Kerpen/Nörvenich – Die Auszeichnung, die zehn Jahre unfallfreien Flugbetrieb des Taktischen Luftwaffengeschwaders 31 „Boelcke“ dokumentiert, liegt drei Jahre zurück. Nun steht der Zähler wieder auf Null. Eine Zäsur sieht Kommodore Andreas Hoppe in dem Unfall aber nicht. In der Vergangenheit, zu Zeiten des Tornado, habe es weit schlimmere Unglücke gegeben, sagt er. Die Konsequenz für ihn aus dem aktuellen Fall, bei dem zwei zivile Piloten zu Tode kamen: „Das zeigt, dass wir uns jederzeit professionell mit unserer Tätigkeit auseinandersetzen müssen“, erklärt Hoppe. Die Stimmung auf dem Fliegerhorst charakterisiert er als bedrückt.
Zwei erfahrene Piloten im Eurofighter
Es seien mit die beiden erfahrensten Piloten des Standorts gewesen, die am frühen Montagnachmittag – laut Kommando Luftwaffe geschah der Unfall um 14.40 Uhr – in der Luft waren, um zusammen mit dem zivilen Learjet der Gesellschaft für Flugzieldarstellung (GFD) den Einsatz der Alarmrotte zur Sicherung des Deutschen Luftraums zu üben.
Allein auf dem Eurofighter habe der Lenker des beschädigten Kampfjets mehr als 600 Flugstunden absolviert, der andere rund 700. Mit anderen Waffensystemen komme jeder auf über 1000 Stunden in der Luft. Für Hoppe ist die Schuldfrage klar: „Der Learjet hätte Abstand halten müssen.“ Welches Flugzeug das andere berührt habe, müssten die Ermittlungen der Bundesanstalt für Flugunfalluntersuchung noch zeigen. In acht Wochen werde das Ergebnis publiziert, sagt Johann Reuß von der Bundesanstalt.
Zunächst sei die Übung nach einem „lange etablierten Verfahren“, der zahlreiche Vorbesprechungen vorangegangen seien, „wie aus dem Lehrbuch“ verlaufen. Der Learjet firmierte als ein unidentifiziertes Flugzeug in Not ohne Funkkontakt, das von den Eurofightern zu einem Flughafen hätte gelotst werden sollen. Dafür setze sich laut Regelwerk ein Kampfjet links neben das Flugzeug, während der andere in zwei Kilometern Abstand folge, schildert Hoppe.
Als Zeichen, ihm zu folgen, wackele der vordere Eurofighter dann mit den Tragflächen, beschreibe standardmäßig eine Linkskurve und setze sich vor das Flugzeug. Bei dieser Linkskurve, bei der es der zivilen Maschine laut Ablaufprozedur obliege, Abstand zu halten, hätten sich die Jets touchiert. Vorher seien sie problemlos minutenlang nebeneinander hergeflogen, berichtet Oberst Hoppe. Der Eurofighter sei an der rechten Unterseite beschädigt worden, woraufhin er einen Tank verloren habe, sowie an der Schubdüse des rechten Triebwerks.
Kampfflugzeug schwer beschädigt
Dass der Pilot, der von seinem Kollegen verbal und bei der Navigation unterstützt worden sei, überhaupt sicher auf dem Nörvenicher Fliegerhorst habe landen können, sei Ergebnis der jahrelangen Ausbildung. Die Maschine sei ziemlich schwer beschädigt. „Ich bin stolz auf die beiden“, betont Hoppe. „Der Eurofighter sieht gefleddert aus.“ Der Pilot, der an dem Unfall beteiligt war, sei mitgenommen, aber stabil, so der Kommodore. Noch am Montag sei eine Fliegerpsychologin zur Betreuung angereist. „Es werden noch emotional harte Tage für ihn kommen.“ Dass die Staatsanwaltschaft ermittelt, sieht Hoppe als selbstverständlich an. Das sei auch bei jedem Autounfall mit Personenschaden der Fall, betont er.