Bürgermeister Ingo Pfennings stellte den aktuellen Stand bei rund 30 Wiederaufbauprojekten vor.
StadtspaziergangWie der Wiederaufbau in Gemünd vorangeht und warum er sehr lange dauert
Das Interesse der Gemünder war groß: Zum ersten Stadtspaziergang mit Bürgermeister Ingo Pfennings waren mehr als 80 Interessierte gekommen. An 14 Stationen berichtete der Bürgermeister dreieinhalb Stunden lang mit Unterstützung von Wiederaufbauleiter Waldemar Brost über den aktuellen Stand von rund 30 Projekten. Neu war beispielsweise, dass die Stadt für das geplante Café am ehemaligen Nationalparktor aktuell zwei Interessenten hat.
Mit dem Rundgang reagierte Pfennings auf Kritik von Bürgern aus mehreren Orten, die beklagt hatten, dass die Stadt sie nicht ausreichend informiere. „Die Stadt hat im Wiederaufbau mehr als 450 Projekte vor der Brust. Angesichts dieser Fülle kommen trotz intensiver Öffentlichkeitsarbeit nicht alle Informationen bei allen Bürgern an“, sagte der Verwaltungschef.
Gemünd ist der am stärksten betroffene Ort in ganz NRW
„Gemünd ist aus meiner Sicht der von der Flut im Juli 2021 am stärksten betroffene Ort in ganz Nordrhein-Westfalen“, betonte Pfennings, der mit Mikro und kleinem Lautsprecher unterwegs war. Deshalb brauche man auch etwas länger als andere Kommunen für den Wiederaufbau. „Die Gemünder selbst sehen die Entwicklung oft zu negativ, weil sie sich mit anderen Städten vergleichen, die nicht so zerstört waren.“ In dem Ort sei schon viel gemacht worden.
„In der Grundschule laufen die Abschlussarbeiten“, führte Brost aus. Derzeit seien die Umkleiden der Turnhalle an der Reihe. Auf dem Friedhof hinter der Urft, der von den Wassermassen stark zerstört worden war, liefen aktuell Tiefbauarbeiten. „Das Jugendzentrum Kolosseum ist auch schon in die sanierten Räume der ehemaligen Kita am Kreuzberg eingezogen“, fügte Pfennings hinzu. Nur die Außenanlagen müssten noch hergerichtet werden.
Arbeiten an der Tagesstätte im alten Kino haben begonnen
Die Arbeiten für die neue Kindertagesstätte im alten Kino haben begonnen. Vier Gruppen sollen dort auf zwei Etagen untergebracht werden. „Der Standort ist groß genug für eine Kita samt Außengelände“, erklärte der Bürgermeister. Das Vorhaben sei mit dem Deutschen Roten Kreuz als Träger sowie dem Landschaftsverband Rheinland abgestimmt.
Optimistisch ist Pfennings auch, wenn es um die Nachnutzung des ehemaligen Ose-Gebäudes geht, wo die Tourist-Info, das Nationalparktor und die Gesellschaft für Wirtschaft, Tourismus und Veranstaltungen einziehen sollen: „Der Bauantrag liegt beim Kreis Euskirchen. Bis Sommer 2026 könnten die Arbeiten abgeschlossen sein.“
Nicht ganz so gut waren die Nachrichten für das Wasserkraftwerk am benachbarten Wehr. Dort will Hubert Verbeek seit fast 15 Jahren eine Turbine einbauen und kämpft gegen allerhand Bürokratie. „Es gibt aktuell wohl Probleme mit dem Kreis Euskirchen. Wir hoffen weiter, dass das Projekt realisiert wird“, so Pfennings. Fortschritte gebe es dagegen bei dem nicht weit entfernten Spielplatz hinter der alten Schule. Die Fläche befinde sich in Privateigentum. Doch aktuell gebe es Gespräche. „Wir hoffen, dass wir die Fläche kaufen und den Spielplatz ertüchtigen und ausbauen können.“
Haus soll abgerissen und ein Parkplatz angelegt werden
Bitter waren dagegen die Neuigkeiten, die der Bürgermeister im Zusammenhang mit dem Haus in der Neustraße vermeldete, für das die Stadt im Dezember 2023 ein Betretungsverbot ausgesprochen hatte, weil der Hang hinter dem Gebäude ganz langsam abrutscht: „Neue Messungen haben ergeben, dass der Hang weiter in Bewegung ist. Deshalb muss das Haus abgerissen werden.“
Es handele sich um einen Härtefall. Die Stadt werde das Haus kaufen und anschließend abreißen. „Das wird nicht einfach, weil es sich um eine enge Reihenhaus-Bebauung handelt.“ Nach dem Abriss müsse entschieden werden, mit welchen Maßnahmen der Hang stabilisiert und gesichert werden könne. Anschließend sollen dort einige Parkplätze gebaut werden, um den hohen Parkdruck in der Straße zu reduzieren. „Für die Nachbargebäude besteht keine Gefahr“, unterstrich Pfennings.
Die Brücke über die Dreiborner Straße soll nach Auskunft von Brost im Herbst saniert werden. Die Planung für die Brücke „Am Plan“ sei deutlich komplexer, weil dafür der gesamte Urftbereich bis zum neuen Rewe betrachtet werden müsse. Ein genauer Termin für die Arbeiten stehe noch nicht fest. Die beiden Wappen, die normalerweise an der Brücke hängen, seien weiter beim Bauhof eingelagert.
Mehrere Immobilien in der Gemünder Innenstadt stehen zum Verkauf
An verschiedenen Stellen betonte Pfennings, dass die Stadt nur wenig Einflussmöglichkeiten habe, wenn es um private Grundstücke oder Gebäude gehe. Das gelte auch für das Hotel Friedrichs. „Der Eigentümer hat in Euskirchen ein neues Restaurant eröffnet und will das Gebäude in Gemünd verkaufen“, so der Bürgermeister. Er kenne bislang aber keine Verkaufssumme. Die Lage sei auf jeden Fall sehr attraktiv.
Das frühere Café Drehsen-Theisen solle ebenfalls verkauft werden. Für die Räume der ehemaligen Buchhandlung Wachtel gebe es auch mehrere Interessenten. Auch in der Kreissparkasse, deren Filiale künftig deutlich kleiner wird, hätten die Arbeiten begonnen.
Dagegen gibt es gleich zwei Interessenten, die im früheren Nationalparktor am Kurpark ein Café eröffnen wollen. „Wir sind in Gesprächen. Ich gehe nicht davon aus, dass am Ende beide Gastronomen abspringen werden.“ Auf dem Vorplatz sei eine Außengastronomie geplant. „Ich hoffe, dass das Café und die Gedenkstätte an die Flut bis zum Sommer nächsten Jahres eröffnet werden können“, führte Pfennings aus.
Mit dem Rundgang insgesamt war der Bürgermeister sehr zufrieden: „Das Feedback der Menschen war gut. So ein Spaziergang kann ein Format sein, um viele Leute zu erreichen.“ Nachfragen der Bürger gab es einige, kritische Stimmen waren dagegen kaum zu hören. Sinnvoll wäre aber ein größerer Lautsprecher, denn nicht an allen Standorten waren die Redner gut zu verstehen.
Weitere Termine
In Schleiden findet der nächste Stadtspaziergang am Freitag, 14. Juni, statt. Treffpunkt ist um 16 Uhr am Rathaus. In Olef geht es weiter am Montag, 24. Juni, um 18 Uhr. Dort ist der Treffpunkt am alten Feuerwehrgerätehaus. In Oberhausen startet der letzte Rundgang dieser Reihe Montag, 1. Juli, um 18 Uhr am Zöllerplatz.