Geschäftsführer Philipp Türoff erwartet ein deutlich besseres Ergebnis für den 1. FC Köln als im Vorjahr und ist stolz auf die Entwicklung des Clubs
FC-Geschäftsführer im Interview„Es ist keine Lösung, den 1. FC Köln einfach nur gesund zu sparen“
Sommerpause gibt es für Philipp Türoff nicht. Der Kaufmännische Geschäftsführer des 1. FC Köln hat auch in der spielfreien Zeit alle Hände voll zu tun. Zwischen zwei Terminen nimmt sich der 47-Jährige eine Stunde Zeit für ein Gespräch mit Martin Sauerborn.
Herr Türoff, hinter Ihnen liegt die erste vollständige Saison als Geschäftsführer Finanzen des 1. FC Köln. Das Geschäftsjahr endet zum 1. Juli. Wie weit ist der Club auf seinem Kurs der Sanierung?
Klar ist, dass man nur ein Gebäude saniert, an das man uneingeschränkt glaubt und für das eine klare Vorstellung existiert, wieder vollkommen darin zu wohnen zu wollen. Die Sanierung bezieht sich in der von uns gewählten Rhetorik vor allem auf die wirtschaftlichen Aspekte. Hinter uns liegt eine Saison mit vollen Stadien, in der unser Geschäftsmodell Fußballfeste zu feiern und zu vermarkten uneingeschränkt funktioniert hat. Unterstützt von einer sehr guten sportlichen Entwicklung mit der Teilnahme an der Europa Conference League war es ein Geschäftsjahr, in dem wir gezeigt haben, dass es wieder in die richtige Richtung geht.
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Nach 15,7 Millionen Euro Verlust im Geschäftsjahr 2021/22 und einer Reduktion des Eigenkapitals auf 3,2 Millionen Euro, bei rund 80 Millionen Euro Schulden, wird es also wieder ein besseres Ergebnis geben?
Wir haben durch die Abgänge Anthony Modeste und Salih Özcan Ablösesummen generiert, durch die Conference League mit vier Heimspielen Gewinn gemacht und sind gleichzeitig nicht groß, sondern mit Augenmaß einkaufen gegangen. Wir haben mehr eingenommen und weniger ausgegeben. Das wird sich auch im Ergebnis abbilden. Ich freue mich in diesem Jahr darauf, unser Ergebnis auf der Mitgliederversammlung vorzutragen.
Zu Jahresbeginn haben Sie gesagt, dass der Gewinn durch den Effekt Conference League im mittleren, einstelligen Millionenbereich liegen wird. Was sagen Sie kurz vor Ende des Geschäftsjahres 2022/23?
Wir sind den Weg konsequent weitergegangen und werden diese Summe sicher nicht unterschreiten. Das Ergebnis fällt deutlich positiver aus, führt Substanz in Form von Eigenkapital zurück und wird sich auf die Höhe der absoluten Verschuldung auswirken. Wir haben durch ehrliche Arbeit einer leistungsfähigen Organisation eine positive Entwicklung eingeleitet, die uns eine Vorstellung davon gibt, wie die Gesundung des 1. FC Köln weiter voranschreiten kann.
Was heißt das konkret in Zahlen?
Ich möchte das Ergebnis an dieser Stelle nicht an einer absoluten Zahl festmachen, sondern an der veränderten Haltung. Wir haben die Organisation im Umgang mit dem Geld wachgerüttelt und einen Weg aufgezeigt. Wo stehen wir und wo wollen wir hin? Darauf haben sich alle gemeinsam verständigt und die Ärmel hochgekrempelt, um zu zeigen, dass wir auch anders können. Darauf bin ich stolz.
Woran spüren Sie, dass sich die Haltung im Club verändert?
Es wird erkennbar, dass wir uns in ganz vielen Bereichen verändern müssen. Es ist keine erfolgversprechende Lösung, so einen Club wie den 1. FC Köln einfach nur gesund zu sparen. Wir orientieren uns ganz klar an unserer Leistungsfähigkeit, und sind dann, wenn wir Möglichkeiten zur Leistungssteigerung sehen auch wieder bereit und in der Lage, mit Augenmaß zu investieren, um unsere Ziele zu erreichen.
Veränderungen innerhalb einer Organisation rufen unterschiedliche Reaktionen hervor. Es war zu hören, dass es im Geißbockheim zeitweise etwas unruhig geworden ist?
Im Zuge von Veränderungen können Verunsicherung und Widerstände entstehen. Das bleibt aber intern oder um als Sportler zu sprechen, in der Kabine. Es gehört zum Paket unserer Arbeit und ist eine Aufgabe von Führung, durch Kommunikation und konsequente Umsetzung die Hindernisse zu überwinden. Am Ende muss die Mehrzahl an Mitarbeitern mitziehen, damit es erfolgreich wird.
Der 1. FC Köln ist ein besonderes Konstrukt
Der FC hat 2022 drei neue Geschäftsführer zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten eingestellt. Haben Sie so etwas in Ihrer Karriere schon einmal erlebt und kann diese Vorgehensweise überhaupt erfolgreich sein?
Nein, das habe ich noch nicht erlebt. Aber der 1. FC Köln ist ja in vielerlei Hinsicht in seiner Struktur ein besonderes Konstrukt. Und ja, eine solche Neuorientierung ist machbar, daran kann man nämlich arbeiten. Das braucht nur Zeit.
Zurück zum Geld. Für die kommende Saison steht dem FC offensichtlich mehr Geld zur Verfügung. Es gibt keinen Vorgriff mehr auf Sponsorenraten und es fallen durch die Abgänge von Jonas Hector, Timo Horn und Ellyes Skhiri ein paar teure Spielerverträge weg. Was macht der FC mit diesen Mitteln?
Wenn Geld übrig ist, trägt es dazu bei, zu sanieren. Beim FC sind Gelder in der Vergangenheit schon häufiger ausgegeben worden, bevor sie zur Verfügung standen, die Folge ist Verschuldung. Es gibt genug Wege, wo diese Mittel sinnvoll verwendet werden können. Und um das Thema Vorgriff auf Sponsorenraten richtigzustellen: es sind auch für die kommende Saison Forderungen verkauft worden, wir haben es also weiterhin mit Vorgriff aus der Vergangenheit zu tun. Wir ändern nichts an unserer Strategie bei der Kaderentwicklung, die wir auf der Basis von Leistung, Entwicklungspotentialen und einer klaren Spielidee betreiben. Wir setzen auch weiter auf unseren eigenen Nachwuchs und junge, entwicklungsfähige Spieler. Zum Glück ist die Transfersperre ausgesetzt worden. Wir sind handlungsfähig.
Sport-Geschäftsführer Christian Keller hat angekündigt, dass der Etat für die Profimannschaft nicht weiter gesenkt, aber auch nicht erhöht wird.
Wir sind auf dem jetzt erreichten Niveau nicht mehr gezwungen, diese Kosten weiter zu reduzieren, um die richtigen Schritte im Hinblick auf eine finanzwirtschaftliche Sanierung gehen zu können. Jede Einsparung bedeutet aber weiterhin eine schnellere Sanierung. Wir reden da über Spielräume, jede Ausgabe wird beim FC auch weiterhin auf den Prüfstein gestellt. Es geht immer darum, eine Verteilung so zu gestalten, dass am Ende bessere Ergebnisse herauskommen.
Sollte der FC in diesem Sommer noch Ablösesummen generieren. Wo setzen Sie dieses Geld da ein?
Wir haben in unserer Strategie verankert, dass wir in der operativen Planung unabhängig von zu erzielenden Ablösesummen sein wollen. Das gibt uns im Fall von Transfereinnahmen die Freiheit, das Geld dort zu verwenden, wo es in dem jeweiligen Moment den meisten Sinn ergibt. Das ist eine Situation, die der FC zuletzt nicht so häufig hatte und auf die ich mich freue.
Sie haben gesagt, dass der FC sich nicht komplett gesund sparen darf. Wo investieren sie neben der Kaderentwicklung?
Wir suchen nach Mitteln und Wegen die Trainingsbedingungen zu verbessern. Wir müssen handeln und können nicht warten, bis die übergeordnete Frage nach dem Geißbockheim geklärt ist. Gespielt wird morgen. Wer ums Geißbockheim läuft, kann erkennen, dass einiges an den Plätzen und an den Räumlichkeiten gemacht wird. Für alle soll sichtbar sein, dass der FC im Aufbruch ist. Und dann eben fühlbar im Kleinen, solange wir nichts Größeres hinkriegen.
Apropos Ausbau Geißbockheim. Wie ist der Stand der Dinge? Wird es einen Umzug des 1. FC Köln nach Marsdorf geben?
Es gibt da nichts wesentliches Neues. Wir sind in sehr engen Gesprächen mit der Stadtverwaltung, in denen es darum geht, Lösungen zu entwickeln, die am Ende auch darstellbar sind. Bei dieser Übung gibt es viel Komplexität. Es wird gearbeitet, aber einen für den FC gangbaren Weg gibt es immer noch nicht.
FC macht sich auf einen guten Weg
Sie sind jetzt seit dem 1. Januar 2022 Geschäftsführer des 1. FC Köln. Macht der Job Ihnen noch Spaß?
Fußball macht mir immer Spaß, genau wie der Wettbewerb. Mit Druck umzugehen, auch das mache ich schließlich schon mein Leben lang. Unter Druck ist niemand perfekt und macht auch Fehler. Für jeden gilt es dann, mit den Fehlern umzugehen und wieder aufzustehen. Wenn die eine Minute Mist war, kann die nächste schon wieder besser werden. Ich komme gerne zur Arbeit. Auch, weil ich spüre, dass sich der FC auf einen guten Weg macht. Wenn sich etwas positiv verändert, macht das immer auch Spaß
Etwas, dass auch aus ihrer finanzpolitisch geprägten Sicht eng mit Cheftrainer Steffen Baumgart verknüpft ist?
Sein Ergebnis im ersten Jahr war ein siebter Platz, der es durch die Conference League uns erst möglich gemacht hat, finanziell zu heilen und uns auf diesen Weg zu machen. Wir haben die Blutungen, die durch die Pandemie entstanden sind, gestoppt. Wir haben zusammengehalten und gefragt, wer wir sein und wohin wir uns entwickeln wollen. Ein ganz wichtiger Teil davon ist Steffen Baumgart mit dem Erfolg seiner Mannschaft, seiner Bereitschaft, den Kader umzubauen und dabei immer Kurs zu halten und Haltung zu bewahren. Er hat das maßgeblich beeinflusst.
Baumgart lebt also Vertrauen, Glauben und Haltung so vor, wie es sein sollte?
Er steht für Werte wie Emotionalität und Authentizität und ist ein super zentrales und positives Element in unserer Organisation. Er entwickelt sich auch weiter und muss ständig neue Herausforderungen verarbeiten. Das macht er in bemerkenswerter Art und Weise. Steffen agiert immer als Teil des Teams und versucht das Beste aus den Situationen zu machen. Das Positive, das aus seiner Richtung kommt, versuchen wir in allen anderen Poren unserer Organisation aufzunehmen und uns davon mitreißen zu lassen. Sein Beitrag zur Gesamthaltung des Clubs ist Gold wert.
Der FC soll ihn also am besten mit einem Vertrag auf Lebenszeit ausstatten?
Steffen Baumgart ist der erste Fußballtrainer, mit dem ich zusammenarbeite. Er definiert somit für mich die Messlatte von Erwartungen, die ich an einen Trainer habe. (lacht)