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Prozess60-Jähriger aus Sankt Augustin wegen Missbrauch der Enkelin zu Haftstrafe verurteilt

Lesezeit 3 Minuten
Das Eingangsportal des Bonner Landgerichts.

Das Landgericht Bonn hat einen 60-Jährigen wegen Kindesmissbrauchs verurteilt. (Symbolbild)

Mehrfach hat ein 60-Jähriger seine Enkelin in Sankt Augustin missbraucht – so hat das Bonner Landgericht geurteilt. Er wurde zu einer Haftstrafe verurteilt.

Schwer atmend ließ sich der lungenkranke 60-Jährige auf die Anklagebank fallen, er war eine Viertelstunde zu spät ins Bonner Landgericht gekommen, in dem seit vier Tagen über ihn verhandelt wird. Als er am Mittwoch aber das Urteil hörte, schien ihm der Atem zu stocken: Die 2. Große Strafkammer schickte ihn wegen Missbrauchs und Vergewaltigung eines Kindes sowie des Besitzes und der Verbreitung von kinder- und jugendpornografischem Material für sechs Jahre ins Gefängnis.

Zudem muss der Arbeitslose dem heute 14 Jahre alten Opfer 30.000 Euro Schmerzensgeld zahlen sowie für alle Schäden finanziell aufkommen, die es als Folge der Übergriffe erleiden könnte.

Anklage und Nebenklage forderten deutlich längere Haftstrafen

Wäre die Kammer den Anträgen von Anklage und Nebenklage gefolgt, wäre er doppelt solange in Haft gekommen: Staatsanwalt Johannes Neubecker hatte elfeinhalb, Nebenklagevertreterin Dagmar Schorn zwölf Jahre plus Schmerzensgeld gefordert. Neubecker war denn auch nicht zufrieden und überlegt, Rechtsmittel einzulegen.

Die 20 angeklagten Taten geschahen zwischen Anfang 2018 und Juni 2021 vor dem Hintergrund einer komplizierten Familiengeschichte. Die Mutter des Opfers ist die Tochter des Angeklagten, hervorgegangen aus einem One-Night-Stand. Beide wussten nichts voneinander, bis die Frau ihre Geburtsurkunde entdeckte und so den Namen ihres Vaters erfuhr. Über Facebook nahm sie Kontakt mit ihm auf, an Heiligabend 2017 kam es zur ersten Begegnung in der Sankt Augustiner Wohnung der 38-Jährigen.

Kurze Zeit später verließ der Mann seine norddeutsche Heimat und zog bei der alleinerziehenden Mutter dreier Kinder, zwei Mädchen, ein Sohn, ein. Das begann ganz harmonisch, die älteste Schwester konnte gut mit dem neuen Opa, der ihr bei Englisch-Hausaufgaben half. Irgendwann ließ er sie in seinem Bett übernachten, und dort oder auf einem Sessel geschahen dann die Übergriffe. Danach steckte er dem Kind Geld zu.

Sankt Augustiner legt am letzten Verhandlungstag Teilgeständnis ab

Zum Prozessauftakt hatte der wegen Raubüberfällen und Körperverletzungen vorbestrafte Mann die Taten geleugnet, die Vorwürfe seien „frei erfunden“. Die Enkelin habe sich an ihm rächen wollen, weil er sie einmal geohrfeigt habe, behauptete er, denn er sei nach einer Operation gar nicht in der Lage, eine Erektion zu haben. Von den kinderpornografischen Dateien habe er nichts gewusst, die seien unter den Pornos gewesen, die er sich „als Stimulanz“ auf sein Handy geladen habe.

Nachdem das Gericht das Kind vernommen hatte, rang sich der Angeklagte am vorletzten Verhandlungstag zu einem Teilgeständnis durch, da sei „was aus dem Ruder gelaufen“, sagte er. Kammervorsitzende Jessica Jöbges hielt ihm im Urteil vor, es wäre besser gewesen, wenn er vor der Befragung des Mädchens gestanden hätte, dann hätte man der Enkelin die Vernehmung ersparen können. Die Richter glaubten der Belastungszeugin, die ihre Erlebnisse „eindrücklich“ geschildert habe. Sie konnte sich zum Beispiel an ein T-Shirt erinnern, das er bei einer der Tat getragen hatte.

Der Fall war im Juni 2021 ins Rollen gekommen, als die heute 14-Jährige ihrer Mutter von einem „Geheimnis“, den Übergriffen des Opas, erzählte. Die Frau fuhr sofort mit ihr zur Polizei – Richterin Jöbges: „Sie hat das einzig Richtige getan“ – und zeigte ihren Vater an.