Der Haupttäter entschuldigte sich bereits beim Opfer und zahlte aus freien Stücken 15.000 Euro Schmerzensgeld.
Prozess in BonnEitorfer erpressten mit Todesdrohungen BMW und Rolex
„Alles sollte schön schauerlich wirken“, sagte Verteidiger Peter-René Gülpen in seinem Plädoyer im Prozess vor dem Bonner Landgericht gegen zwei Angeklagte, die einen gemeinsamen Freund unter Waffendruck und mit Todesdrohungen in einer Lagerhalle in Eitorf-Bitze erfolgreich erpresst haben sollen. Für seinen 39-jährigen Mandanten, der der Initiator gewesen sein soll, erklärte Gülpen: „Das ganze Szenario, die Pistole auf dem Tisch, der erbarmungslose Auftritt, das alles war nicht so gemeint gewesen. Es war nur eine Inszenierung.“
Dennoch rückte, so der Vorwurf der Anklage, der befreundete Geschäftsmann an einem Abend im Dezember 2022 völlig verängstigt seinen BMW im Wert von 80.000 Euro und seine Rolex-Uhr im Wert von 16.500 Euro heraus.
Staatsanwältin forderte für den Initiator der Erpressung ein milderes Strafmaß als für den Mittäter
Im Prozess gegen die beiden 39 und 34 Jahre alten Männer aus Eitorf, die sich wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung verantworten müssen, wurde plädiert. Sogar überraschend plädiert. Denn die Staatsanwältin forderte für den älteren Angeklagten, der auch eingeräumt hatte, der Initiator der Erpressungsszenerie gewesen zu sein, eine viel mildere Strafe als für den 34-Jährigen. Dieser hatte zwar gestanden, zunächst dabei gewesen zu sein, war aber – als es eskalierte – aus der Lagerhalle verschwunden. Drei Jahre und zehn Monate Haft forderte die Anklagevertreterin für den Älteren, für den Jüngeren fünf Jahre und drei Monate Haft.
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Entscheidend für das ungewöhnliche Strafmaß-Plädoyer der Staatsanwältin war der sogenannte Täter-Opfer-Ausgleich: Denn der 39-jährige Angeklagte hatte dem Geschädigten nicht nur 15.000 Euro Schmerzensgeld gezahlt, sondern sich auch aktiv darum gekümmert, dass er in der Haft mit dem früheren Freund sprechen konnte. Dabei habe er sich nicht nur entschuldigt, sondern auch erklärt, dass er sich selbst an dem Abend nicht wiedererkannt habe.
Dass er „so großspurig, mit überbordendem Selbstbewusstsein“ aufgetreten sei, erklärte er mit dem Kokain, das er kurz zuvor genommen habe. Hierdurch sei das Ganze „aus dem Ruder gelaufen“. Durch dieses mehr als zweistündige JVA-Treffen von Täter und Opfer ohne Aufsicht und ohne Anwälte habe der Angeklagte etwas Wichtiges geschafft, erklärte Nebenklagevertreterin Dagmar Schorn, er habe „extreme Ängste bei dem Opfer abgebaut“.
Das sei, so Gülpen im Plädoyer, „ein mustergültiger Täter-Opfer-Ausgleich“ gewesen, ohne taktische Finessen. Der Angeklagte habe aus eigenem Antrieb mit seinem ehemaligen Freund vor dem Urteil Rechtsfrieden geschaffen.
Der 34-jährige Angeklagte beteuerte vor Gericht, sich auch bei dem Opfer entschuldigen zu wollen
Auch der jüngere Angeklagte hatte mit einer Zahlung von 5000 Euro und einer Entschuldigung versucht, mit einem Täter-Opfer-Ausgleich strafrechtliche Vorteile zu bekommen. Aber seine Angebote wurden ihm nicht geglaubt, das Opfer hat die Handreichungen nicht angenommen: Denn der 34-Jährige war es laut Anklage, der den Erpressten unter einem Vorwand in die Halle und damit in die böse Falle gelockt hatte. Staatsanwältin und Nebenklagevertreterin hielten die Entschuldigungen gar für vorgeschoben.
„Wir sind doch hier nicht auf einem Bazar, wo man sich mit Geld freikaufen kann“, stellte Anwältin Schorn am Ende des Prozesstages fest. Jerrit Schöll, der Verteidiger des 34-Jährigen, versuchte im Plädoyer, für seinen Mandanten eine Lanze zu brechen: „Auch wenn das Ganze kein Kindergeburtstag gewesen ist“, so habe der Angeklagte keinen direkten Einfluss auf das Geschehen gehabt, er habe eine untergeordnete Rolle gespielt. Die Regie habe der Ältere gehabt. In seinem letzten Wort beteuerte der 34-Jährige noch mal mit Nachdruck: „Ich will mich von ganzem Herzen entschuldigen. Mir ist es ernst.“
Die 16. Bonner Strafkammer will zügig ein Urteil sprechen.