Der damals 20-Jährige hatte einen 44-jährigen Mitinsassen sterbend in dem Autowrack zurückgelassen. Ein 13-Jähriger war schwer verletzt worden.
20-Jähriger ließ sterbenden Beifahrer zurückRichter verhängen Bewährungsstrafe nach tödlichem Unfall in Hürth
Zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und acht Monaten, ausgesetzt zu drei Jahren auf Bewährung, hat das Amtsgericht Köln den Mann verurteilt, der am 28. April 2023 den Tod eines 44-jährigen Beifahrers und die schweren Verletzungen seines 13-jährigen Neffen an der Kreuzung Bonnstraße/Schmittenstraße im Hürther Stadtteil Fischenich verschuldet hat.
Das Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Dr. Gabriele Schotten gab dem Verurteilten darüber hinaus auf, monatlich 30 Sozialstunden abzuleisten, bis zur Aufnahme einer festen Arbeit, eines Praktikums oder eines Schulbesuchs, um einen Abschluss nachzuholen.
Bremsen an dem Unfallwagen waren defekt
Das Gericht sah den Tatvorwurf der fahrlässigen Tötung, Körperverletzung, Unfallflucht und des Fahrens ohne Führerschein erwiesen. „Sie sind moralisch und strafrechtlich verantwortlich, und wir sehen die Schwere der Schuld gegeben“, begründete die Vorsitzende das Urteil nach Jugendstrafrecht, da der 2002 geborene Angeklagte zum Tatzeitpunkt als Heranwachsender galt.
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Ihm müsse klar gewesen sein, dass das im Internet für wenige hundert Euro gekaufte Auto, das er selbst umgehend über Kleinanzeigen für 2700 Euro anbot, Schrott gewesen sei. Spätestens, als ein sachkundiger Interessent ihm das nach einer computergestützten Prüfung der Technik mitteilte.
Trotz defekter Bremsanlagen und weiterer Mängel habe er mit dem nächsten potenziellen Käufer eine Probefahrt von seinem Wohnort Meschenich Richtung Hürth unternommen, bei der er am Steuer saß. Der Bitte des 44-jährigen Interessenten, die Geschwindigkeit von mindestens 78 Stundenkilometern in der Tempo-30-Zone zu drosseln, soll er nicht nachgekommen sein.
An der Kreuzung Schmittenstraße misslang dann auf regennasser Fahrbahn eine Vollbremsung, als eine Autofahrerin die Vorfahrt nahm. Der Saab prallte gegen einen Ampelmast. Ohne sich um die beiden Insassen zu kümmern, befreite sich der damals 20-Jährige aus dem Wrack. Zwei Personen, die nicht ermittelt werden konnten, holten den Unfallfahrer ab und brachten den selbst stark Verletzten in die Notaufnahme in Düren. Dort gab er an, am Bahnhof zusammengeschlagen worden zu sein.
Auf dem Gerichtsflur drohte die Situation zu eskalieren
Der 44-jährige Beifahrer verstarb noch am Unfallort, sein 13-jähriger Neffe, der auf der Rückbank saß, leidet bis heute körperlich und seelisch an den Folgen. Verteidiger und Nebenklage-Vertreter lieferten sich zeitweise so heftige Wortgefechte um die Präsentation weiterer Einzelheiten der schnell aufgeklärten Tat, dass die Vorsitzende eine Pause anberaumte.
Auf dem Flur des Gerichtsgebäudes drohte die Situation zwischen den Familien des Angeklagten, der sich auf freiem Fuß befindet, und den Hinterbliebenen zu eskalieren. Immer wieder rief eine Schwester des Getöteten: „Sein neunjähriger Sohn muss jetzt ohne Vater aufwachsen!“
Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht wurden sich schnell einig über das tat- und schuldangemessene Strafmaß. Sie hielten dem Angeklagten unter anderem zugute, dass er bisher keinen Eintrag im Bundeszentralregister hat und keine schädlichen Neigungen zeigte. Daher könne der Erziehungsgedanke bei der Bestrafung im Vordergrund stehen. Von dem persönlichen Eindruck in der Hauptverhandlung, er bereue seine Tat nicht ernsthaft, mochte sich das Gericht nicht leiten lassen.