Wesseling-Keldenich – „Die meisten meiner Bekannten haben ihre erste Impfung längst hinter sich“, merkte Ursula Böllecke (85) an. Sie lebten allerdings weiter weg. „Hier im Rheinland ist man wohl ein bisschen bummeliger“, sagte sie augenzwinkernd. Am Mittwochvormittag saß aber auch sie zusammen mit anderen Patienten im Wartezimmer der Allgemeinmedizinerin Aylin Urmersbach. Zum Auftakt der Impfungen gegen Covid-19 in den Arztpraxen sollte nämlich auch Böllecke ihre langersehnte Erstimpfung bekommen.
Schon gegen 9 Uhr hatte die Wesselinger Ärztin an diesem Tag die Akutsprechstunde beendet. Ihre und die Aufmerksamkeit des ganzen Teams galt anschließend ganz den Frauen und Männern, die sie für die Covid-Impfungen in ihre Praxis bestellt hatte. Denn seit Mittwoch sollen Hausärzte die Impfkampagne gegen Covid-19 unterstützen, wenngleich die Zahl der zugeteilten Dosen zunächst noch sehr überschaubar ist. „Es zählt jedoch jede Impfung“, betonte Urmersbach.
Corona-Impfung in Wesseling stand erst auf der Kippe
Teils angespannt, aber in freudiger Erwartung saßen die Patientinnen und Patienten im Wartezimmer und auf die Untersuchungsräume verteilt.
Zunächst war gar nicht sicher, ob der Impfstoff überhaupt geliefert werden würde. Entsprechend hatte Urmersbach ihre Patienten aufgeklärt. Doch es ging alles glatt, und die Freude bei der Ärztin, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Patientinnen und Patienten war groß, als gegen 11 Uhr Apotheker Michael Marxen mit der Kühlbox die Praxis betrat. Das Warten hatte sich gelohnt. Längst waren alle Impflinge aufgeklärt und hatten auch ihre Einverständniserklärungen unterschrieben. „Ich bin jetzt richtig froh, dass es endlich losgeht“, sagte auch Böllecke.
Corona-Impfung: Apotheker klärt Ärztin und Team auf
Urmersbach hatte Menschen im Alter zwischen Mitte 40 und über 80 Jahren – priorisiert nach Vorerkrankungen, Alter und Beruf – zu diesen ersten in ihrer Praxis vorgenommenen Covid-Impfungen bestellt. Während die meisten Patienten bereits gut gelaunt ihrer Erstimpfung entgegenfieberten, öffnete Marxen im Nebenraum die Kühlbox. Gemessen am Inhalt schien diese geradezu riesig groß. Der Apotheker hatte den Biontech-Impfstoff von dem Pharmagroßhandel in Frechen geliefert bekommen. In der Kühlbox blieb er bei Temperaturen zwischen zwei und acht Grad kühl genug.
Marxens Aufgabe war es auch, die Ärztin und ihr Team in die Handhabung des Impfstoffs einzuweisen. Denn zunächst stecke das Impfmittel noch hochkonzentriert in den Ampullen. „Auf 0,45 Milliliter Impfstoffkonzentrat kommen je Ampulle 1,8 Milliliter Kochsalz“, erläuterte Marxen. In der Regel reiche das für sechs Impfungen.
Höchste Vorsicht und Sorgfalt war auch bei dieser Arbeit erforderlich. Doch für Urmersbach und ihr Team war das kein Problem. Spritze um Spritze füllte sich mit der kostbaren Flüssigkeit.
In sechs Wochen gibt es die zweite Biontech-Impfung
Und bald war dann auch der Moment gekommen, an dem die Ärztin Ursula Böllecke ins Untersuchungszimmer rufen konnte. „Impfen ist die einzige Möglichkeit, zurück in die Normalität und um unsere Grundrechte zurückzubekommen“, betonte Aylin Urmersbach. Und daran liege ihr als Mensch und als Ärztin eine Menge. Geradezu beflügelt und bester Laune impfte sie ihre Patienten, hatte für alle ein nettes Wort und aufmunternde Sätze parat, auch für Ursula Böllecke.
Als sie mit der Spritze in der Hand in ihr Untersuchungszimmer kam, hatte sich die 85-Jährige bereits die Jacke abgestreift und den Blusenärmel hochgekrempelt. Und nach wenigen Sekunden war dann die langersehnte Spritze in ihren Oberarm gesetzt. „Nein, das hat ja wirklich überhaupt nicht weh getan“, sagte die 85-Jährige. Jetzt wird sie wie alle anderen, die am Mittwoch ihre erste Biontech-Impfung erhalten haben, in sechs Wochen zum zweiten Impftermin in die Praxis eingeladen.
Rhein-Erft: Das sagen die Patienten zu ihrer Corona-Impfung
Eine 73-jährige Patientin aus Wesseling sagte erleichtert: „Ich bin richtig froh, jetzt dauert es nicht mehr lange und das Leben kann wieder beginnen.“ Sie pflege ihren Vater, und auch deswegen sei sie heilfroh über die Impfung. Und auch ihr Mann sei nicht gesund. Der saß gleich neben ihr und freute sich wie seine Frau auf die erste Impfung.
Heiko Depta (75) aus Wesseling sagte: „Das ist der erste Schritt zurück in die Freiheit.“ Gut sei es auch, dass er für die Impfung nun nicht mehr ins Impfzentrum müsse. „Sorge um Nebenwirkungen habe ich nicht“, versicherte Depta. Es seien doch schon Millionen Menschen mit dem Impfstoff von Biontech geimpft worden.
Eine 45-jährige Lehrerin aus Wesseling beschrieb ihre Gefühle so: „Die Impfung gibt mir ein richtig gutes Gefühl, wenn bald die Schule wieder losgeht“. Sie habe sich total gefreut, als die Ärztin sie angerufen habe. „Dass sie uns diese Impfung hier und heute ermöglicht, ist einfach ganz toll“.
Ebenfalls an einer Schule in Wesseling unterrichtet eine 49-jährige Lehrerin, die von ihrer Erleichterung berichtete. Schließlich seien die Inzidenzen in der Stadt immer noch sehr hoch. „Seit ich weiß, dass ich heute geimpft werde, geht es mir psychisch sehr viel besser. Angst vor Infektionen im Klassenzimmer ist nämlich der Horror.“ Jetzt sei sie richtig aufgeregt. „Ja, ich freue mich über diese Impfung“, sagte sie.
Ein weiterer Patient sagte: „Den Pikser nehme ich doch gerne in Kauf. Und ich würde mich noch viel mehr freuen, wenn bald alle Menschen die Möglichkeit auf eine Impfung bekommen.“