Nach dem Interview von Robert Habeck in den Tagesthemen ist die Ampel auf Schadensbegrenzung aus. Doch ein Schulterschluss sieht anders aus.
Zoff in der AmpelSPD und FDP reagieren nach Habeck-Ansage – auch Scholz mischt sich ein
Nach der deutlichen Kritik von Wirtschaftsminister Robert Habeck haben sich die Bündnispartner der Ampel-Regierung zu Wort gemeldet. Die Generalsekretäre von SPD und FDP haben die Rüge von an der Arbeit der Koalitionspartner zurückgewiesen. „Die Wahrnehmung von Herrn Habeck, die Grünen seien in der Ampelkoalition für den Fortschritt verantwortlich und die anderen Parteien würden verhindern, entspricht nicht der Realität“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dem „Spiegel“.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert attestierte Habeck, aktuell unter Druck zu stehen. „Aber ich glaube, man sollte mit dem Druck nicht so umgehen, dass man jetzt einfach in alle Richtungen deswegen koffert“, sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio. Auch Parteikollege Lars Klingbeil mahnte, die Streitereien vor dem geplanten Spitzentreffen am Sonntag zu beenden. „Diese öffentlichen Auseinandersetzungen müssen jetzt aufhören“, so der SPD-Chef.
Nach Kritik von Robert Habeck an Ampel: SPD und FDP widersprechen und beschwören Einigkeit
Um als Koalition die selbst gesteckten Ziele zu erreichen, „müssen wir in einen anderen Arbeitsmodus kommen“, sagte SPD-Chef Klingbeil, der mit seinen Appell an „alle drei Parteien in der Regierung“ richtete.
Habeck hatte zum Auftakt der Grünen-Fraktionsklausur am Dienstag gesagt, es könne nicht sein, „dass in einer Fortschrittskoalition nur ein Koalitionspartner für den Fortschritt verantwortlich ist und die anderen für die Verhinderung von Fortschritt“. Hintergrund ist unter anderem der Streit über den schrittweisen Austausch alter Gas- und Ölheizungen.
FDP kann Kritik von Robert Habeck in Sachen Fortschritt nicht verstehen
„Ich kann nicht erkennen, dass die Grünen den Fortschritt beschleunigen, sie blockieren ihn an vielen Stellen – etwa beim Ausbau der Infrastruktur oder einem technologieoffenen Ansatz in der Klimaschutzpolitik“, sagte Djir-Sarai mit Blick auf das ebenfalls umstrittene Aus für Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035.
Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich am Mittwoch nicht zu den Misstönen in seiner Koalition, bemühte sich nach Angaben seines Sprechers aber hinter den Kulissen um Lösungen für die umstrittenen Fragen.
Kanzler Olaf Scholz äußert sich nach Kritik von Robert Habeck in den „Tagesthemen“ nicht zu Wort
Der Kanzler sei „mit allen im Gespräch und bewegt es in die richtige Richtung“, sagte Steffen Hebestreit. „Manches dauert dann etwas länger, als man es in einer Alleinregierung gerne hätte, aber am Ende kommt immer ein gutes Ergebnis raus.“
Vor allem die Grünen artikulierten zuletzt ihren Unmut über die Arbeit der Koalition, in der sie sich vor allem von der FDP ausgebremst fühlen. „Das ganze Thema Klimaschutz und Verkehr ist ungelöst in dieser Koalition“, sagte Katharina Dröge bei einer Klausurtagung in Weimar. Der Koalitionsausschuss am Sonntag müsse einen Durchbruch bei den Streitfragen bringen, forderte sie. Gleichzeitig war sie wie andere Grünen-Politiker um Beschwichtigung bemüht.
Grüne vor Koalitionsausschuss auf Versöhnungskurs
Die Grünen-Fraktionschefinnen Dröge und Britta Haßelmann bemühten sich am Rande der Klausur in Weimar, bei allen Differenzen gerade auch in der Klima- und Energiepolitik die Gemeinsamkeiten der drei Ampel-Partner herauszustellen. Die Grünen gingen mit der Erwartung in den Koalitionsausschuss am Sonntag, „das Ganze wieder zu einem Team zu machen“, sagte Dröge.
Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte im Bayerischen Rundfunk, in der Koalition seien nun „alle Partner gefragt, mit etwas mehr Ruhe, Gelassenheit und Sachlichkeit sich zusammenzusetzen“.
Bemühungen um Einigkeit – Wie geschlossen ist die Ampel wirklich?
So richtig gelungen ist das der Ampel am Mittwoch trotz einiger Bemühungen jedoch nicht. Zum einen goss Wolfgang Kubicki mit seinem Putin-Vergleich völlig unnötig weiteres Öl ins Feuer, zum anderen schlugen nicht alle Politiker der Ampelparteien versöhnliche Töne an.
„Nein, Herr Minister. Nicht wir sind schuld daran, dass es massive Kritik an Ihren Vorhaben gibt. Denn das Gesetz stammt nicht von ‚BILD‘. Es stammt aus Ihrem Haus“, schrieb Michael Kruse, Landesvorsitzender der FDP Hamburg, auf Twitter.
Hoffnung auf eine Einigung am Sonntag hat Robert Habeck aber dennoch, wie er am Mittwochabend zu Protokoll gab. „Eine Einigung in der Koalition ist jederzeit möglich und ich bin hoffnungsvoll, dass sie auch gelingt“, so Habeck. So richtig optimistisch wirkte der Wirtschaftsminister beim Windkraftgipfel trotz dieser Aussage allerdings nicht. (mit dpa und afp)