Erster RednerfrühschoppenRheindorfer Burgknappen starten mit neuem Format ins Jahr
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Leverkusen – Eigentlich ist so eine Sitzung heutzutage gar nicht mehr denkbar. Denn wirklich angesagt im Fasteleer sind doch die Bands. Ist die Musik. Wer heutzutage einen Sitzungssaal oder eine der großen Multifunktionshallen betritt, um Karneval zu feiern, der will nicht nur hier im Rheinland De Bläck Fööss sehen. Brings. Kasalla. Die Höhner. Cat Ballou. Querbeat. Miljö. Paveier. De Räuber.
Redner? Machen keine Party. „Und um die geht es heutzutage vor allem“, sagt Hagen Norhausen, Präsident der Rheindorfer KG Burgknappen. Und gerade deshalb, fährt er fort, starte man an diesem Tag –gerade einmal knapp zwei Wochen nach Weihnachten – mit diesem neuen Sitzungsformat. Mit dem ersten Leverkusener Rednerfrühschoppen.
Hunderte Männer sind dabei
Gekommen sind in die gute Stube des KG-Chefs, den Saal Norhausen, mehrere Hundert Gäste. Die meisten von ihnen – das sieht man an den zig Narrenkappen und Ornaten – gehören anderen Karnevalsgesellschaften oder entsprechend im Fastelovend tätigen Vereinen an. Sie kommen aus Rheindorf, aus Hitdorf, aus Monheim, aus Baumberg. Und: Es sind nur Männer anwesend. „Weil das hier heute erstmal ein Versuch ist“, wie Hagen Norhausen sagt. Ein jecker Testballon, den die Mitglieder der Rittergilde steigen lassen und von dem sie wissen wollen, ob er vielleicht länger fliegen könnte. Dann mit allen Arten von Karnevalspublikum, die es gibt.
Auf dem Plan stehen tatsächlich ausschließlich Redner. Den Beginn macht Jupp Menth, der kölsche Schutzmann. Dann geht es weiter mit Willibert Pauels (Ne Bergische Jung). Mit Klaus, dem Bauchredner, und dessen Äffchen Willi. Mit „Sitzungspräsident“ Volker Weininger. Mit Jörg Runge (Dä Tuppes vum Land). Und bis hin zu Willi und Ernst, den jecken Rentnern aus Leidenschaft.
Keine Band. Keine Musik. Kein Mitsingen. Keine Songparty mit Trömmelche. Nur die gute alte Büttenrede.
Und genau dieses Format des Narrentums, das bei den meisten großen Sitzungen heutzutage nur noch als Pausenfüller zum Bierholen oder Bierwegschaffen taugt, funktioniert. Die Besucher lachen. Sie applaudieren. Sie jagen von Programmpunkt eins an mit Fußgetrappel Raketen durch den Saal. Kurzum: Sie haben Spaß an dr Freud, wenn über Donald Trump gelästert wird. Die Kirche ihr Fett wegbekommt. Die AfD und der rechte Mob angegangen und mitsamt ihres lächerlichen Gedankenguts entsprechend ins Lächerliche gezogen werden.
Die politische Überkorrektheit wird angeprangert, die nach Meinung von unter anderem Pauels und Menth in diesen Tagen Überhand nehme und letztlich dem Humor als dem Teil des menschlichen Lebens zuwiderlaufe, der so wichtig sei – weil er über den Dingen stehe und essenziell für das Seelenheil sei. Das ist fast schon philosophisch. Und hat nichts von Hau-drauf-Witzchen und schmuddeligen Pointen zu tun, die heutzutage von vielen Humoristen – Comedians – ja allzugerne genutzt werden.
Nicht nur Party um jeden Preis
Erhard T. Schoofs, für das Wohl der Bürger meist auf Krawall gebürsteter Kommunalpolitiker und Ur-Rheindorfer, ist auch gekommen. Er sagt: „Gerade die gute alte Büttenrede ist die Seele des Karnevals.“
Denn sie gebe der Obrigkeit einen auf den Deckel. Sprich: den „normalen“ Menschen die Gelegenheit, Kritik auf eine intelligente Weise loszuwerden. Insofern wäre es schon wichtig, „dass diese Veranstaltung hier eine Zukunft hat“. Es müsse ja nicht immer nur Party sein um jeden Preis.