AboAbonnieren

US-WahlFünf US-Bürger aus Rhein-Sieg blicken mit Sorge auf die USA

Lesezeit 5 Minuten

Im Land der Stars und Stripes wurde am 03. November ein neuer Präsident gewählt (Symbolbild)

Rhein-Sieg – Sie leben teils seit Jahrzehnten in Deutschland, im Rhein-Sieg-Kreis sind sie zu Hause. Jetzt blicken die US-Bürger mit Sorge auf ihr Geburtsland.

Robin Goldsby, Lohmar

„Ich war fast die ganze Nacht wach; entsetzt darüber, dass der gegenwärtige Präsident anhaltend so unterstützt wird, und krank vor Sorge angesichts des möglichen Wahlausgangs 2020“, sagt Robin Meloy Goldsby. Die US-amerikanische Pianistin und Autorin hat schon vor Wochen per Briefwahl für das Team Biden/Harris gestimmt – wie auch ihr Mann John Goldsby, der Bassist bei der WDR Big Band ist und mit dem sie seit mehr als einem Vierteljahrhundert in Lohmar lebt.

Robin Goldsby

Auch die Kinder Curtis und Julia, die im Staat New York abstimmten, und ihre Eltern, die in Pennsylvania leben, haben für die Demokraten votiert. „Wir leben in einer Bubble: Wir kennen niemanden, der Trump gewählt hat“, sagt Goldsby, die eine eindeutige Haltung hat: „Wenn man Rassisten wählt, duldet man Rassismus. So einfach ist das.“

Alles zum Thema Donald Trump

So hat sie es auch in ihrem neuen Buch „Piano Girl Playbook“ formuliert, in dem sie in zwei Stories Trump scharfzüngig aufs Korn nimmt (in deutscher Übersetzung ab Mai 2021). Die 62-Jährige hat bereits für den Unternehmer gearbeitet, in der Piano Lounge im Grand Hyatt New York, Trumps erstem eigenen Hotel. „Donald Trump war ziemlich oft da“ und habe sich nicht verändert, meint Goldsby, die den Republikaner als „guttersnipe“ – Gassenjungen – bezeichnet. Dass sich Trump vorab zum Wahlsieger erklären ließ, sei „Blödsinn und illegal“; zudem eine Missachtung der Wählerinnen und Wähler, die oft beträchtliche Anstrengungen auf sich genommen hätten, um per Brief ihr Stimmrecht wahrzunehmen. (as/dk)

Shawn Kraemer, Troisdorf

Shawn Kraemer hat am Dienstagabend den Fernseher eingeschaltet und die Nacht durchgeschaut. Der gebürtige Texaner ist fassungslos über das Kopf-an-Kopf-Rennen: „Die ganze Welt lacht über die USA, dass Trump tatsächlich noch eine realistische Chance hat zu gewinnen.“ Das Mitglied einer Troisdorfer Eishockey-Hobbymannschaft lässt am Amtsinhaber kein gutes Haar: „Seine Amtsführung war und ist der reinste Horror. Joe Biden ist der bessere Kandidat, er wäre ein großartiger Präsident.“

Shawn Kraemer

Bis 2022 wird Kraemer mit seinem Mann in Deutschland bleiben, dann geht es wohl zurück nach Amerika: „Die USA sind aber nur eine Option, wenn Trump nicht mehr an der Macht ist. Sonst gehen wir lieber nach Kanada.“ Eines ist dem 42-Jährigen wichtig: „Dass nicht alle US-Amerikaner mit Trump gleichgesetzt werden. Das würde dem Land und den Menschen nicht gerecht. Wenn Biden gewinnt, schaue ich hoffnungsvoll in die Zukunft. Wenn Trump gewinnt, entschuldige ich mich bereits jetzt bei allen Leserinnen und Lesern dieser Zeitung.“ (opo)

Michael Sorg, Siegburg

„Ganz entspannt“ hat Musiker Michael Sorg aus Siegburg die Wahlnacht erlebt. „Ich habe mir schon gedacht, dass Trump gewinnt“ – und mit seinem Sohn auch darauf gewettet. „Man hat für Biden keinen Enthusiasmus gesehen“, sagt Sorg, der 1960 im Bundesstaat Indiana geboren wurde.

Michael Sorg

Im gesamten Wahlkampf habe Begeisterung gefehlt, der Slogan „settle for Biden“, was soviel bedeutet wie „sei zufrieden mit Biden“, spricht für Sorg eine deutliche Sprache: „Nicht gut, aber besser als Trump“. Der hingegen habe, wo auch immer er hinging, große Mengen an Unterstützern angezogen. Grundsätzlich glaubt Michael Sorg, dass man in Deutschland ein verklärtes Bild der Demokraten und ihres Kandidaten habe. „Trump ist ein Rassist“, sagt Michael Sorg. „Aber Rassismus hat nicht mit ihm begonnen.“ Auch von Joe Biden ließen sich rassistische Sätze finden, „er hat es nur besser versteckt als Trump“. Korruption gebe es auf beiden Seiten.

Schlecht für die Umwelt werde eine Wiederwahl des Amtsinhabers sein, der deren Schutz nach und nach ausgehöhlt habe. Öl und Gas aber durch Fracking zu gewinnen, das habe auch die Obama-Regierung vorangetrieben. (dk)

Hendrik Schultze, Königswinter

Hendrik Schultze, Handball-Torwart beim Regionalligisten HSG Siebengebirge, besitzt sowohl die deutsche als auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. „Als ich am Mittwochmorgen die ersten Nachrichten gehört habe, war ich geschockt. Die Vorhersagen haben eigentlich für Herausforderer Biden gesprochen. Es ist bitter, dass es jetzt ein so enges Rennen ist“, sagt der 24-Jährige.

Hendrik Schultze

Aus seiner Präferenz für den Kandidaten der Demokraten macht der gebürtige Bostoner kein Geheimnis: „Biden ist ein Politiker, der weiß, wie man das Amt des amerikanischen Präsidenten würdig ausübt. Trump ist ein Rassist, er kann keine Allianzen bilden. Im Prinzip ist er ein Diktator in einer Demokratie.“ Ob die USA zu altem Glanz zurückfinden, wenn Trump Präsident bleibt, bezweifelt der Marketing-Student: „Schon jetzt hat Trump die USA um Jahre zurückgeworfen. Und es wird weitere Jahre dauern, um das zu reparieren, was Trump kaputt gemacht hat.“ Dass er dennoch viele Stimmen gewann, „kann ich mir nur so erklären, dass sich seine Wähler nicht ausreichend informiert haben“. Die amerikanische Staatsangehörigkeit aufzugeben kommt für den Sohn deutscher Eltern dennoch nicht in Frage: „Das wäre das falsche Signal. Wegrennen gilt nicht. Ich fühle mich aber privilegiert, dass ich nicht in den USA lebe und von Trumps Politik nicht unmittelbar betroffen bin.“ (opo)

Das könnte Sie auch interessieren:

David Lee Schlenker, Hennef

Der Chef von DLS, der Biobäckerei, kam vor 39 Jahren nach Deutschland und ist in Pennsylvania geboren, möglicherweise der Staat, in dem die Wahl entschieden wird. „Eine ernsthafte Prognose kann keiner machen. Die Chancen stehen fifty-fifty. Wenn ich sehe, was noch offen ist, kann das in beide Richtungen gehen.“

David Lee Schlenker

Er ist kein Fan des amtierenden Präsidenten. „Es gibt Orte, an denen Trump schon gewonnen hat – in seinem Kopf.“ Dass Gerichte entscheiden sollen, welche Stimmzettel noch gezählt werden, findet er schlimm. Sorge bereitet ihm der Zustand seines Geburtslandes: „Es war eine absolut beschämende Zeit, die Amerikaner haben sich Blößen gegeben vor der ganzen Welt.“ Jetzt wünscht er sich eine Zeit der Kooperation. (rvg)