Der 1. FC Köln verweigerte auch beim glücklichen 1:1 in Bochum den Abstiegskampf. Das wirft Fragen auf nur zwei Wochen nach dem flammenden Appell von Trainer Steffen Baumgart.
Krise des 1. FC KölnAuf der Suche nach den Tugenden im Abstiegskampf
Gerade mal zwei Wochen ist es her, da schwang Steffen Baumgart die verbale Keule. Nach dem 0:6-Debakel bei RB Leipzig sah der Trainer des 1. FC Köln den Zeitpunkt gekommen, seine Mannschaft mit nie dagewesener Deutlichkeit öffentlich zu attackieren. Vieles in Baumgarts emotionalem Ausbruch drehte sich um die Körpersprache, die Mentalität und die Einstellung seiner Spieler, die sich in Leipzig frühzeitig ihrem Schicksal ergeben hatten. Im Fokus von Baumgarts Appell standen also Grundtugenden, die für ein Bestehen im Tabellenkeller der Fußball-Bundesliga von elementarer Bedeutung sind.
Drei Spiele später steht die alarmierende Erkenntnis, dass die Worte des Kölner Trainers offenbar verhallt sind. Der Auftritt beim glücklichen 1:1 am vergangenen Samstag im Kellerduell beim VfL Bochum ähnelte auf schockierende Art und Weise dem Pokal-Aus beim klassentieferen 1. FC Kaiserslautern, der den Geißböcken kämpferisch ebenfalls den Schneid abgekauft hatte. Was zwangsläufig Fragen aufwirft. Auch in Bezug auf das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft, lebt Steffen Baumgart an der Seitenlinie doch selbst vor, was er von seinen Spielern auf dem Rasen erwartet – aber zuletzt immer seltener geboten bekommt.
Ebenso bedenklich mutete die Tatsache an, dass die Vorstellung gegen Bochum nur noch schemenhaft etwas mit ebenjenem 1. FC Köln zu tun hatte, der in den ersten beiden Spielzeiten unter Steffen Baumgart mit Pressingfußball nach Europa sowie zum frühzeitigen Klassenerhalt gestürmt war. Sportchef Christian Keller musste von der Tribüne des Ruhrstadions aus „Riesenabstände im Spiel gegen den Ball“ erkennen. Dies wiederum hatte zur Folge, dass der FC kaum Druck auf seinen Kontrahenten ausüben konnte. „Wir standen zu oft in Räumen, in denen ich gar nicht in einen Zweikampf komme“, kritisierte Keller am Tag danach bei seinem Besuch im „Doppelpass“ das „taktisch schlechte Positionsspiel“ des FC.
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Wie schon gegen Augsburg (1:1) ließ Baumgarts Mannschaft in einem weiteren Duell gegen einen Kontrahenten ähnlicher Kragenweite eine Vielzahl an Großchancen zu. Ohne den überragenden Marvin Schwäbe wären die Kölner beim VfL unter die Räder gekommen. „Uns war bekannt, dass Bochum mit vielen langen Bällen agiert. Einer Bundesliga-Mannschaft sollte es möglich sein, das zu verteidigen – auch mit weniger Problemen, als es bei uns der Fall war“, ärgerte sich Christian Keller, dass dem VfL einfache Mittel reichten, um den FC von einer Schwierigkeit in die nächste zu stürzen. Sinnbildlich stand die Entstehung des Gegentores, dem laut Keller eine „große Fehlerkette“ vorausgegangen war.
Dass die Kölner sich immerhin zum fünften Punkt aus den jüngsten vier Spielen gerettet hatten, vermochte den Sportchef in seiner schonungslosen Analyse nicht zu besänftigen. Als „nicht bundesligatauglich“ ordnete Keller die Leistung gegen Bochum ein und mahnte: „Wir sollten es uns auch nicht schönreden.“ Zugleich kündigte er eine detaillierte Aufarbeitung während der nun beginnenden Länderspielpause an: „Wir sind mit mehr als einem blauen Auge davongekommen. Darüber muss man reden. Sehr deutlich. Und sehr direkt.“
Ausstehendes CAS-Urteil lähmt die Personalplanung des 1. FC Köln
Baumgart, der in dieser Saison erstmals Angriffsflächen bietet, steht dabei nicht zur Debatte. „Wir sind von Steffen und seinem Trainerteam überzeugt“, stellt Christian Keller klar. Stattdessen nimmt der Sportchef die Mannschaft in die Pflicht – und setzt auf Korrekturen am Kader. Als „brutalen Balanceakt“ bezeichnet Keller dabei den Spagat zwischen Sparzwang und Aufrechterhaltung der sportlichen Wettbewerbsfähigkeit, der ihm im Sommer nach bisherigen Erkenntnissen nicht ausreichend gelungen ist. Nachbesserungsbedarf hat Keller allen voran im Sturmzentrum ausgemacht: „Auf der Agenda steht ganz vorne, einen zusätzlichen Neuner zu holen. Wir halten Augen und Ohren offen und sind sehr aktiv.“
Ob der FC im Winter personell überhaupt nachbessern darf, steht aufgrund des ausstehenden Urteils des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) allerdings auf einem anderen Blatt. „Es könnte sein, dass das Urteil noch im Dezember kommt. Es könnte aber auch sein, dass es erst irgendwann im nächsten Jahr kommt. Das macht es jetzt nicht zwingend einfacher“, hat der Kölner Sportchef nach wie vor mit fehlender Planungssicherheit zu kämpfen. Es ist ein Teufelskreis, in dem sich der Tabellenvorletzte befindet.