FußballWie Engländer und Spanier im Rhein-Sieg-Kreis dem EM-Finale entgegenfiebern

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Ein Mann in einem Trikot der englischen Nationalmannschaft mit einem überdimensionalen Fußball

Francis Rowbotham aus Neunkirchen ist Deutsch-Engländer und hält zu den Three Lions

Fans aus England und Spanien fiebern dem Endspiel der Europameisterschaft 2024 in Berlin entgegen. Wo sie das Spiel schauen werden.

Es hatte nicht sollen sein: Die deutsche Nationalmannschaft fehlt im Finale und mach einer blickt jetzt neidisch auf Fans, denen der ganz große Tag und vielleicht auch das große Zittern um den Titel noch bevorsteht.  Darunter sind Fidel Gonzalez, der in Hennef für die „Furia Roja“ mitfiebert, und Francis Rowbotham, der es in Neunkirchen mit den „Three Lions“ hält.     

Es sind keine zwei Herzen, die in der Brust von Francis Rowbotham schlagen: Der Neunkirchener ist zwar Deutsch-Engländer, aber wenn es um Fußball geht, hält er klar zu den drei Löwen. „Ein Endspiel ist immer etwas besonders“, freut er sich auf den Sonntagabend. „Wer kommt als erstes in Spiel, wer schießt das erste Tor“, das könne gegen die starken Spanier entscheidend werden.       

Promovierter Zahnarzt hat zwei Staatsbürgerschaften

Dass er sich mit England identifiziert, führt er auf seinen Vater zurück, der und aus Iffley bei Oxford stammte und ein „stolzer Engländer“ gewesen sei. Schmunzelnd denkt Rowbotham an eine Episode von seinem jüngsten Besuch auf der Insel zurück: Dort habe sich ein Engländer, der sein deutsches Autokennzeichen gesehen hatte, herzlich bei ihm bedankt, für den Sieg der Deutschen gegen Schottland. Und Rowbotham fragte: „Seht Ihr das wirklich so krass?“     

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Der promovierte Zahnarzt und Oralchirurg betreibt seine Praxis Zahnkultur Siegburg an der Mühlenstraße und hat zwei Staatsbürgerschaften. Über die Jahre verfolgte er mal mehr, mal weniger die großen Meisterschaften. Kritisch sieht Rowbotham die zunehmende Kommerzialisierung des Sports und Entwicklung der Fußballer-Gehälter in schwindelerregende Höhen. „Das habe ich nie ganz nachvollziehen können.“

Früher spielte er selbst gern. Anfang der 70er Jahre, als Deutschland 1972 Europameister und 1974 Weltmeister wurde, kickte er mit anderen Kindern auf einem holprigen Neunkirchener Bolzplatz. Ein Mädchen stach dabei heraus, die heutige Moderatorin Claudia Neumann: „Sie und ihr Bruder waren die härtesten Spieler auf dem Platz“, erinnert er sich. Sie habe richtig gut gekickt und vor allem „tolle Kopfbälle“ auf´s Tor gebracht.      

David Beckham war der Held des Engländers aus Neunkirchen-Seelscheid

Am englischen Team habe er früher immer den körperbetonten, offensiven Kick-and-Rush gemocht, mehr als den eher taktisch orientierten Fußball der Deutschen, der zeitweise langweilig habe werden können.

David Beckham habe ihm als präziser Schütze besonders gut gefallen und auch als Fußballer, der sehr stark in der Öffentlichkeit gestanden habe, auch Torwartlegende Peter Shilton und Stürmerlegende Gary Lineker. Und natürlich habe er immer auf die Engländer in der Bundesliga geachtet, Kevin Keegan beim HSV oder Tony Woodcock beim 1. FC Köln. 

Nur einmal aber habe er doch ein wenig mehr zu Deutschland gehalten, 2006, als das Sommermärchen die Nation begeisterte. Für England ging das Turnier auch nicht gut aus und endete im Viertelfinale, mit einem 1:3 gegen Portugal im Elfmeterschießen. 

Große Stücke hält er aktuell auf Trainer Gareth Southgate, der Mittel gegen das alte Trauma der englischen Elfer-Niederlagen fand und so das 5 zu 3 gegen die Schweiz im Viertelfinale ermöglichte. „Bei einer EM muss man einfach damit rechnen, auf Deutschland und einen hervorragenden Torwart zu treffen“, schon allein deshalb sei die Vorbereitung wichtig gewesen.

Neunkirchen-Seelscheider traut den „Three Lions“ den Sieg zu

Auch Führungsqualitäten attestiert er dem englischen Coach. „Eine Mannschaft zusammenzufügen, ist eine Kunst.“ Vor allem gefalle ihm „die Ambition, richtig etwas gewinnen zu wollen“. Mit Beckenbauer würde er Southgate zwar nicht vergleichen, mit Klinsmann aber schon.

„Spanien hat immerhin Deutschland geschlagen“ gibt er mit Blick auf Sonntagabend zu bedenken. Trotzdem: Sein Prognose für die „Three Lions“  ist ein 3 zu 2.            

Fidel Gonzalez fiebert am Sonntag für die Spanier.

Fidel Gonzalez fiebert am Sonntag für die Spanier.

„Das wird ein Klassespiel“, ist sich Fidel Gonzalez sicher. Er ist Inhaber der privaten Musikschule  „Ready4stage“, so manches Talent hat er schon zu Castingshows ins Fernsehen gebracht. Der Spanier freut sich auf Sonntag. „Ich stehe auf und werde in meine spanischen Flipflops schlüpfen“, verrät der 48-Jährige. „Natürlich schlafe ich in einem Spanientrikot. Aber tagsüber werde ich das aktuelle Nationaltrikot anziehen.“

Spanier aus Hennef hat 14 Trikot-Sets in seinem Kleiderschrank

Auswahl hat er genug, in seiner Sammlung befinden sich 14 Sets von den vergangenen Europa- und Weltmeisterschaften. „Definitiv wird Spanien Weltmeister, ein klarer Sieg muss auf jeden Fall her“, ist sich Gonzalez sicher. Vor dem Gegner hat er allerdings Respekt. „Die Stärken bei den Engländern sehe ich darin, dass sie eine Turniermannschaft sind. Die haben nicht nur Qualität, zum Beispiel mit Harry Kane, sondern die wissen auch, wie es geht.“

Um die Spanier macht er sich keine Sorgen. „Das ist ein junges Team. Ich glaube, die haben keinen Endspieldruck, die freuen sich drauf. Es wird ein offensives Spiel.“ Er rechnet damit, dass die Engländer erstmal defensiv abwarten, und mit blitzschnellen Kontern zustechen. „Es wird aber kein Spiel, wo sich eine Elf nur hinten reinstellt.“

Gonzalez glaubt, dass alle schönen Fußball zu sehen bekommen. Schießen die Spanier das erste Tor, wird es ein krasses Spiel, sagt Gonzalez, machen es die Engländer, werden die Spanier ihren Fußball so weiterspielen, aber dann sind sie verwundbarer. Das Turnier gefällt ihm schon jetzt: „Es wird insgesamt ein sehr moderner Fußball gespielt.“

Als Schüler am Collegium Josephinum Bonn war er Flügelspieler

Sei eigenes Team lobt er natürlich besonders. Noch in der letzten Minute spielen sie ihre Pässe maßgerecht, jeder wird effizient genutzt. Da gibt es keine unqualifizierten Schüsse. Er hat jedes Spiel gesehen, Williams und Yamal aber tatsächlich zum ersten Mal. „Sie sind für alle Jugendliche eine Bereicherung. Die machen einen sehr coolen Eindruck, vor allem für die Jüngeren.“

Der 48-Jährige hat durchaus Fachkenntnis, schließlich hat er schon selber „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“ erlebt. Als Schüler am Collegium Josephinum Bonn war er rechter Flügelspieler und ist zu den Deutschen Schulmeisterschaften in die Hauptstadt gefahren. Ganz fürs Olympiastadion hat es nicht gereicht, nur das Finale wurde dort ausgetragen. Er hat mit seinem Team den achten Rang belegt.

Besser konnte es nicht mehr werden, da bin ich Musiker geworden, schmunzelt er. Ich war gut, aber nicht überragend. Aus seinem Bruder Dasjo dagegen hätte durchaus mehr werden können. „Die Jugendscout vom FC Sevilla waren bei uns zu Hause. Aber mein Vater hat gesagt: Du machst erstmal Dein Abi.“

Hennefer will das Finale im „Euro Park Hotel “anschauen

Fußballjeck ist er aber immer geblieben. „Spanien, Real Madrid, 1. FC Köln, das sind meine Mannschaften.“ Sein erstes, bewusst erlebtes Fußball-Ido war Diego Maradona, seither hat er alle Europa- und Weltmeisterschaften am TV mitgemacht. In den vergangenen Wochen hat er bei den Spanienspielen selbst Unterricht in seinen neuen Räume im „Euro Park Hotel“ mit Nationaltrikot gegeben.

Das Spiel will er mit Freunden dort schauen. „Sonntag ist unser Tag. Wenn wir gewinnen, werden wir schon ein Gläschen trinken.“ Am nächsten Tag wird ausgeschlafen, das hat er schon klar. „Gewinnen aber die Engländer, läuft hier für ein Dreivierteljahr keine englische Musik mehr, nur deutsch und spanisch“, meint er, sicherlich nicht ganz so ernst.

Die Europameisterschaft in Deutschland lobt er genauso wie den deutschen Fußball. Seit Beginn des Turniers hängen die deutsche und die spanische Fahne am Eingang nebeneinander. Gonzalez hätte diese Finalpaarung auch am liebsten gesehen. „Es gab ein paar Fehlentscheidungen, sorry“, spielt er auf das Handspiel von Cucurella im Spiel gegen die deutsche Mannschaft an, „aber im Großen und Ganzen war das ein megaschönes Turnier“.

Sein Tipp ist klar. Deutschland sei nicht schwächer gewesen als  die Engländer: „Es wird lange 1:1 stehen, am Ende heißt es aber 3:1 für mein Team, und zwar in der regulären Spielzeit.“