Das Bonner Schwurgericht hat einen Angeklagten (30) aus Siegburg zu 13 Jahren Haft verurteilt. Er tötete eine Frau in der Badewanne.
Gerichtsprozess30-Jähriger tötete in Siegburg Frau aus purer Wut – 135 Messerstiche
Der Vater des Opfers saß im schwarzen Anzug dem Angeklagten gegenüber, der seine Tochter umgebracht hatte, und wischte sich die Tränen aus den Augen. Zu erschütternd war das, was er über die Tat hörte, die am Mittwoch vom Bonner Schwurgericht verhandelt wurde. Der ältere Herr nahm zum ersten Mal an der Verhandlung teil und sah erstmals den Mann, der seinem Kind, das ihm entglitten war, so viel Leid angetan hatte. Der Täter erhielt dafür 13 Jahre Haft wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung; der Vater hörte das Urteil – und war nicht zufrieden.
Frau in Badewanne getötet: 30-Jähriger gestand die Tat im Wesentlichen
Fünf Justizwachtmeister führten den Angeklagten um 12.15 Uhr in den Saal 11 des Bonner Landgerichts, die Handfesseln wurden ihm aus Sicherheitsgründen nicht abgenommen, und so hockte er auf seinem Stuhl ein wenig vorgebeugt, als werde er von einer schweren Last niedergedrückt.
Er hatte sich mit seinem ersten Pflichtverteidiger so zerstritten, dass der das Mandat entnervt niederlegte, hatte im Verhör der Polizei geschwiegen, seinem Bewährungshelfer in der Untersuchungshaft ein wenig von der Tat am 1. Januar 2024 in seiner Siegburger Wohnung erzählt. Dem psychiatrischen Sachverständigen begegnete er wieder weitgehend schweigend, und erst als der Gutachter den Raum verlassen hatte, gestand der 30-Jährige der Kammer die Tat „im Wesentlichen“.
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Angeklagter trieb sich im Drogen- und Obdachlosenmilieu herum
Der Siegburger war der Beweisaufnahme zufolge Anfang 2023 nach fünfjähriger Haft wegen eines Gewaltdelikts aus dem Gefängnis entlassen worden und zu seiner Mutter in deren Wohnung gezogen. Die Frau packte bald ihre Sachen, weil sie es mit dem Sohn unter einem Dach nicht aushielt, und kam bei einer Tochter unter, während er sich im Drogen- und Obdachlosenmilieu herumtrieb.
Dort lernte er im Dezember eine 31-jährige Frau kennen und nahm sie bei sich auf, weil sie fror. Für kurze Zeit nur, meinte er, sie aber blieb. „Es muss das Grauen gewesen sein“, beschrieb Schwurgerichtsvorsitzender Klaus Reinhoff das Zusammensein der beiden. Sie hätten in der Wohnung „gehaust“, die Zimmer verdreckt mit Müll und Fäkalien. Ständig wurde gestritten. Als er sie am 28. Dezember hinauswerfen wollte, verletzte sie sich selbst und schmierte ihr Blut an die Wände, damit sie bleiben dürfe.
Erster Gewaltexzess mit Stockhieben und Messerstichen
Danach folgte der erste Gewaltexzess. Der Angeklagte, so das Gericht weiter, schlug mit einem Holzstock auf sie ein, versetzte ihr drei Messerstiche in den Rücken und würgte sie so lange, dass es zu einem Bruch im Halsbereich kam. Doch die Frau blieb. Warum? Reinhoff: „Das entzieht sich unserer Kenntnis.“
Stattdessen ging der Mieter. Am 30. Dezember tauchte er, voll mit Kokain, in einem Bonner Bordell auf und zeigte eine Prostituierte bei der Polizei an, weil sie die erwartete „Leistung“ nicht erbracht habe. Silvester feierte er mit Freunden, ließ sich am frühen Morgen des Neujahrstages ins Bonner Waldkrankenhaus bringen, weil er angeblich vergiftet worden sei, entließ sich dann selbst und kehrte nach Siegburg zurück.
Prozess vor dem Bonner Landgericht: Täter wollte einen Suizid vortäuschen
In seiner Wohnung fand er die Untermieterin in der Badewanne liegend – und geriet in Rage. Die Richter sind sich sicher, dass er sie erst mit einem Stock schlug und schließlich mit vier Messerstichen, einen davon in die Kehle, tötete. Anschließend soll er der Toten Schnitte in die Pulsadern beigebracht haben, um einen Suizid vorzutäuschen. 135 Stiche stellten Gerichtsmediziner bei der Obduktion der Leiche fest, dazu Quetschungen und Risse.
Die Tote wurde erst am 22. Februar, sechs Wochen nach der Tat, von einer Schwester des 30-Jährigen in der Badewanne entdeckt. Der Bruder wurde einen Tag später in Köln festgenommen.
Richter: Mordmerkmal der Grausamkeit nicht gegeben
Der Angeklagte versuchte, das Geschehen mit übermäßigem Kokainmissbrauch zu erklären. Die Richter glaubten ihm nicht. „Wenn das stimmt, wäre der Bonner Markt leergefegt“, sagte der Vorsitzende. Er begründete ausführlich, warum der Angeklagte nicht wegen Mordes verurteilt worden ist. Das Mordmerkmal der Grausamkeit sei nämlich nicht gegeben.
Der Bundesgerichtshof definiert es so: Einem Opfer müssten „in gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung Schmerzen oder Qualen zugefügt werden“, die „über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen“. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Warum also musste die Frau sterben? „Weil er wütend war.“ Die Bitte des Angeklagten, ihn in eine Entziehungsanstalt einzuweisen, erfüllte das Gericht nicht. „Die Tat hat mit Drogenabhängigkeit nichts zu tun“, erklärte Reinhoff.
Und der Vater? Für die Familie des Opfers, sagte der Vertreter des Nebenklägers, Rechtsanwalt Ralph Niemeier, nach dem Urteil, sei es „schwer nachvollziehbar“, dass die Kammer das Mordmerkmal der Grausamkeit nicht erkannt habe.