Ein Punkt aus sechs Spielen, nur vier erzielte Tore: Der 1. FC Köln hat einen krachenden Fehlstart hingelegt. Ausgerechnet jetzt geht es gegen Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach.
1. FC Köln in tiefer KriseZwei Derbys als Risiko und Chance
Der Blick zurück fühlt sich an wie die Erinnerung an eine schon länger vergangene Zeit. Als der 1. FC Köln am 5. Mai vor allem dank der beiden Treffer des wiedererstarkten Davie Selke einen 2:1-Sieg bei Bayer 04 Leverkusen bejubelte, war die Welt am Geißbockheim noch einigermaßen heil. Das Damoklesschwert Transfersperre schwebte zwar schon damals über dem Grüngürtel, doch mit dem Prestigeerfolg gegen den rheinischen Rivalen waren letzte Zweifel am Gelingen des Klassenerhalts auch rechnerisch verflogen.
Fünf Monaten später rutscht der Fußball-Bundesligist immer tiefer in die Krise. Mit dem 0:2 am Samstag gegen den VfB Stuttgart musste die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart bereits die fünfte Niederlage im sechsten Ligaspiel hinnehmen. Als Tabellenvorletzter mit nur einem einzigen Punkt auf dem Konto droht den Geißböcken die unangenehme Situation, die zweite Länderspielpause der Saison auf einem Abstiegsplatz zu verbringen. Stimmung im Umfeld auf dem Prüfstand Dass dem 1. FC Köln nämlich ausgerechnet am Sonntag (15.30 Uhr) bei Bayer 04 der erste Saisonsieg gelingt, darf in Anbetracht der gänzlich unterschiedlichen Vorzeichen stark in Zweifel gezogen werden. Obgleich beide Rivalen seit Jahren in anderen Sphären beheimatet sind, fällt der derzeitige Unterschied bei bereits 15 Punkten Differenz gravierend aus. „Wir haben uns sicherlich nicht vorgestellt, dass wir nach sechs Spielen einen Punkt haben“, ist FC-Sportchef Christian Keller enttäuscht von der Ausbeute.
Ausgerechnet in diese Phase fallen jetzt die beiden Derbys, in denen es naturgemäß um mehr als nur drei Punkte geht. Nach der hohen Hürde in Leverkusen folgt eine zweiwöchige Unterbrechung, ehe Borussia Mönchengladbach am 22. Oktober nach Müngersdorf kommt. Dem Kräftemessen mit den Fohlen kommt richtungsweisende Bedeutung zu, schließlich sind die Gladbacher nach einem gewaltigen Umbruch im Sommer wohl auf Augenhöhe mit dem FC einzuordnen. Zwei Spiele, deren Ausgang die bislang noch recht ruhige Stimmung rund um das Geißbockheim auf den Prüfstand stellen werden – und die andererseits die Möglichkeit zum Befreiungsschlag bieten. Sportlich wie emotional. „Ob der Support weiter gut bleibt, hängt davon ab, wie die Jungs auf dem Platz arbeiten“, sagte Steffen Baumgart nach dem 0:2 gegen den VfB, der dritten Niederlage im dritten Heimspiel.
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Nach einem freien Montag nehmen die Kölner am Feiertag (11 Uhr) die Vorbereitung auf das Duell an der Dhünn auf. „Wir sind beim FC. Wir wissen alle, was die Derbys den Menschen bedeuten“, sagte Davie Selke. Der derzeit einzige gefährliche Kölner Offensivspieler fügte hinzu: „Ich glaube, das ist auch eine Chance, eine Menge wieder gutzumachen.“ Christian Keller sieht das ähnlich. „Grundsätzlich ist jedes Spiel eine Chance. Und so gehen wir die beiden Derbys auch an“, erklärte der FC-Sportchef, der mit Blick auf die Partie beim neuen Tabellenführer Leverkusen („Eine sehr gute Mannschaft“) anmerkte: „Letztes Jahr haben wir da gewonnen. Und vorletztes Jahr auch. Wir werden uns gut vorbereiten, um Leverkusen Paroli zu bieten.“
Königstransfer Luca Waldschmidt ist außer Form geraten
Seit den beiden Triumphen in der BayArena hat der Kölner Kader allerdings schleichend an Substanz verloren. Erst gingen Anthony Modeste und Salih Özcan von Bord, dann Jonas Hector und Ellyes Skhiri. Von den in diesem Sommer getätigten Transfers hat sich bislang noch kein Spieler als klare Verstärkung erwiesen. Luca Waldschmidt galt als Königstransfer. Doch nach einer vielversprechenden Saisonvorbereitung ist der U21-Europameister von 2019 außer Form geraten und noch kein Faktor in der lahmenden Kölner Offensive, die in sechs Spielen gerade mal vier Treffer zustande gebracht hat. Was auch damit zusammenhängen könnte, dass Steffen Baumgart rotiert, anstatt seine nach Sicherheit suchenden Kader-Eckpfeiler wie Florian Kainz und Dejan Ljubicic konsequent dort einzusetzen, wo sie ihre stärksten Leistungen abgerufen haben.
Am eklatantesten ist das Transfer-Defizit im defensiven Mittelfeld, wo Jacob Christensen trotz des Fehlens von Eric Martel noch immer auf seinen ersten Bundesliga-Einsatz wartet. „Jacob hat in der Vorbereitung sehr gut begonnen und hatte dann durch die hohe Trainingsintensität einen Hänger“, erklärt Christian Keller die wochenlange Nichtberücksichtigung des jungen Dänen. Nun aber könnte das Ende der bedenklich langen Eingewöhnungsphase bevorstehen. Zuletzt habe Christensen im Training einen „deutlichen Schritt nach vorne gemacht“, hat Keller beobachtet. „Ich gehe davon aus, dass es jetzt irgendwann so weit sein wird, dass er seine ersten Minuten macht.“
Für eine Bewertung des Kaders ist es dem Kölner Sportchef derweil noch viel zu früh. „Die Qualitätsfrage können wir gerne nach 34 Spieltagen stellen, aber nicht nach sechs“, ging Christian Keller kritischen Fragen zu dem von ihm zu verantwortenden Aufgebot aus dem Weg. Stattdessen zeigte sich der Geschäftsführer bemüht, gegen den schwindenden Optimismus im Kölner Lager anzukämpfen: „Wir haben das Selbstvertrauen, zu sagen, dass der Knoten irgendwann platzen wird. Mit dem Mut, den wir gegen Stuttgart gezeigt haben, werden wir auch wieder die Tore machen.“ Es wird Zeit.