Der 1. FC Köln reist am Freitag nach Leverkusen. FC-Trainer Steffen Baumgart rückte nach den öffentlichen Diskussionen um die von Bayer 04 initiierte Spielverlegung den Sport in den Vordergrund.
1. FC KölnSteffen Baumgart will einen friedlichen Fußballabend in Leverkusen
Es war am Tag nach Nizza, als Steffen Baumgart in der Mixed Zone am Geißbockheim Einblick in seine Ängste gab. Die Gewaltexzesse vor dem Conference League-Spiel am 8. September in Südfrankreich hatten beim Trainer des 1. FC Köln tiefe Spuren hinterlassen. „Ich halte mich nicht für den ängstlichsten Menschen. Aber das, was gestern passiert ist, wird mich sehr lange begleiten. Das ist beängstigend, wenn man dicht dran steht. Meine Familie saß auf den Sitzen, wo sie vorbeigelaufen sind. Da geht einiges in einem ab.“ Jeder, der in Nizza dabei war, konnte nachfühlen, warum Baumgart derart angefasst war.
Seit diesem Abend sind acht Monate vergangenen, doch die Bilder hat niemand wirklich vergessen. Auch Steffen Baumgart nicht. Das ließ der 51-Jährige am Mittwoch durchblicken, als er sich zwei Tage vor dem Bundesligaspiel gegen Bayer 04 Leverkusen mit einem flammenden Appell an alle Beteiligten wandte und um „ein friedliches und schönes Nachbarschaftsduell“ warb. „Das ist das Entscheidende. Das, was zwischen beiden Clubs auszumachen ist, ist auf dem Platz auszumachen. Es geht um ein klares Statement: Der Fußball muss im Vordergrund stehen. Nichts anderes.“
Eindringliche Worte, die vor dem Hintergrund von Nizza verstanden werden sollten. Baumgart formulierte nichts anderes, als die Angst, dass die Situation rund um das Derby abseits des Platzes eskalieren könnte. „Wir haben eine Situation, in der jeder froh ist, wenn es am Freitag nur um den Sport gibt. Mein Wunsch ist, dass alle die Nerven behalten. Das sollten wir alle im Auge haben. Ich mache mir viele Gedanken darum, dass es ein friedliches Miteinander wird.“ Anlass zur Sorge haben dem FC-Trainer womöglich die öffentlichen Diskussionen der vergangenen Tage gemacht. Der verständliche Kölner Ärger darüber, dass Bayer Leverkusen angesichts des Europa League Halbfinal-Hinspiels bei AS Rom am 11. Mai die Verlegung des Spiels von Sonntagnachmittag auf den eher problematischen Freitagabend in Absprache mit der Deutschen Fußball Liga, den NRW-Sicherheitsbehörden und TV-Rechteinhaber DAZN umsetzte, den FC als Beteiligten aber komplett außen vor ließ, hatte Fragen provoziert. Die unglückliche Rolle von NRW-Innenminister Herbert Reul in dem ganzen Prozess und das im Netz kursierende Lied „Fifakusen“ gossen weiteres Öl ins Feuer der Emotionen.
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Steffen Baumgart wich also am Mittwoch allen Fragen zur Verlegung aus nachvollziehbaren Gründen so gut es ging aus. „Das ist ein paar Tage her. Wir sollten wieder zur Tagesordnung übergehen. Wir sind alle auf das Spiel fokussiert. Die Situation ist es so, und die nehmen wir auch so an. Alles andere ist nur Geplänkel.“ Als der FC-Coach nach der öffentlichen Entschuldigung der Leverkusener Verantwortlichen Fernando Carro und Simon Rolfes gefragt wurde, klang allerdings kurz durch, wie angefressen er darüber war, dass die Leverkusen es bei allem Verständnis für ihr Anliegen, nicht für nötig befunden hatten, die Kölner mit einzubinden: „Das beantworte ich jetzt nicht. Super gemacht. Ich nehme die Entschuldigung an. Bei mir hat keiner angerufen, muss aber auch keiner.“
Baumgart sah auch davon ab, viel über den Gegner zu sprechen. „Sie sind erfolgreich. Sie haben sich sehr verbessert“, antworte er auf die Frage nach der erfolgreichen Arbeit seines Kollegen. Xabi Alonso hat den Werksclub immerhin nicht nur ins Halbfinale der Europa League sondern auch in der Bundesliga von Platz 17 auf Rang fünf geführt. Bayer ist seit 14 Pflichtspielen ungeschlagen. Selbst zur aktiven Karriere des spanischen Weltmeisters wollte der Kölner Cheftrainer nicht wirklich etwas sagen: „Da ist er mir bekannt. Das ist auch das, was ich dazu sage.“
Für Lobeshymnen auf einen Gegner, der sich in seinem Streben nach Erfolg und zwei Tagen mehr Regeneration selbst näher war, als der Gemeinschaft und dem involvierten Spielpartner, reichte es nicht. Wohl aber, als es darum ging, ihn in Schutz zu nehmen und Frieden für Freitag zu stiften. Als Steffen Baumgart mit dem Liedtext von „Fifakusen“ konfrontiert, brach er eine Lanze für die Leverkusener: „Ich halte es nicht für angebracht, zu sagen, dass Leverkusen kein Traditionsverein ist. Sie sind ein sehr alter Club. Diese Strukturen sollten wir respektieren“, sagte der Trainer und kam noch einmal zum Wesentlichen zurück: „Seitdem der FC existiert, gibt es diese Duelle. Ich hoffe, dass die Rivalitäten auf dem Platz ausgetragen wurden und nirgendwo anders.“