Digitale ChorprobeEitorfer Gesangsverein singt mit über 100 Jecken über Zoom
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Eitorf – Wenn die Probe eines gemischten Chores stets auf einen Donnerstag fällt, wie es beim Eitorfer Gesangverein und dem Gesangverein Harmonie Bensberg-Kaule der Fall ist, dann hätte diese Singstunde wegen Wieverfastelovend wohl nicht die geringste Chance gehabt, zumindest bei den Damen. Doch weil in diesem Jahr die Uhren anders ticken, bot es sich für die vereinigten Stimmkünstler an, die Chorprobe öffentlich zu machen und ihr einen karnevalistischen Anstrich zu verpassen.
Mehr als 100 Jecken sangen mit
„Loss mer Karnevalsleedcher singe“ tüftelten sich die Macher um Chorleiter Rolf Pohle und dem Vorsitzenden Winfried Quodbach als Motto aus. Dritter im Bund war Matthias Ennenbach, der, mit vielen jecken Talenten gesegnet, das Karnevals-Drumherum organisierte. Gezwungenermaßen setzte der Verein für den Mitsingabend wie nunmehr seit fast einem Jahr auf die Online-Probe.
Das hieß, mehr oder weniger brav vom Bildschirm aus den Tempo- und Dynamik-Anweisungen von Rolf Pohle folgen und gemeinsam die Stimme jedoch ohne den gewohnten Chornachbarn erheben. Der Verein hatte mächtig die Werbetrommel mit raderdoll-bunten Plakaten gerührt, die Login-Daten für den Zoom-Chat veröffentlicht und gleichzeitig um Kostümierung gebeten.
Der Zuspruch blieb nicht aus. Rund 100 Endgeräte waren angemeldet während der eineinhalb Stunden, wobei meist mehrere Singwillige vor den Bildschirmen saßen. „Frag mich nicht, wer die vielen Leute sind“, kommentierte Ennenbach, der mit Ehefrau Hannah bei manchen Liedern sogar ein Tänzchen wagte, die vielen neuen Gesichter auf den Zoom-Bildschirm-Kacheln. Pohle ließ von seiner Regiezentrale im heimischen Birk aus für die weniger Textsicheren die Liedzeilen von „Unsere Stammbaum“, „Schenk mir dein Herz“, „Wenn et Trömmelche jeht“ oder „Stääne“ auf dem Bildschirm mitflimmern.
Bei den wenigen Übertragungsverzögerungen gab er einen hilfreichen Tipp: „Singt weiter, so ungefähr im Tempo wie ihr meint.“ Das funktionierte auch im Wohnzimmer des Vorsitzenden Winfried Quodbach, der sich über die rege Teilnahme freute, mit mächtigem Tenor die Akustik seines Heims auslotete und mit Robert Prinz sowie Ehefrau Anita tüchtige Unterstützer hatte.
Schirmherr Rainer Viehof, der im Rathaus-Chefsessel des Ereignisses harrte, juckte es an den Stimmbändern. „Loss mer net lang schwaade“, sagte er zu den medialen Mitsingenden und eröffnete den Abend mit einem dreifachen „Endlich wieder Karneval – alaaf“.
Unter stimmlichem Beistand seines Kulturmanagers Thomas Feldkamp legte er sich ins Zeug, als gäbe es kein Morgen. Was ansteckend wirkte, wie die sicht- und hörbare Mitmachlaune der riesigen Gruppe verriet. Alle hatten ihren Kostüm-Fundus durchforstet, zeigten sich als Fliegenpilz, Mexikanerin, Clown, Pappnas-Jeck oder zumindest mit einer Federboa als Attribut.
Ein wenig Sitzungslaune schickte Ennenbach mit Witzen über den Äther, und für eine musikalische Herausforderung sorgte Pohle, der Viehofs Wunschlied „Pirate“ anstimmte. Die Online-Alternative zündete, war ein kurzweiliger, verbrüdernder und verschwesternder Ersatz für Wieverfastelovend. So sah es auch Quodbach: „Schön, digital zusammen zu sein, so verlieren wir uns nicht aus den Augen.“