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„Egoistisch“ und „selbstbezogen“Scholz attackiert Trump nach Ukraine-Vorstoß – und lobt „coole“ Kontrahentin

Lesezeit 4 Minuten
Donald Trump beim Besuch des G20-Gipfels in Hamburg im Jahr 2017. Olaf Scholz war damals noch Erster Bürgermeister der Hansestadt. (Archivbild)

Donald Trump beim Besuch des G20-Gipfels in Hamburg im Jahr 2017. Scholz war damals noch Erster Bürgermeister der Hansestadt.(Archivbild)

Erst Strafzölle, dann ein „Deal“ für die weitere Unterstützung der Ukraine – Trump sorgt weiter für Wirbel. Der Kanzler findet nun deutliche Worte.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich zu den jüngsten Zollvorstößen und Aussagen zur Ukraine des US-Präsidenten Donald Trump geäußert – und dabei kritische Worte gefunden. Der US-Präsident hatte zuvor Strafzölle gegen China, Mexiko und Kanada angekündigt. Die beiden direkten Nachbarländer der USA konnten in Gesprächen mit Washington zu Wochenbeginn zwar erreichen, dass die Zölle zunächst ausgesetzt werden. Dennoch sorgt der Schritt auch international für großes Aufsehen.

Olaf Scholz lobt Claudia Sheinbaum für Umgang mit Donald Trump

Für die Reaktion insbesondere der mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum fand Scholz nun lobende Worte. Die Mexikanerin sei eine „sehr kluge“ Politikerin und habe „cool agiert“, erklärte Scholz nach einem EU-Gipfeltreffen in Brüssel mit Blick auf den Zoll-Streit mit den USA.

Nach einem Telefonat zwischen Trump und Sheinbaum teilten beide am Montag mit, die angekündigten Zölle auf alle mexikanischen Produkte würden einen Monat lang ausgesetzt. Mexiko habe zugesagt, seine Nordgrenze mit 10.000 Soldaten der Nationalgarde zu verstärken, um Drogenhandel und Migration einzudämmen, erklärte Trump. China hat unterdessen mit Gegenzöllen reagiert, das gab Peking am frühen Dienstagmorgen bekannt.

Bundeskanzler kritisiert Trumps Ukraine-Vorstoß deutlich

Mit Blick auf die Ukraine scheint zwischen Washington und der EU ebenfalls keine Einigkeit zu herrschen. Auf den jüngsten Vorstoß von Trump reagierte Scholz mit deutlicher Kritik am US-Präsidenten. Trump hatte zuvor am Montag erklärt, seine Regierung wolle ein Abkommen mit Kiew aushandeln, das die Lieferung Seltener Erden an die USA garantiere – im Gegenzug würden die USA ihre Militärhilfe aufrechterhalten.

„Es wäre sehr egoistisch, sehr selbstbezogen, wenn man sagt, wir verwenden das Geld, um die Unterstützung bei der Verteidigung zu finanzieren“, konterte Scholz die Worte aus Washington. Nach seiner persönlichen Auffassung müssten die Ressourcen der Ukraine genutzt werden, um all das zu finanzieren, was nach dem Krieg erforderlich sei – etwa den Wiederaufbau und eine starke ukrainische Armee, erklärte Scholz.

Ukraine hatte Deal um Seltene Erden selbst ins Spiel gebracht

Trump hatte ausgeführt, er wolle die Seltenen Erden als „Sicherheit“. Seltene Erden sind Metalle, die für die Herstellung von Smartphones, Elektroautos und anderen High-Tech-Produkten benötigt werden. Zuvor hatte sich der US-Präsident wiederholt ablehnend über die an Kiew geleisteten Milliardenhilfen geäußert.

Kiew reagierte zunächst nicht auf den Vorstoß von Trump, Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte einen derartigen Deal allerdings bereits in einem im vergangenen Oktober vorgestellten „Siegesplan“ umrissen. Nach einem Bericht der „New York Times“ aus dem Dezember soll Kiew eine Einigung mit den USA über die Seltenen Erden bewusst bis nach Trumps Amtsantritt verschoben haben, damit Trump sich für einen möglichen Deal feiern könne.

„Ich weiß, dass die Ukraine gerne bereit dazu ist“

„Ich weiß, dass die Ukraine gerne bereit dazu ist – es gibt also einen Handel“, kommentierte Tymofij Mylowanow, ukrainischer Ökonom und ehemaliger Minister für Wirtschaftsentwicklung, den Vorstoß aus den USA entsprechend. „Putin hingegen kann Trump nichts bieten, außer Schmeicheleien und bösem Willen, und Trump weiß das“, fügte Mylowanow an.

Vielfach kam aus der Ukraine angesichts der Pläne Trumps jedoch auch der Hinweis darauf, dass sich der Großteil der Seltenen Erden in den von Russland besetzten Gebieten in der Ostukraine befindet. Das Territorium müsste also zunächst befreit werden, bevor an den Abbau der Rohstoffe zu denken wäre.

Donald Trump: Noch kein konkreter Plan für Frieden in der Ukraine

Unter Trumps Vorgänger Joe Biden waren die USA der wichtigste Unterstützer für die Ukraine im Kampf gegen den seit fast drei Jahren andauernden russischen Angriffskrieg. Trump sagte am Sonntag, die US-Regierung plane „Treffen und Diskussionen mit verschiedenen Akteuren, darunter Russland und die Ukraine“. Er denke, „dass diese Diskussionen ziemlich gut laufen“, fügte der US-Präsident hinzu.

Wolodymyr Selenskyj im Gespräch mit Donald Trump. Der ukrainische Präsident besuchte die USA zuletzt vor den Wahlen im November.

Wolodymyr Selenskyj im Gespräch mit Donald Trump. Der ukrainische Präsident besuchte die USA zuletzt vor den Wahlen im November.

Vor seinem Amtsantritt am 20. Januar hatte Trump angekündigt, den Ukraine-Krieg unmittelbar nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus beenden zu wollen. Nach seiner Vereidigung drohte er Moskau mit verschärften Sanktionen und Zöllen, sollte es nicht bald zu einem Ende des Krieges in der Ukraine kommen. Einen erkennbaren Plan, wie Frieden in der Ukraine und eine dauerhafte Lösung erreicht werden soll, hat der US-Präsident unterdessen offenbar noch nicht.

Neuwahlen in der Ukraine: US-Vorstoß sorgt für Freude in Moskau

Am Wochenende hatten Überlegungen seines Sonderbeauftragten Keith Kellogg für scharfe Kritik und reichlich Wirbel gesorgt, da Kellogg laut über Neuwahlen in der Ukraine nachgedacht hatte. Trumps Sonderbeauftragter griff damit eine Forderung von Wladimir Putin auf. Der Kremlchef ist selbst nur durch Scheinwahlen im Amt, während Selenskyj demokratisch gewählt wurde. Gemäß der Verfassung der Ukraine sind keine Wahlen vorgesehen, solange das Kriegsrecht gilt.

In Moskau herrschte angesichts der Überlegungen in Washington offene Freude. Putin lobte Trump öffentlich – und verhöhnte die europäischen Regierungschefs, die nun bei einem Rohstoffdeal zwischen der Ukraine und den USA leer ausgehen könnten. „Bald werden sie ihrem Herrn zu Füßen liegen und sanft mit dem Schwanz winken“, hatte Putin über Europas Beziehung zu Trump gesagt.

In Brüssel scheint man das anders zu sehen. „Wenn wir gezielt unfair oder willkürlich behandelt werden, wird die Europäische Union entschieden reagieren“, kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Nacht zum Dienstag nach einem Spitzentreffen mit den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten an. „Wir sind vorbereitet“, fügte sie an. (mit dpa)