Siegburg/Hennef – Von diesem Samstag an dürfen Geimpfte wieder ohne Schnelltest einkaufen gehen, in Nordrhein-Westfalen sogar schon seit vergangenem Montag. Ich bin bereits zwei Mal gegen Covid-19 geimpft und versuche, auf meiner Einkaufstour durch Siegburg und Hennef in die Läden zu kommen.
Meine Impfnachweise sind meiner Empfindung nach recht dürftig: Dort, wo ich geimpft wurde, erhielt ich ein vorgefertigtes Dokument mit Kopien der Impfstoff-Aufkleber, den Daten der Impfung und dem Stempel des Arztes, ebenfalls als Schwarz-Weiß-Kopie. Original eingetragen sind lediglich mein Name, Geburtsdatum und die Unterschrift eines Bevollmächtigten.
Verkäuferin gleicht Impfpasse mit Personalausweis ab
Mein Impfpass blieb damals blank: Bei meiner Hausärztin ließ ich die Eintragung mit dem in Klarsichthülle eingepackten Dokument nachholen. Nun steht auch dort schwarz auf gelb, dass mir das Coronavirus nichts mehr anhaben kann – jedoch lediglich handschriftlich, ohne Stempel oder Chargenbezeichnung. Ob das funktioniert?
Für meinen Test-Einkauf buche ich einen Termin bei C&A in Siegburg. Am Eingang Am Brauhof fragt die Verkäuferin, ob ich einen negativen Schnelltest dabei habe. „Sogar etwas Besseres“, antworte ich und ziehe triumphierend meinen Impfpass aus der Tasche.
Die Verkäuferin gleicht die Beschriftung mit meinem Personalausweis ab und lässt mich rein. Ihr ist nicht aufgefallen, dass die Eintragungen auch hätten gefälscht sein können.
Die Mitarbeiterin habe jedoch alles richtig gemacht, bestätigt Martina Schenk, Pressesprecherin von C&A. „Da ein digitaler Nachweis noch nicht verfügbar ist, bitten wir um einen Nachweis durch den Impfpass beziehungsweise der Impfbescheinigung eines Testzentrums. Dazu lassen wir uns den Ausweis zeigen. Da die Nachweise derzeit keine Echtheitsmerkmale aufweisen, müssen wir uns auf diese Plausibilitätsprüfung beschränken.“
Die Modekette sehe den Gesetzgeber in der Verantwortung, fälschungssichere Dokumente zu gestalten. Auch Media Markt/Saturn gleicht die Daten des Impfpasses mit dem Personalausweis ab. „Zudem prüfen unsere Mitarbeitenden die Richtigkeit und Gültigkeit der Impfeinträge, zum Beispiel durch Impfaufkleber, Unterschrift des Arztes oder Vollständigkeit der Impfung“, sagt Pressesprecherin Kristiane Müller-Drensler.
Einkaufen mit Impfung
Seit Montag benötigen geimpfte und genesene Personen in NRW keinen Schnelltest mehr, wenn sie einkaufen, in den Zoo oder zum Friseur gehen wollen. Die Testpflicht an Schulen fällt für diese Gruppen weg, ebenso die Quarantänepflicht bei Einreisen aus dem Ausland.
In allen Fällen ist ein Impfnachweis oder ein PCR-Test notwendig, der zeigt, dass die Erkrankung überstanden ist. Die letzte Impfung muss 14 Tage zurückliegen. Ab Samstag gilt dies bundesweit, zudem sind Geimpfte und Genesene von Ausgangssperren und Kontaktverboten befreit. Maskenpflicht und Abstandsgebote gelten weiterhin.
Die Gesetzesnovelle gilt auch im Rhein-Sieg-Kreis, wie Pressesprecherin Rita Lorenz mitteilt. Die Nachweisdokumente zu überprüfen liege in der Verantwortung der Geschäfte. Verstöße durch Händler oder Kunden würden durch die Ordnungsämter der Kommunen kontrolliert. (mfu)
Der Mitarbeiterin in der Filiale in Hennef fällt jedoch nicht auf, dass Stempel und Aufkleber in meinem Impfpass fehlen. Sie möchte noch meinen Personalausweis sehen, dann lässt sie mich hinein. Die Pressesprecherin, auf diesen Vorgang angesprochen, reagiert: „Wir haben das zum Anlass genommen, unsere internen Prozesse und Vorgaben zu prüfen und unsere Mitarbeitenden erneut für deren Einhaltung zu sensibilisieren.“
Andernorts bei Filialisten kontrollieren die Türsteher nicht mal meinen Personalausweis. Ich wechsle die Taktik und zeige in anderen Geschäften die Impfbescheinigung auf DIN A4. Offenbar sieht sie offiziell genug aus, so dass ich hinein darf – mal mit, mal ohne Personalausweis. So soll es sein, denn ich bin ja geimpft – mit krimineller Energie hätten Ungeimpfte jedoch oftmals leichtes Spiel.
Während die großen Läden genau über die Regeln Bescheid wissen, herrscht bei kleineren Händlern Verunsicherung: „Das gilt schon seit Montag?“, vergewissert sich Gerda Berg. In ihrem Traditionsgeschäft auf der Holzgasse in Siegburg verkauft sie seit Jahrzehnten Wäsche aller Couleur.
Derzeit allerdings kämpft sie mit Kundenmangel. „Bisher war keiner mit Impfpass da – die Stadt ist doch leer.“ Dann erscheinen aber doch zwei Kunden – mit Impfnachweis. „Das ist der erste Laden, der uns damit reinlässt“, sagt Horst Hochhäuser, der mit seiner Frau Brunhilde aus Hennef gekommen ist. Der Rentner zeigt das Schreiben des Rhein-Sieg-Impfzentrums auf seinem Smartphone vor.
Offenbar haben sie andere Erfahrungen gemacht als ich: Bei einem Baumarkt in Hennef und bei einem Textil-Discounter in Siegburg seien sie abgewiesen worden. „Wir sind dann halt wieder gegangen. Bei den ganzen Regelungen blickt doch niemand mehr durch – die Kunden nicht, die Händler auch nicht.“