Laut Urteil des Bonner Landgerichts war die Motivation für die Tat eine „einseitige Rache“ des jüngeren Angeklagten.
Ins Koma geprügeltGericht verurteilt Angeklagte nach Angriff auf Busfahrer in Troisdorf zu Bewährung
„Ein unglaubliches Geschenk“, sagte anschließend der Bruder eines Angeklagten nach dem Urteil. Das Bonner Landgericht hat am Dienstag zwei junge Männer, 21 und 23 Jahre alt, die vor drei Jahren einen Busfahrer ins Koma geprügelt hatten, wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu milden zwei Jahren Jugendstrafe mit Bewährung verurteilt.
Es war bereits die dritte Hauptverhandlung um dieses brutale Geschehen am 23. November 2021 auf dem Busbahnhof in Troisdorf. Das Amtsgericht Siegburg hatte - um die gravierende Tat bewerten zu können - zunächst einen medizinischen Gutachter beauftragt; nach dessen Ergebnis schloss die Jugendrichterin einen Tötungsversuch nicht mehr aus und verwies den Fall an eine Jugendkammer des Bonner Landgerichts.
Die Angeklagten hatten vor dem Bonner Landgericht den Angriff auf den Busfahrer in Troisdorf eingeräumt
Im Bonner Prozess räumten die Angeklagten ein, den 44 Jahre alten Familienvater mit mehreren Faustschlägen schwer verletzt zu haben und waren bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Sie hatten jedoch zunächst behauptet, der Busfahrer sei der Aggressor gewesen. Aber das stimme nicht, so die Erkenntnis der 7. Großen Strafkammer, die den Fall nicht „vollständig rekonstruieren“ konnte, aber vielen Details objektiv nachging.
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Laut Urteil war es eine „einseitige Rache“ des jüngeren Angeklagten, der sich Tage zuvor bereits über den Busfahrer aufgeregt hatte, als dieser einen Fahrausweis von ihm verlangte. Der damals 18-Jährige zeigte den „Stinkefinger“ und verließ, den Fahrer beleidigend, den Bus.
Am Tattag trafen sie zufällig wieder aufeinander. Der Busfahrer wollte den Jüngeren zur Rede stellen und ging auf diesen zu, aber er kam nicht mehr dazu, weil der ältere Angeklagte ihm von hinten einen Schlag in den Rücken versetzte, der ihm die Luft nahm. Es folgten – laut Gutachter – mindestens vier Faustschläge auf den Kopf und ins Gesicht, darunter einer, der das rechte Auge irreparabel verletzte und den Busfahrer bewusstlos werden ließ.
Die anschließenden Fußtritte, die sie dem 44-Jährigen versetzt haben sollen, wurden – da nicht nachweisbar – den Angeklagten nicht angelastet. Der Busfahrer, so Kammervorsitzende Anja Johansson, sei am Ende des Angriffs „so angeschlagen gewesen, dass er die Situation nicht objektiv schildern konnte“. Von einer lebensbedrohlichen Tat ging die Kammer nicht aus: Ein Gutachter hatte im Prozess erklärt, dass die „frontalen Schläge ins Gesicht zwar sehr zerstörerisch, aber nicht lebensgefährdend“ gewesen seien.
Gutachter sprach von einem Angriff von „hoher Rücksichtslosigkeit“
Dennoch sei der Angriff von „hoher Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber dem Opfer“ geprägt. Den 44-Jährigen habe die Attacke komplett aus seinem Leben geworfen, mit der posttraumatischen Belastungsstörung werde er lebenslang zu tun haben. Der Versuch, nach sechs Monaten wieder seinen Job als Busfahrer aufzunehmen, war an seinen massiven Ängsten gescheitert.
„Eigentlich hätte die Strafe auch höher ausfallen können“, stellte Johansson am Ende der Urteilsbegründung fest. Aber den beiden jungen Angeklagten solle noch mal eine Chance gegeben werden, „ihr Leben neu zu ordnen“. Als Bewährungsauflagen müssen sie unter anderem nachweisen, dass sie zur Schule gehen, eine Ausbildung machen oder einer Arbeit nachgehen. Und schließlich müssen sie dem 44-Jährigen ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zahlen, nach Rechtskraft des Urteils in monatlichen Raten von 200 Euro.
„Das ist ein Witz“, kommentierte der Nebenklage-Vertreter Thomas Ohm. „Sie haben einen Menschen zum Invaliden gemacht.“ Der 44-Jährige habe sein bisheriges Leben komplett verloren – und müsse jeden Tag neu ums alltägliche Überleben kämpfen.