Ein Mitarbeitender schildert die Entwicklung von Krewel Meuselbach und äußert sich zum Umgang mit Mitarbeitenden. Das Werk schließt im Sommer.
„Boden unter den Füßen weggezogen“Wie die Abwärtsspirale bei Krewel Meuselbach begann
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Krewel-Meuselbach in Eitorf wird schließen, noch arbeiten die Menschen dort.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Die Nachricht vom Aus für das Eitorfer Pharmaunternehmen Krewel Meuselbach kam völlig überraschend. Bei einer Betriebsversammlung kurz vor Weihnachten 2024 wurden die Mitarbeitenden informiert, dass im Sommer 2025 im Eitorfer Werk die Lichter für immer ausgehen. „Das hat den Leuten den Boden unter den Füßen weggezogen“, beschreibt es jemand, der viele Jahre bei dem Unternehmen arbeitete, gegenüber dieser Zeitung. Um die Quelle zu schützen, anonymisieren wir Namen und Geschlecht.
Im November erst war ein Aufatmen durch die Belegschaft gegangen: Mit der Dr. Theiss Naturwaren GmbH war am 1. November ein Investor gefunden worden, der das insolvente Unternehmen wieder auf die Beine stellen wollte. Vertreter von Dr. Theiss seien nach Eitorf gereist, hätten sich Abteilungen von Krewel Meuselbach angesehen, die Mitarbeitersituation, die Auftragslage, die Artikel- und Rohstoffbestände.
Beschäftigte sollten zustimmen, in eine Transfergesellschaft zu wechseln
Anfang Dezember habe es dann den ersten Einschnitt gegeben: Da erhielten nach Schilderung unserer Quelle 30 Beschäftigte die Aufforderung, in die frisch gegründete Transfergesellschaft einzutreten. „Darunter befanden sich auch Angestellte, die schon lange im Unternehmen sind, Schwerbehinderte, Frauen im Mutterschutz.“ Außer diesen 30 Beschäftigten meldeten sich den Informationen dieser Zeitung nach etwa 15 Mitarbeitende aus eigenem Antrieb, die in die Transfergesellschaft wechseln wollten. Zum Ende des Jahres verließen über diesen Weg 45 Beschäftigte das Werk.
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Daher sei die Belegschaft davon ausgegangen, es gehe um die neuen Verträge, als eine Betriebsversammlung kurz vor Weihnachten einberufen wurde. „Aus dem Nichts“ hätten die Geschäftsführer von Theiss und Krewel das Ende für Eitorf verkündet, es werde ausschließlich im Schwesterwerk in Ilmenau weiter gefertigt. Der Standort an der Sieg sei zu kostenintensiv, die Exportlage nach Russland mittlerweile zu risikobehaftet. Der Belegschaft sei mitgeteilt worden, dass es eine Ausproduktion bis voraussichtlich Ende März oder spätestens Ende Juni geben werde. Alle Beschäftigten, die bei der Ausproduktion weiter arbeiten, sollten zustimmen, danach ebenfalls in eine Transfergesellschaft zu wechseln.
Die Mitarbeitenden, die in die Transfergesellschaft gewechselt sind, bekommen Arbeitslosengeld, das Krewel Meuselbach aufstockt. Mit dem Eintritt in die Transfergesellschaft ist das Arbeitsverhältnis bei Krewel Meuselbach unwiderruflich beendet. 55 Mitarbeitende wickeln die Geschäfte am Eitorfer Standort bis voraussichtlich Juni ab. Es müssen noch einige Aufträge abgearbeitet werden, und ein Teil der Vorgänge wird ins thüringische Werk umgelagert.
Mit dem Tod der Inhaberin Inge Viefhues vor rund 14 Jahren habe der Abstieg begonnen, erinnert sich unsere Quelle. Statt in die Lohnproduktion am Eitorfer Standort zu investieren, habe man einen kompletten Geschäftszweig abgestoßen: 2019 wurden die bisher in Eitorf angesiedelten OTC-Geschäfte, also mit rezeptfreien, aber apothekenpflichtigen Medikamenten, verkauft.
2019 gab es bereits die ersten Entlassungen bei Krewel Meuselbach
Nach dem Verkauf der OTC-Palette gab es im selben Jahr die ersten Entlassungen, 35 Mitarbeiter aus dem Außendienst und dem Vertrieb mussten gehen. Inlandsprodukte wurden so gut wie keine mehr hergestellt, Krewel exportierte nach Osteuropa, und in der Lohnfertigung gab es nur geringe Margen. Nach Informationen der Redaktion war das Geschäftsjahr 20/21 schlecht, die Mitarbeitenden kompensierten: Die Belegschaft trug einen Teilausstieg aus der IG Chemie mit, verzichtete auf Lohnsteigerung, duldete eine Anpassung der Gleitzeit. Als der Ukraine-Krieg ausbrach, musste das Eitorfer Unternehmen erhebliche Einbußen hinnehmen. Im April 2024 kam Kurzarbeit, im Mai 2024 meldete die Firma Insolvenz an.
Der Absturz des Familienunternehmens, das durch sozialen Umgang miteinander geprägt gewesen sei, wo Kollegen ein freundschaftliches Verhältnis pflegten, sei besonders traurig. „Dieses Miteinander in der Belegschaft hat uns durch die wirtschaftlichen Ängste der letzten Jahre geholfen.“
Wie es jetzt weitergeht? Das weiß unsere Quelle weder für sich noch für die Kollegen, die jetzt und im Sommer nach dem Aus für den Standort in der Transfergesellschaft auf ein neues Berufsleben vorbereitet werden. Denn Jobs seien nicht so leicht zu finden: „Chemie hier in der Region gibt es ja kaum.“