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„Entscheidung des Monats“Unfall wegen Glätte – Unternehmen in Frechen zu Schadenersatz verurteilt

Lesezeit 3 Minuten
Auf dem Bild sind Streufahrzeuge zu sehen

Streufahrzeuge sind aktuell auf den Bauhöfen bereit für den Winterdienst.

Das Unternehmen in Frechen hatte eine Servicefirma zur Räumung verpflichtet. Dennoch trägt das Unternehmen Schuld, sagt das Landgericht Köln.

Zwölfmal im Jahr wählt das Landgericht in Köln einen besonders interessanten zivilen Rechtsstreit aus und publiziert ihn als „Entscheidung des Monats“. Im Dezember ergatterte den Titel ein Fall, der sich auf einem Betriebsgelände in Frechen ereignete und aufgrund des Kälteeinbruchs zurzeit besonders spannend ist. Er dreht sich um die Frage: „Hafte ich, wenn auf meinem Grundstück wegen Glätte ein Dritter verunglückt?“

Das Landgericht entschied in dem Fall aus Frechen, dass dem Geschädigten ein Anspruch auf Schadenersatz zustehen kann, auch wenn derjenige, der die Pflicht zum Räumen und Streuen hatte, diese durch einen Vertrag auf eine Fachfirma übertragen hat, sie aber erkennbar nicht für den Winterdienst ausrückt.

Plötzlicher Kälteeinbruch

Der Hintergrund: In einer Nacht im Dezember 2022 vereiste aufgrund eines plötzlichen Kälteeinbruchs das Betriebsgelände einer Firma an der Europaallee, die mit Waren handelt. Für dieses Grundstück hatte das Unternehmen die Räum- und Streupflicht per Vertrag auf eine Gebäudereinigungsfirma übertragen.

Wenige Minuten nach Mitternacht fuhr ein Mitarbeiter eines anderen Unternehmens mit einem Gespann aus Lastkraftwagen und Auflieger auf das Gelände, um dort sein Fahrzeug be- und entladen zu lassen. Der Fahrer verlor dabei die Kontrolle über seinen Lkw und rutschte damit gegen eine der Wechselbrücken. An der Zugmaschine und am Auflieger entstand laut Gericht ein Schaden im unteren fünfstelligen Bereich. Die geschädigte Firma ließ den Schaden zum Teil über ihre Kaskoversicherung regulieren und schickte dem Frechener Unternehmen über einen Anwalt Zahlungsaufforderungen, denen aber nicht nachgekommen wurde.

Daraufhin wurde beim Landgericht Köln eine Klage auf Zahlung von Schadenersatz und Zinsen, angefallenen Rechtsanwaltskosten sowie auf Feststellung einer weiteren Schadensersatzverpflichtung erhoben. Dieser gab das Landgericht im vollen Umfang statt.

Das Unternehmen hätte selbst tätig werden müssen

Das Gericht führte in seiner Entscheidung aus, dass die Frechener Firma ihre Verkehrssicherungspflicht fahrlässig verletzt habe, indem sie trotz der seit 22.30 Uhr erkannten Untätigkeit der beauftragten Servicefirma nichts unternommen habe. Dies sei ursächlich für den Schaden, ein Mitverschulden der Klägerin sei nicht erwiesen.

Nach Auffassung des Gerichts hätte das Unternehmen die Gebäudereinigungsfirma nicht bloß mahnen, sondern selbst tätig werden müssen. Auch wenn die Beklagte nicht selbst habe streuen können, hätte sie einen Warnhinweis an der Einfahrt des Geländes anbringen können, so das Gericht.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig

Auch der Hinweis, dies sei eine unzumutbare Gefahr für die eigenen Mitarbeiter gewesen, überzeugte das Gericht nicht – ein Fußgänger, der von Glätte gewusst hätte, hätte sich mit Vorsicht unfallfrei über das Gelände bewegen können, um ein Schild anzubringen. Zudem hätten die Lieferanten telefonisch darauf hingewiesen werden können, dass sich die Fahrer besonders aufmerksam und vorsichtig bewegen sollen. Abschließend führt die Kammer aus, dass der Beklagten ein Fehlverhalten des mit dem Winterdienst beauftragten Unternehmens zuzurechnen sei.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, die beklagte Firma kann Berufung einlegen. Die Entscheidung kann in Kürze unter dem Aktenzeichen 150169/23 im Internet abgerufen werden. www.nrwe.de