Was kommt nach den Machtspielen im Lohmarer Rathaus? Das Tischtuch ist zerrissen, und beide Seiten haben kräftig dran gezogen. Ein Kommentar.
KommentarDas Tischtuch haben beide Seiten im Lohmarer Rathaus zerrissen

Übertritt von der SPD zur CDU: Der städtische Beigeordnete Andreas Behncke (Mitte) mit Fraktionschef Tim Salgert (l.) und Parteichef Florian Westerhausen.
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Selbstbewusst ist er, der Spitzenbeamte Andreas Behncke, eloquent und smart. Aber auch ehrgeizig, was ja erstmal kein Fehler sein muss. Vor rund vier Wochen trat er aus der SPD aus und direkt in die CDU ein - mit viel Tamtam, garniert von einer triumphierenden Mitteilung der Christdemokraten und einem Foto, in dem er mit CDU-Fraktionschef Tim Salgert und Parteichef Florian Westerhausen die Hände schüttelt. In der Koalition aus Grünen, SPD und UWG, die die Geschicke der Stadt lenkt, kam das nicht gut an. Mehr noch, Behncke düpierte die Leute, die ihn 2021 wählten.
Das Wort vom Vertrauensbruch machte die Runde. Seinen Schritt begründete der 43-Jährige mit einer Entfremdung von der Partei, die ihm den Aufstieg ermöglichte. Mag sein, doch vermutlich steckt noch mehr dahinter. Behncke, so wird kolportiert, wollte in Lohmar zum Ersten Beigeordneten aufrücken, diesen nach unten verdrängen. Das ist nicht fernliegend, in Sankt Augustin gab es unlängst einen ähnlichen Coup eines SPD-Dezernenten, der gelang.
Lohmarer Spitzenbeamter wollte im Rhein-Kreis Neuss Landrat werden
Das zweite Gerücht: Behncke plane, bei der kommenden Kommunalwahl im Herbst 2025 als Bürgermeister zu kandidieren, quasi gegen seine Chefin, Amtsinhaberin Claudia Wieja (Grüne). Auch nicht unwahrscheinlich: Im Rhein-Kreis Neuss wollte er 2020 Landrat werden - und verlor. Nur Wochen später reiste er auf dem SPD-Ticket nach Lohmar. Nach dem Parteiwechsel des Beigeordneten Ende August 2024 zur CDU gärte es im Rathaus, so ist zu hören.
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Die Reaktion der Bürgermeisterin und der Koalition, auch wenn sie mit Argumenten untermauert ist, lässt auch Außenstehende aufmerken. Zu diesem Zeitpunkt erscheint sie als Retourkutsche. Warum wurde Behncke noch vor wenigen Monaten mit Stimmen der Ratsmehrheit befördert, warum durfte er bei öffentlichen Terminen an der Seite der Bürgermeisterin das Wort führen und sich in den Vordergrund stellen?
Und wären die Dezernate auch „umorganisiert“ worden, wenn er keine Ambitionen geäußert und nicht in die CDU eingetreten wäre? Unwahrscheinlich. Die Bürgermeisterin beantwortet die Nachfrage am nächsten Tag trocken: Ein Wahlbeamter müsse damit rechnen, dass sich auch aus politisch motivierten Gründen seine Aufgaben ändern, zitierte sie aus einem Verwaltungsgerichtsurteil. Wie geht es jetzt weiter? Wieja: „Das werden wir sehen.“
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Das Tischtuch ist, so scheint's, endgültig zerrissen. Und daran haben nun beide Seiten ihren Anteil. Wer die Vorgänge im Stadtrat als Unbeteiligter erlebte, wendet sich mit Grausen ab. Dem Ansehen der Politik, die auf kommunaler Ebene mehr Arbeit als Ehre einbringt, schaden solche Machtspiele nur.