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Stahlkoloss wiegt 57 TonnenBehelfsbrücke wurde an der Pappenfabrik Nierfeld eingesetzt

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf die frisch eingesetzt Stahlbrücke.

Aus Stahl besteht die Behelfsbrücke, die am Montagmorgen als Zufahrt für die Pappenfabrik Nierfeld eingesetzt wurde.

Durch die Behelfsbrücke soll die Pappenfabrik an der Olef in Nierfeld nach einem weiteren Brückenabriss erreichbar bleiben.

Es ist ein Stahlkoloss mit einer Spannweite von 18 Metern, einer Breite von 4,22 Meter und einem Gewicht von 57 Tonnen: Eine Behelfsbrücke wurde am Montagmorgen mithilfe von zwei Autokränen an der Pappenfabrik Nierfeld eingesetzt. Das Bauwerk sorgt dafür, dass das Unternehmen erreichbar bleibt, wenn die Hauptbrücke, die bei der Flut 2021 schwer beschädigt wurde, nach Ostern abgerissen wird. Auch der seitdem schief stehende Turm der Fabrik soll in Kürze verschwinden.

„Schon sieben Wochen nach der Flut haben wir wieder produziert“, erinnerte sich Martin Uhlmann, Geschäftsführer der Pappenfabrik. „Wir haben damals 1500 Tonnen Schrott von dem Grundstück geräumt.“ Seitdem werde am Wiederaufbau der Fabrik gearbeitet. Die Kosten von mehreren Millionen Euro werden laut Uhlmann größtenteils über den Wiederaufbau und zu kleineren Teilen von einer Versicherung und dem Unternehmen finanziert. „Wir können dankbar für die Hilfe des Bundes und des Landes sein“, betonte der Geschäftsführer.

Löcher unterhalb der Brücke in Nierfeld wurden mit Beton verfüllt

„Nach vier Jahren sind wir froh, dass mit der neuen Brücke wieder mehr Sicherheit reinkommt“, so Uhlmann. „Unter der Hauptbrücke taten sich nach der Flut zwei Löcher von je 2,50 Meter Breite und 4,50 Meter Tiefe auf, die wir mit Beton gefüllt haben. Zusätzlich wurde die Brücke mit Eisenpfeilern abgestützt.“ Die Uferböschung sei ebenfalls komplett ausgespült gewesen: „Da mussten auch drei Lkw-Ladungen Beton eingebracht werden.“ Auch dieser Bereich müsse noch saniert werden.

Blick auf den Bereich unter der Brücke mit Betonfundament und Eisenträgern.

Die alte Brücke musste nach der Flut mit einem Betonfundament und Eisenträgern abgestützt werden.

Martin Uhlmann steht am Kanal vor dem Reschen.

Martin Uhlmann zeigt den Einlauf zu der Wasserkraftanlage, die Strom für die Pappenfabrik liefert.

Weil alle fertigen Stahlbrücken vergriffen gewesen seien, habe man die Konstruktion des Behelfsbauwerks für den Standort in Olef eigens anfertigen lassen müssen: „Die Basis sind sechs Stahlträger, auf denen die Bleche liegen.“ Planung und Vorarbeiten hätten rund drei Jahre gedauert. „Alles musste mit den beteiligten Behörden abgestimmt werden“, berichtete der Geschäftsführer. Die Zeiträume für die Realisierung solcher Vorhaben seien einfach zu lang.

Schiefer Turm soll nach Ostern abgerissen werden

Zurzeit werde die Elektrik auf dem Firmengelände komplett erneuert: „Das ist natürlich eine große Maßnahme.“ Zu dem Zweck seien auch neue Verbindungen unter der Olef verlegt worden. Als nächstes Projekt sollen dann die Hochspannungsleitungen, die an dem schiefen Turm befestigt sind, am heutigen Dienstagmorgen entfernt werden. Am Mittwoch nach Ostern soll dann der Turm verschwinden. Unmittelbar danach soll sodann die alte Brücke abgerissen und sofort der Neubau in Angriff genommen werden.

„Die neue Brücke ist eine Stahlbetonkonstruktion. Sie soll noch in diesem Jahr fertiggestellt werden.“ Danach soll dann die Behelfsbrücke rückgebaut werden: „Die kann dann an anderer Stelle weiter verwendet werden. Halt überall dort, wo noch eine Brücke fehlt.“

Aber damit nicht genug: Auch ein neues Bürogebäude wird noch errichtet, weil die Verwaltung aktuell noch in Containern untergebracht ist. Rund zwei Jahre wird es nach Angaben von Uhlmann noch dauern, bis der Wiederaufbau komplett abgeschlossen ist.

Wasserkraftwerk liefert Strom für die Pappenfabrik

Uhlmann betreibt in der Pappenfabrik eines der ganz wenigen Wasserkraftwerke an der Olef: „Das ist die Geschäftsgrundlage der Pappenfabrik. Ansonsten ginge es nicht.“ Der dazugehörige Graben zweige beim Autohaus Herten ab, erzählte der Geschäftsführer. Der Kanal sei 1902 gebaut worden.

„Einige Tage nach der Flut stand ich oben an der Turbine. Da hatte sich noch kein Mensch drum gekümmert“, erinnerte sich Uhlmann. „Sie lief noch und fing plötzlich an zu quietschen. Ich bin einige Meter zurückgegangen, weil ich dachte, jetzt fliegt mir das Ding um die Ohren.“ Dann sei der 40 Zentimeter breite Keilriemen gerissen: „Gleichzeitig hat sich die Welle wie ein Korkenzieher verbogen und die Kugellager komplett zerstört.“ Die ganze Anlage habe man anschließend erneuern müssen.

Mit dem Stand des Wiederaufbaus sei er sehr zufrieden, sagt Uhlmann. „Wir haben alles überstanden: Corona, die Flut, die katastrophale Energiekrise und die aktuelle Wirtschaftskrise.“ Er sei sehr froh, dass die 30 Arbeitsplätze im Unternehmen gerettet werden konnten.