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Stadtrat widerspricht BürgerbegehrenIn Niederkassel stimmt Bevölkerung über ZUE ab

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Eine Wiese, im Hintergrund stehen Bäume und einige Industriehallen.

Die Bäume am geplanten Standort sind verschwunden. Bürgermeister Matthias Großgarten zufolge, weil die Fläche eine Baumschule sei und der Besitzer anderswo gepflanzt habe.

Damit kommt es vor den Sommerferien zu einem Bürgerentscheid über die ZUE. Wann die Abstimmung geplant ist.

In Niederkassel kommt es am 6. Juli zu einem Bürgerentscheid über die geplante Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE). Wie erwartet stimmte der Stadtrat dafür, am Ratsbeschluss aus dem September vergangenen Jahres festzuhalten, und widersprach damit dem Ansinnen der Bürgerbewegung gegen die ZUE. In der Folge können die Niederkasseler Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden, ob die Stadt die vom Land finanzierte Unterkunft für Geflüchtete bekommen soll.

Niederkasseler Ratsfraktionen warnen vor Millionenkosten bei Absage an die ZUE

Vertreterinnen und Vertreter der Ratsfraktionen hatten nochmals auf die Folgen einer Ablehnung hingewiesen: Die ZUE wird vollständig vom Land getragen, die Zahl der Geflüchteten, die dort leben würden, bekäme die Stadt auf die Quote, die sie ohnehin aufnehmen muss, angerechnet. Ohne die ZUE müsste die Stadt die Kosten in Millionenhöhe selbst tragen, die Geflüchteten würden weiterhin in angemieteten Wohnungen oder Sammelunterkünften wie Turnhallen leben.

Die drei Initiatoren des Bürgerbegehrens hatten Unterschriften gesammelt, damit sich der Rat erneut mit dem Beschluss befassen müsse. Die Stadtverwaltung hatte die Rechtmäßigkeit der Liste vor vier Wochen anerkannt. Der Rat widersprach wie erwartet dem Ansinnen, der Beschluss wurde ohne Gegenstimmen, aber mit zwei Enthaltungen angenommen.

Diese Zeit benötigen wir, die Wahl vorzubereiten. Es ist der Sonntag vor Beginn der Sommerferien
Bürgermeister Matthias Großgarten zum Termin für den Bürgerentscheid

Die Verwaltung hatte für einen Bürgerbescheid am 6. Juli plädiert. „Diese Zeit benötigen wir, die Wahl vorzubereiten. Es ist der Sonntag vor Beginn der Sommerferien“, begründete Bürgermeister Matthias Großgarten den Vorschlag. Er wurde einstimmig angenommen. 20 Prozent der Wahlberechtigten müssen mindestens ihre Stimme abgeben, damit die Abstimmung gültig ist, 6100 Nein-Stimmen seien in der Mehrheit nötig, um die ZUE zu verhindern.

Der Abstimmung war eine Bürgerfragestunde vorausgegangen, die Gegner der ZUE für eine Abrechnung mit dem Stadtrat nutzten. Von einem „Kontrollverlust der Stadtverwaltung“ war da die Rede, weil diese die Verantwortung für die Geflüchteten an das Land delegiere. Persönlich musste Fachbereichsleiter Markus Thüren das erregte Gemurmel unterbinden.

Die Gegner sehen in der ZUE die schlechtestmögliche Lösung der Unterbringung. „So viele Menschen auf engstem Raum unterzubringen, schafft zusätzliche Probleme“, sagte Benjamin Meybohm. „Das ist kein guter Nährboden für eine Gesellschaft und kann nicht unser Anspruch an Menschlichkeit und persönliches Miteinander sein.“ Er persönlich wisse, dass die Stadt finanziell mit dem Rücken zur Wand stehe, doch wir messen hier mit zweierlei Maß. Der Standort sei außerdem schlecht gewählt, in der Nähe gebe es keine Freizeit- und Integrationsmöglichkeiten.

CDU-Fraktionsvorsitzender Dano Himmelrath zeigte Respekt für das Bürgerbegehren: „Das Thema bewegt die Menschen in der Stadt. Durch den Bürgerbescheid bekommen auch diejenigen eine Stimme, die der Einschätzung von Rat und Verwaltung folgen und die ZUE als sinnvolle Lösung oder kleineres Übel sehen.“

Es geht auch nicht darum, ob man mit der Asylpolitik einverstanden ist
Dano Himmelrath, CDU-Fraktionsvorsitzender

Deswegen sei es kein Zeichen von Ignoranz, dass seine Fraktion das Bürgerbegehren ablehne. Himmelrath betonte noch einmal, dass es bei dem kommenden Bürgerentscheid nicht darum gehe, dass mehr Geflüchtete nach Niederkassel kämen. „Sie werden uns ohnehin zugewiesen. Es geht auch nicht darum, ob man mit der Asylpolitik einverstanden ist.“

„Wir brauchen klare Fakten gegen Spaltung, um zu zeigen, wie wir als Gesellschaft funktionieren können“, sagte Aziz Cöcelli von der SPD. Fraktionsvorsitzender Friedrich Reusch schloss sich ihm an. „Die Gegner der ZUE stürzen unsere Stadt in den Ruin, wenn sie damit durchkommen. Dabei wussten sie nicht mal, dass das zusätzlich Geld im Haushalt noch gar nicht eingeplant ist“, sagte er und kündigte einen harten Wahlkampf an. „Ich habe keine Hemmungen, diesen Populisten die Grenzen aufzuzeigen“, sagte er merklich frustriert nach der Ratssitzung.

Die Grünen brachten einen Antrag ein, dass sich die Stadt dafür einsetze, dass der Bürgerentscheid nicht zur Abstimmung über Fremdenhass werde. Ulrich Buchholz fragte, warum auf der angedachten Fläche an der Landesstraße 269 bereits die Bäume gefällt wurden. Großgarten entgegnete: „Diese Fläche war eine Baumschule und der Eigentümer hat entschieden, jetzt im Frühling anderswo zu pflanzen. Das hat nichts mit einem Vorgriff zu tun.“ Ob dort tatsächlich eine ZUE gebaut wird, entscheiden die Niederkasseler Bürgerinnen und Bürger am 6. Juli.