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1. FC Köln in der KriseKölner Ratlosigkeit in Bremen

Lesezeit 4 Minuten
1. Bundesliga, SV Werder Bremen - 1. FC Koeln emspor, v.l. Benno Schmitz Koeln, 2 enttaeuscht, schaut enttaeuscht, niedergeschlagen,

Benno Schmitz (l.), Damien Downs (r.) und Leart Pacarada verlassen nach der 1:2-Niederlage des 1. FC Köln bei Werder Bremen enttäuscht den Platz.

Der 1. FC Köln muss sich nach dem 1:2 bei Werder Bremen einige Fragen stellen. Nur ein Punkt aus den ersten fünf Saisonspielen ist zu wenig.

Christian Keller und Steffen Baumgart sind normalerweise um keine Erklärung verlegen. Sportchef und Cheftrainer des 1. FC Köln waren auch nach dem bitteren 1:2 (1:1) am Samstagabend beim SV Werder Bremen nicht etwa sprachlos, eine Antwort auf die entscheidende Frage hatten sie nach der vierten Niederlage im fünften Spiel der Bundesliga-Saison 2023/24 aber nicht. „Mit Beginn der zweiten Halbzeit war gefühlt alles anders. Werder hat uns aufgefressen. Ich kann die Fehler erklären, aber nicht, warum wir uns nichts mehr zugetraut haben“, sagte Keller. Berufsoptimist Baumgart meinte hörbar niedergeschlagen: „Die zweite Halbzeit war nicht annähernd so, wie ich mir Fußball vorstelle. Wir haben das Spielfeld zu groß werden lassen, so hat es Bremen gut gemacht. Ich stelle mir die Frage, warum das passiert ist?“

Die Fassungslosigkeit gründete auf dem unerklärlichen Bruch im Kölner Spiel. Nach einer guten Trainingswoche waren die Geißböcke optimistisch an die Weser gereist, auch weil im fünften Saisonspiel der erste Gegner auf Augenhöhe wartete und die Bremer wie der FC einen Stotterstart hingelegt hatten. „Wir haben richtig gut angefangen und waren bis zum 1:1 die klar bessere Mannschaft“, fand Keller, „in der ersten Halbzeit dachte ich, wir gehen als klarer Sieger vom Platz. Stattdessen waren wir am Ende der verdiente Verlierer. Das ist schon bitter.“

Da merkt man, dass die Jungs mit dem Kopf arbeiten. Es ist meine Aufgabe, sie wieder klar zu kriegen.
Steffen Baumgart, Cheftrainer 1. FC Köln

Der vom Trainerteam hervorragend eingestellte FC knüpfte zunächst dort an, wo er in der Vorwoche beim 1:3 gegen Hoffenheim aufgehört hatte und spielte den Fußball, der die Geißböcke unter Baumgart so stark gemacht hat — intensiv, griff und mutig. Baumgart hatte Kapitän Florian Kainz auf die Sechs zurückgezogen und Luca Waldschmidt gegen die Bremer Dreierkette ins offensive Zentrum beordert. Das gab dem Kölner Spiel Struktur und Selbstbewusstsein.

Als Davie Selke bei einem Eckball konsequent nachsetzte und sein zweites Saisontor markierte, war der Weg zum ersten Saisonsieg geebnet. Doch das fein heraus gespielte 1:1 von Frankfurt-Leihgabe Rafael Borré (38.) „aus dem Nichts“ (Baumgart) und die Pause ließen das fragile FC-Gebilde wie ein Kartenhaus zusammenstürzen.

„Wir haben zum zweiten Mal in dieser Saison vieles nicht mehr so gemacht, wie wir es wollen. Wir haben mit langen Bällen gearbeitet, obwohl das nicht unser Spiel ist“, erinnerte Baumgart an das 1:1 in Frankfurt und schlussfolgerte mentale Probleme: „Da merkt man, dass die Jungs mehr mit dem Kopf arbeiten. Es ist meine Aufgabe, sie wieder klar zu kriegen.“ Selke sah es ähnlich und sprach von „einer Phase“, in der man nicht „alles erklären“ könne: „Wir müssen jetzt schleunigst Spiele gewinnen“, verwies der Torjäger auf die fehlenden Erfolgserlebnisse und machte klar: „Wir bleiben auf unserem Weg.“

Damien Downs verpasst den Ausgleich nur knapp

Genau diesen hatten die Kölner in der zweiten Halbzeit aberkomplett verlassen und als Konsequenz das verdiente 1:2 durch den gerade eingewechselten Justin Njinmah kassiert (67.). Zum ersten Mal in dieser Saison war ein Kölner Team weniger gelaufen als der Gegner. Der FC öffnete den Bremern Räume, weil sich Spieler wie Luca Waldschmidt, Dejan Ljubicic oder Denis Huseinbasic versteckten und zu wenig den Ball forderten. „In der zweiten Halbzeit haben wir uns den Schneid abkaufen lassen, was sehr ungewöhnlich für uns ist“, rätselte der Sportliche Leiter Thomas Kessler.

Erst in der Schlussphase kamen die Kölner noch einmal auf, vergaben durch die eingewechselten Steffen Tigges (83.) und Damien Downs (89.) aber ihre Chancen auf das 1:1. Vor allem Bundesliga-Debütant Downs hätte den Abend retten können, köpfte aus fünf Metern aber nur an den Pfosten. „Vielleicht muss der Ausgleich in dieser Szene sogar fehlen, Wir können aber von einem 19-Jährigen nicht erwarten, dass er das Ding souverän reinmacht“, sagte Keller.

Wir können froh sein, Steffen Baumgart als Trainer zu haben. Jeder identifiziert sich voll mit dem Weg, wie er Fußball spielen lässt.
Davie Selke, FC-Torschütze zum 1:0

So stehen die Kölner nach fünf Spieltagen mit nur einem von 15 möglichen Punkten auf Rang 16 und sehen auch angesichts der nächsten Gegner Stuttgart und Leverkusen vor der zweiten Länderspielpause Mitte Oktober komplizierten Zeiten entgegen. „Nur ein Punkt ist schlecht, das sind vier bis sechs weniger, als wir haben wollten“, konstatierte der Sportchef einen missglückten Saisonstart. Seine Zuversicht hat er aber nicht verloren: „Ich habe auch immer gute Phasen gesehen. Lamentieren hilft nicht, wir müssen es besser machen und nächsten Samstag gegen die gut gestarteten Stuttgarter probieren, unser Heimspiel zu gewinnen.“

Kölner Faustpfand beim Weg aus der sportlichen Krise bleibt der Trainer: „Wir können froh sein, Steffen Baumgart als Trainer zu haben. Jeder identifiziert sich voll mit dem Weg, wie er Fußball spielen lässt. Dem bleiben wir treu. Wir stehen zu 100 Prozent dahinter“, brach Stürmer Davie Selke eine Lanze für den an diesem Samstag etwas ratlosen und traurigen Chefcoach des FC.