Der 1. FC Köln ist zum siebten Mal in seiner Vereinsgeschichte in die 2. Bundesliga abgestiegen. Die Folgen sind weitreichend und nicht alle abzusehen. Ein Kommentar von Martin Sauerborn.
7. Abstieg des 1. FC KölnEine Kette von Fehleinschätzungen
Die Realisten haben recht behalten. Der 1. FC Köln ist abgestiegen. Zum mittlerweile siebten Mal in seiner einst ruhmreichen Clubgeschichte. Die seit diesem 18. Mai in Heidenheim aber um ein unrühmliches Kapitel reicher ist. Nur ein sportliches Wunder hätte die Zweitklassigkeit verhindern können. Was per se zum Ausdruck bringt, dass dieser Abstieg berechtigt ist.
Zweite Bundesliga also – da muss selbst manch Nicht-Kölner schlucken und die Fußball-Romantiker sowieso. Hoffenheim, Wolfsburg, Heidenheim, Augsburg, Mainz und Kiel anstelle von Schalke 04, dem HSV, Hertha BSC, Nürnberg und Köln: Die Entwicklung des deutschen Fußballs weg von der Tradition und emotionaler Attraktivität hin zu gut strukturierten, solide finanzierten und mit Fleiß arbeitenden Clubs ist längst nicht mehr von der Hand zu weisen.
Der Traum von mehr Konstanz war zum Greifen nah
Wie aber konnte es aus Kölner Warte erneut so weit kommen, nachdem der FC dem Schicksal Abstieg in der Saison 2020/21 noch über die Relegation von der Schippe springen konnte und anschließend mit Steffen Baumgart zu einem ungeahnten Höhenflug angesetzt hatte, der den Club nach Budapest, Nizza und Belgrad führte? Der Traum von einem nachhaltigen, dauerhaften Erfolg, von Konstanz auf allen Ebenen dieses besonderen Clubs war doch zum Greifen nah.
Alles zum Thema Steffen Baumgart
- 2. Bundesliga „Baumgart wirkt ratlos“ – Hamburg mal wieder im Krisenmodus
- Spieltage terminiert So spielt der 1. FC Köln im Dezember und Januar
- Mitgliederversammlung 1. FC Köln halbiert seine Schulden und stärkt das Eigenkapital
- Heimspiel in Runde zwei Auslosung im DFB-Pokal: 1. FC Köln trifft auf Holstein Kiel
- 1. FC Köln im DFB-Pokal Schmerzhafter Blick in die jüngere Historie
- Bei Rückkehr nach Köln Baumgart überrascht mit Defensivtaktik und spendet Trost
- Missglückter Auftakt 1. FC Köln erhält Blaupause für kommende Aufgaben
Die Antwort könnte lauten: zu wenig Punkte, weil zu wenig geschossene Tore. Das ist zwar die nackte Wahrheit, ignoriert aber die Kette von Fehleinschätzungen, die diesem Tor eine solche Bedeutung verleihen. Sie nahm ihren Anfang im Umgang mit der drohenden Transfersperre und setzte sich in der von durchaus nachvollziehbarer Sparpolitik getriebenen, am Ende aber zu naiven Transferpolitik des Sommers 2023 fort. Zumindest einen Stürmer hätte Sportchef Christian Keller noch verpflichten müssen
Zudem prallte der falsche und emotionale Ehrgeiz von Coach Baumgart auf die nüchterne Kontrolle von Christian Keller. Eine sich zuspitzende Diskrepanz zwischen zwei Alphamännchen, die die Profi-Abteilung im Verbund mit den immer wieder und auch langfristig verletzten Leistungsträgern lähmte und den Club kurz vor Weihnachten implodieren ließ. Zur Wahrheit gehört, dass das Verhältnis Baumgart/Keller ein Puzzleteil des Abstiegs ist.
Keller übernahm federführend die Verantwortung, wagte nach Weihnachten die Operation am offenen Herzen und scheiterte letztlich mit seiner Idee Timo Schultz. Der gelassene Ostfriese stabilisierte das verunsicherte Team zwar, konnte aber nicht das Feuer an Überzeugung und Glauben entfachen, das eine Mannschaft mit weniger Qualität im Kader benötigt, um sich als Gemeinschaft in der Bundesliga halten zu können. Im Rückspiegel haben alle wichtigen Maßnahmen der sportlichen Führung nicht gegriffen. 27 Punkten und 28 Tore lautet die Wahrheit für den 1. FC Köln.
Gründliche und schonungslose Analyse
Der Abstieg hat vor dem Hintergrund der bis 1. Januar 2025 geltenden Transfersperre schwerwiegende sportliche und auch finanzielle Folgen. Während der Club nach Aussage von Vorstand und Geschäftsführung wirtschaftlich solide für die 2. Liga aufgestellt sein soll, stehen hinter der sportlichen Zukunft etliche Fragezeichen. Welche Spieler bleiben? Wie wird der Kader verstärkt? Und wann mit welchen Spielern? Bleibt Timo Schultz Trainer und wenn nicht, wer wird der Neue?
Nach einer gründlichen, schonungslosen und transparenten Analyse braucht es klare und vor allem viel mehr richtige Entscheidungen der Verantwortlichen, um den nächsten sportlichen Absturz zu verhindern. Ein Absturz, der kein Horrorszenario ist, sondern genauso Realität werden kann, wie der unvorhersehbare und nicht enden wollende Albtraum in der abgelaufenen Saison. Wer in diesem Zusammenhang nach schnellen personellen Konsequenzen in der FC-Führung schreit, sollte bedenken, dass ein Umsturz den Club in seiner aktuellen Situation vollends ins Chaos stürzen würde. Über diese personellen Änderungen muss zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden werden.