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Krisenduell bei Union BerlinFC-Trainer Steffen Baumgart verspürt keine Jobsorgen

Lesezeit 4 Minuten

Stehen im Fokus der Krise des 1. FC Köln: Trainer Steffen Baumgart (r.) und Sportchef Christian Keller.

Vor dem richtungsweisenden Duell bei seiner alten Liebe spricht Baumgart mit emotionalen Worten über seine Verbundenheit zu den Geißböcken.

Steffen Baumgart ist lange genug dabei, um zu wissen, wie das Fußballgeschäft funktioniert. Was den Trainer des 1. FC Köln jedoch von nicht wenigen seiner Kollegen unterscheidet, ist die Offenheit, mit der er in Zeiten der Krise über mögliche persönliche Konsequenzen spricht.

In Anbetracht der besorgniserregenden Ausbeute von zehn Punkten aus 15 Spielen zeigt Baumgart Verständnis dafür, nicht mehr uneingeschränktes Vertrauen genießen zu können. „Die Situation ergibt es einfach, dass du über den Trainer diskutierst. Das ist ganz normal und gehört dazu“, erklärte der 51-Jährige am Dienstag.

Da verwundert es nicht, dass Steffen Baumgart auf der Pressekonferenz vor dem Abstiegsgipfel am Mittwoch (18.30 Uhr, Sky) bei seiner alten Liebe 1. FC Union Berlin auch nach der Zusammenarbeit mit Sportchef Christian Keller befragt wurde. „Es scheint mir hier immer darum zu gehen, ob Christian und ich gegeneinander arbeiten würden“, spielte Bauchmensch Baumgart auf die kolportierte Zweckbeziehung mit dem Analytiker Keller an und entgegnete: „Wir haben einen sehr guten und sehr klaren Umgang miteinander. Ich finde es sehr gut, dass wir uns nicht hinstellen und sagen: Wir gehen hier durch dick und dünn.“ Den Austausch während der Krise beschreibt Baumgart als „sehr deutlich“. Er weiß, was die Stunde geschlagen hat: „Wir müssen alles hinterfragen.“

Sorgen um seine eigene Weiterbeschäftigung, sollte es zum Jahresabschluss die nächste Pleite setzen, macht sich Steffen Baumgart allerdings nicht. „Nein. So darfst du nicht rangehen. Ich kann mir nicht jeden Tag Sorgen um meinen Job machen. Das funktioniert nicht. Ich muss meine Energie darauf richten, was Erfolg bringen kann. Das ist das Einzige, was zählt“, versicherte der Kölner Trainer, der emotionale Worte folgen ließ: „Eines möchte ich ganz klar sagen: Es geht hier nicht um Personen, sondern um den FC. Wer für den FC arbeitet, der weiß, dass dieser Club einem schnell ans Herz wächst. Deshalb tust du alles, dass es dem Verein gut geht. Das tun alle Verantwortlichen. Dazu gehören Christian und ich, dazu gehören Thomas Kessler und alle, die in der sportlichen Leitung sind. Dass wir alles richtig machen, bezweifele ich – aber wir stehen trotzdem in der Verantwortung.“

Ich kann mir nicht jeden Tag Sorgen um meinen Job machen. Das funktioniert nicht. Ich muss meine Energie darauf richten, was Erfolg bringen kann. Das ist das Einzige, was zählt.
Steffen Baumgart, Trainer 1. FC Köln

Letzteres ist sicherlich ein Thema für die Hinrunden-Analyse, die im Anschluss an das Spiel in Berlin auf dem Programm steht. „Unabhängig vom Ergebnis werden wir danach die Situation besprechen. Wir haben immer rund um Weihnachten gesprochen: Wo arbeiten wir gut und wo nicht? Wo müssen wir nachlegen? Wo gibt es Entwicklungsfelder? Das ist normal“, erklärte Steffen Baumgart. Mit einem Sieg bei Union würde die Analyse zumindest etwas erfreulicher ausfallen. „Wenn wir das Jahr mit einem Sieg beenden sollten, hätten wir natürlich ein besseres Gefühl als jetzt“, sagte der FC-Coach, der bei den punktgleichen Köpenickern auf Sieg spielen lassen will: „Wir fahren dorthin, um zu gewinnen. So werden wir auch auftreten gegen eine Mannschaft, der es ähnlich bescheiden geht.“

Inneneverteidiger Chabot fehlt gelb-rot-gesperrt

Der letztjährige Tabellenvierte ist die Negativüberraschung der Saison. Nach dem erstmaligen Einzug in die Champions League und dem Einkauf von Stars folgte der Absturz mit 16 sieglosen Spielen in Folge. Auf dem Höhepunkt der Krise musste Vereinsikone Urs Fischer Mitte November nach fünf Jahren gehen. Die Startbilanz seines Nachfolgers Nenad Bjelica (52) fällt wechselhaft aus.

Dem Sieg gegen Mönchengladbach (3:1) folgte zuletzt ein herber Rückschlag in Bochum (0:3). Beim Vorrunden-Aus in der Champions League verhinderten ein Remis in Braga (1:1) und eine Niederlage gegen Real Madrid (2:3) ein Überwintern zumindest in der Europa League. „Nach fünf Jahren Urs Fischer ist es nicht ganz so einfach, in kurzer Zeit alles zu verändern“, meint der frühere Union-Stürmer Steffen Baumgart, der bei der Rückkehr in seine Wahlheimat emotionalen Abstiegskampf erwartet: „Wer die Alte Försterei kennt, der weiß, dass es dort brennen wird. Wir müssen dagegenhalten.“

Gelingen soll dies mit „mehreren Wechseln“ gegenüber dem 0:2 in Freiburg. Nicht unterstützen kann dabei Innenverteidiger Jeff Chabot, der die Niederlage mit einer Gelb-Roten Karte eingeleitet hatte und nun gesperrt fehlt. Für ihn rückt Mathias Olesen in den Kader. Mark Uth, der am Rande des Spiels in Freiburg Ansprüche auf einen Startelf-Einsatz angemeldet hatte, muss sich derweil wohl noch weiter gedulden. „Bei Mark sieht man, dass er noch nicht so weit ist, länger zu spielen. Er wird keine 90 Minuten durchhalten“, findet Steffen Baumgart, der seinen nach langer Verletzungspause noch ohne Liga-Scorerpunkt dastehenden Spielmacher in die Pflicht nimmt: „Mark ist ein Unterschiedsspieler. Er muss in die Situation kommen, dass er uns in der Rückrunde wirklich auch hilft.“

Voraussichtliche Aufstellungen: 1. FC Union Berlin: Rönnow; Juranovic, Knoche, Bonucci, Roussillon; Khedira; Becker, Volland, Laidouni, Hollerbach; Behrens. – 1. FC Köln: Schwäbe; Carstensen, Hübers, Heintz, Finkgräfe; Martel, Ljubicic; Waldschmidt, Kainz, Maina; Selke.– SR.: Aytekin (Oberasbach).