel wir liegen gelassen haben.“

Der Unterschied war, dass Stuttgart in den entscheidenden Situationen den Ball an den Mann gebracht und ihn dann reingemacht hat.
Christian Keller, Geschäftsführer Sport 1. FC Köln

Was auch am Personal liegen dürfte. Aktuell muss jedenfalls konstatiert werden, dass der FC weder die Abgänge von Ellyes Skhiri und Jonas Hector adäquat ersetzt hat, noch die Ausfälle von Mark Uth, Jan Thielmann und zuletzt auch Eric Martel wegstecken konnte. Die Hoffnungen ruhen weiter auf Baumgart, der als Trainer bekannt ist, der sich von schwierigen Situationen nicht unterkriegen lässt. „Ich haue nicht auf alles drauf. Aber ich rede auch nichts schön. Da steht nur ein Punkt. Aber wir werden uns nicht verkriechen. Wir werden weiter den Arsch hochnehmen und um jeden Zentimeter und um die nötigen Punkte kämpfen.“

Ein guter Ansatz, der in Leverkusen jedoch kaum reichen dürfte, um das Punktekonto aufzustocken. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der FC auf einem Abstiegsplatz in die zweite Länderspielpause geht und weiter Trost und Unterstützung von seinen Fans benötigt. Beides gab es auch am Samstag nach dem 0:2 gegen den VfB Stuttgart. Aber nur aus der Südkurve, die geschlossen geblieben war, um in einer schweren Stunde an der Seite ihres Teams zu stehen.