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Polizeichef Rhein-Erft„Betrüger haben Messenger-Dienste für sich entdeckt“

Lesezeit 4 Minuten
Roland Küpper bei einem Pressetermin.

Roland Küpper zieht Bilanz: Welche Delikte fordern besonders heraus und wie geht es 2023 bei der Polizei weiter? (Archivbild)

Der Rhein-Erft-Kreis hat mit steigenden Betrugsfällen zu kämpfen, zum Beispiel bei WhatsApp. Viele Opfer werden um ihre Altersvorsorge gebracht.

Seit 2015 ist der Leitende Polizeidirektor Roland Küpper Abteilungsleiter der Polizei im Rhein-Erft-Kreis und somit zuständig für etwa 700 Mitarbeiter. Im Interview spricht er mit Udo Beißel über die neuen Anforderungen der Polizei, Betrügereien zulasten älterer Menschen und darüber, welche Auswirkungen der Krieg auf den Rhein-Erft-Kreis hat.

Herr Küpper, ein außergewöhnliches Jahr, geprägt durch den Angriffskrieg auf die Ukraine, Corona und steigende Inflation sowie extrem hohe Energiekosten geht zu Ende. Wie war das Jahr aus Sicht des dienstranghöchsten Polizisten im Rhein-Erft-Kreis?

Roland Küpper: Das Jahr 2022 hat auch die Polizei im Rhein-Erft-Kreis vor besondere Herausforderungen gestellt. Aber trotz der hohen Zahlen der Covid-19-Infektionen blieb die Polizei in allen Bereichen uneingeschränkt handlungsfähig. Der Konflikt in der Ukraine bestürzt uns natürlich genauso wie die Bürgerinnen und Bürger. Dieser Krieg hat nicht nur viele Ukrainerinnen und Ukrainer zu Flüchtlingen gemacht, sondern auch Sorgen und Ängste bei den Menschen im Rhein-Erft-Kreis geschürt.

Auch für uns als Polizei war das Eintreten solcher Szenarien lange undenkbar. Umso wichtiger ist es, dass wir den Menschen, die Hilfe benötigen, zur Seite stehen und neue Konzepte entwickeln. Das ist zum Beispiel bei Themen wie einer gravierenden Energiemangellage und einem flächendeckenden Blackout wichtig. Unser Ziel ist es, für die Bürgerinnen und Bürger in allen Situationen flächendeckend und rund um die Uhr einsatzfähig zu sein.

Die Bürgerinnen und Bürger haben weniger Geld in der Tasche. In welchen Bereichen merkt das die Polizei? Ist die Zahl der Straftaten gestiegen?

Im Vergleich zu den letzten beiden Jahren war unsere Arbeit wieder weniger durch die Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Lockdowns geprägt. Manche Deliktsfelder und das Vorgehen von Straftätern haben sich aber auch gerade durch die eingeschränkten Möglichkeiten während der Pandemie weiterentwickelt. So haben Betrüger Messenger-Dienste für sich entdeckt und damit steigende Fallzahlen im Bereich der Vermögensdelikte hervorgerufen. Bisher sind auch die Tendenzen im Bereich des Warenkreditbetrugs und der Tankbetrugsdelikte steigend.

Welche Bereiche bereiten Ihnen aus polizeilicher Sicht am meisten Kopfzerbrechen?

Immer wieder bestürzt mich, dass Betrügerinnen und Betrüger mit Maschen wie den falschen Amtsträgern oder dem sogenannten Enkeltrick erfolgreich sind und so Bargeld und Schmuck erbeuten. Mit Schockanrufen verängstigen die Täter ihre Opfer und erbeuten so über Jahre angesparte Vermögenswerte, die zum Teil als Altersvorsorge dienen sollten. Neuerdings senden die Täter auch Nachrichten über Messenger-Dienste, sodass Eltern oder Großeltern Überweisungen tätigen, die schlussendlich nicht den eigenen Verwandten zugute kommen.

Der Polizeietat des Landes NRW wächst nominal um 4,2 Prozent. Bei einer Inflationsrate von etwa 10 Prozent wird Ihre Behörde 2023 aber real mit weniger Geld auskommen müssen. In welchen Bereichen muss die Polizei im Rhein-Erft-Kreis sparen?

Die Landesregierung hat in den letzten Jahren sehr viel in die Polizei NRW investiert. Neben Bodycams, ballistischen Schutzhelmen und neuen schusssicheren Westen hat das Land für fast jeden Mitarbeitenden ein Smartphone angeschafft. Diese ermöglichen nicht nur Abfragen in polizeilichen Systemen, sondern auch die datensichere Kommunikation untereinander. Einer der wichtigsten Punkte ist aber sicherlich die Personalsituation.

Durch die erhöhten Einstellungszahlen in den vergangenen Jahren gleichen wir die Pensionierungen aus. Damit können wir wie gehabt alle Einsatzsituationen gut bestreiten. Besonders positiv stimmt mich allerdings die Umsetzung der notwendigen Bauprojekte für die Polizei in unserem Kreis. Ich verspreche mir durch den Einzug in unsere Neubauten in Erftstadt, Brühl und Bergheim ein Einsparpotenzial an Energie, was in der heutigen Zeit immer wichtiger wird. In den neuen Gebäuden wird modernste Technik verbaut, die es möglich macht, Energie effektiver zu nutzen.

Hervorzuheben ist auch der Vorteil, dass viele Dienststellen enger beieinander liegen und so die bislang notwendigen Kurierfahrten wegfallen. In den neuen Dienstgebäuden entstehen hochmoderne Arbeitsplätze, die dem Stand der Zeit entsprechen.

Sie sprachen den Neubau der Wache in Bergheim an. 430 Bedienstete werden dort demnächst einen neuen Arbeitsplatz haben. Wie sieht der Baufortschritt aus?

Derzeit liegt der Baufortschritt absolut im Zeitplan. Dank der vorausschauenden Planung der Investoren und eines leistungsfähigen Bauträgers haben wir trotz der Lieferengpässe mancher Baustoffe zum Beispiel in Bergheim bisher keine Verzögerungen zu verzeichnen. Das Zentralgebäude in Bergheim steht uns nach Einbau der Polizeitechnik im vierten Quartal 2023 zur Verfügung.