AboAbonnieren

Wahl 2023Matthias Großgarten will schnell mehr Flächen für Unternehmen zur Verfügung stellen

Lesezeit 6 Minuten
Matthias Großgarten, SPD-Kandidat bei der Niederkasseler Bürgermeisterwahl am 26. November, steht im Erholungsgebiet Rheidter Werth.

Matthias Großgarten kandidiert bei der Niederkasseler Bürgermeisterwahl am 26. November für die SPD.

Am 26. November wird in Niederkassel vorzeitig ein neuer Bürgermeister gewählt. Das sind die Kernthemen des SPD-Kandidaten Matthias Großgarten.

Bei der Bürgermeisterwahl am 26. November in Niederkassel können sich die rund 31.000 Wahlberechtigten zwischen drei Bewerbern entscheiden. Es kandidieren die beiden bisherigen Vizebürgermeister Marcus Kitz (CDU) und Matthias Großgarten (SPD) sowie der politisch bislang nicht in Erscheinung getretene parteilose Benjamin Meybohm. Die Redaktion hat die Kandidaten zu ihrer Person und ihren politischen Vorstellungen befragt.

Warum kandidieren Sie in einer Situation, in der die Politik in Niederkassel angesichts dramatisch leerer Kassen kaum noch Handlungsspielraum hat?

Matthias Großgarten: Niederkassel ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich bin hier aufgewachsen, bin ein Rheidter, lebe mit meiner Familie gerne hier. Niederkassel kann besser und hat Besseres verdient. Es ist Zeit für einen Stilwechsel. Deswegen kandidiere ich als Bürgermeister.

Was qualifiziert Sie für das Amt des Bürgermeisters?

Ich habe mein Master-Studium in Politikwissenschaften gemacht und arbeite in der Geschäftsstelle Radnetz Deutschland beim Bundesamt für Logistik und Mobilität. Dort wie auch in meiner vorherigen Tätigkeit als Büroleiter eines Bundestagsabgeordneten habe ich intensiv die Arbeitsweise in Verwaltungen kennengelernt, einschließlich Personalführung. Ich bin seit 2014 Stadtrat in Niederkassel, seit 2020 auch stellvertretender Bürgermeister. Ich kenne Verwaltungen, weiß wie ich diese in Niederkassel verbessern kann.

Welche beiden Themen würden Sie im Falle ihrer Wahl vordringlich angehen?

Niederkassel braucht mehr Einnahmen, um dringende Aufgaben zur Erhaltung der Infrastruktur (Schulen, Kitas, Feuerwehr, Hallenbad) zu stemmen. Ich werde deshalb dafür sorgen, dass rasch mehr Flächen für die Ansiedlung von Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Erreichbar, digital und lösungsorientiert, so werde ich die Niederkasseler Verwaltung aufstellen. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, welche Potenziale die Digitalisierung dafür bietet.

Wie wollen Sie der dramatischen Haushaltslage der Stadt begegnen?

Neben mehr Einnahmen durch die Ansiedlung von Unternehmen ist Einsparen von großer Bedeutung. Gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden wir nochmals alle Ausgaben auf ihre Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit überprüfen, nicht notwendiges, wie zum Beispiel das RSVG-Bike wird gestrichen.

Unzureichende Betreuungszeiten bei den Kitas und offenem Ganztag belasten Niederkasseler Familien. Wie könnte die Stadt bei diesem Thema Abhilfe schaffen?

Mit einer Personaloffensive werde ich für jede Stelle kämpfen. Zentral ist es für mich, den Eltern langfristig zuverlässige Öffnungszeiten zu bieten, damit sie planen können. Zur Wahrheit gehört aber, dass dies im schlimmsten Fall zulasten des angebotenen Stundenumfangs gehen muss. Auf die Personalsituation im offenen Ganztag hat die Stadt keinen direkten Einfluss. Wir sind aber in der Verantwortung eine gute räumliche Ausstattung zur Verfügung zu stellen. Dafür setze ich mich ein. Der neue Besitzer will das ehemalige Evonik-Areal in Lülsdorf als Gewerbestandort weiterentwickeln. Welche Vorstellungen haben Sie für das Gelände?

Niederkassel hat eine über 100 Jahre lange Chemietradition. Das Werk war und ist einer der wichtigsten Arbeitgeber in Niederkassel. Ich kämpfe für den Erhalt und Ausbau dieser gut bezahlten tariflichen Arbeitsplätze und werde den neuen Besitzer bei der Entwicklung des Standortes unterstützen.

Dabei halte ich es für besonders wichtig, die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Werksleitung und Bevölkerung zu fördern, um so Verständnis füreinander und Unterstützung für den Standort zu schaffen. Mit mir wird die Verwaltung die schnelle Bearbeitung von notwendigen Änderungen in Bebauungsplänen, von Anfragen seitens des Unternehmens, auch die Vermittlung und die Unterstützung von an einer Ansiedlung dort interessierten Unternehmen sicherstellen. Das geringe Gewerbesteueraufkommen ist eine der Ursachen für die finanziellen Probleme der Stadt. Wie wollen Sie dieses Problem angehen?

Ich werde dafür sorgen, dass rasch mehr Flächen für die Ansiedlung von Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Sowohl für ortsansässige Firmen, die sich vergrößern wollen, als auch für Gewerbe von außerhalb.

Auf meinen Druck hin wurde diese Ausrichtung bereits im Haushaltssicherungskonzept der Stadt festgeschrieben. Erste Flächen werden nun bald an den Markt gehen können. Diese Anstrengungen werde ich ausweiten und zügig durch Priorisierung dieser Planungsvorhaben vorantreiben. Das wird die Steuereinnahmen durch die Gewerbesteuer steigern und ein starkes finanzielles Standbein neben der Grundsteuer schaffen. Bürgerinnen und Bürger erwarten von ihrer Stadtverwaltung einen bürgernahen Service mit digitalen Angeboten? Welche Ideen haben Sie, um diesen Erwartungen gerecht zu werden?

Ich werde die Niederkasselerinnen und Niederkasseler bei ihren Erwartungen abholen. Für mich ist Erreichbarkeit und Rückmeldung zentral. Anrufe dürfen nicht ins Leere laufen und es muss nachvollziehbar sein, in welchem Bearbeitungsstadium sich eine Anfrage oder Antrag befindet. Dies lässt sich gut digital abbilden. Darüber hinaus stelle ich mir einen Bürger-Check vor, bei dem verschiedenste Niederkasselerinnen und Niederkasseler als Testpersonen Verwaltungsdienstleistungen abrufen und dabei Rückmeldung zu ihren Erfahrungen geben.

Darauf aufbauend kann dann zum Beispiel die Homepage übersichtlicher gestaltet oder Formulare zur besseren Verständlichkeit angepasst werden. Mit mir wird die Verwaltung für die Bürger erreichbar und ansprechbar sein, sie wird helfen und Lösungen finden. Für mich ist die Verwaltung ein Dienstleister für die Niederkasselerinnen und Niederkasseler. In enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werde ich die Verwaltung so aufstellen.

Auch in Niederkassel sind die Folgen des menschengemachten Klimawandels immer deutlicher spürbar. Was wollen Sie im Falle ihrer Wahl unternehmen, um mit städtischen Maßnahmen die Folgen zu lindern?

Die in der finanziellen Lage von Niederkassel erforderlichen Einschnitte müssen so gerecht und verträglich wie möglich gestaltet werden, ohne dass dabei notwendige Investitionen wie unter anderem der Klima- und Umweltschutz auf der Strecke bleiben. Die Folgen des Klimawandels und der damit einhergehenden Umweltveränderungen sind auch in Niederkassel zu spüren.

Der Bestand an artenreichen Landschaftsteilen ist zurückgegangen. Sommerliche Hitzeperioden wie gerade wieder erlebt mit ihren schädlichen Folgen auch für die menschliche Gesundheit bis hin zu Hitze bedingten Todesfällen werden zukünftig häufiger auftreten, gerade auch in Niederkassel mit seiner klimatisch exponierten Lage.

Die Verabschiedung des Klimaschutzkonzeptes der Stadt Niederkassel im Sommer 2022 war ein wichtiger Schritt. Die dort niedergelegten und sehr viele Bereiche umfassenden Maßnahmen dürfen nicht mit dem Hinweis „das sind alles freiwillige Leistungen“ völlig aufgeschoben werden.

Auch der in diesem Sommer verabschiedete Maßnahmenplan gegen die zunehmende Versiegelung innerörtlicher Flächen muss ausgeführt werden. Die gerade verabschiedete neue Landesbauordnung NRW bietet dazu eine gute Basis. Dies alles kann und wird nur in einer gemeinsamen Anstrengung mit den Niederkasselerinnen und Niederkasselern umgesetzt werden.

Eine private Frage jenseits der Politik: Was verschafft Ihnen in der Freizeit einen Ausgleich zu Beruf und Ehrenamt?

Ich versuche jede freie Minute mit meiner Frau Rebeca und unseren zwei Söhnen zu verbringen, da kann ich abschalten. Die Familienzeit genieße ich sehr.

„Wahlkampfarena“ mit dem Niederkasseler Kabarettisten Christoph Brüske

Alle drei Kandidaten stellen sich am Freitag, 3. November, in der „Wahlkampfarena“ ab 19 Uhr (Einlass 18 Uhr) den Fragen des Niederkasseler Kabarettisten Christoph Brüske. Die Veranstaltung findet im Rheidter Saal „Zur Linde“ (Marktplatz 4) statt. Die Wahlkampfarena wird via Zoom-Meeting auch als Livestream übertragen (Meeting-ID: 885 9340 5428, Kenncode: Wahlkampf).


Zur Person: Matthias Großgarten

Matthias Großgarten (33) ist Vorsitzender der SPD Niederkassel und Vizebürgermeister. Er lebt in Rheidt, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Der studierte Politikwissenschaftler arbeitet in der Geschäftsstelle Radnetz Deutschland beim Bundesamt für Logistik und Mobilität.