Erftstadt – Es klingt wie ein Sechser im Lotto. Zwar ist noch nichts besiegelt, aber alles deutet darauf hin, dass Erftstadt in wenigen Jahren zum Hochschulstandort wird.
Die Technische Hochschule (TH) Köln will im dortigen Stadtteil Liblar nach Gummersbach und dem im Bau befindlichen Standort Leverkusen einen dritten Campus aufbauen. Aus Kreisen der Erftstädter Politik verlautete, dass günstigstenfalls bereits in fünf Jahren das Projekt realisiert sein könnte. 2000 Menschen, so heißt es, könnten dann in der 50000 Einwohner zählenden Stadt am westlichen Rand der Ville einem Studium nachgehen und sich mit den Themenbereichen Raumentwicklung, Infrastruktursysteme und Geoinformatik befassen. Wirtschaftliche Impulse, eine Stärkung der Verkehrsinfrastruktur und ein gesteigertes Renommee der Kommune wären absehbar.
Chance und Herausforderung
„Das wäre ein Glücksfall und ein Quantensprung“, erklärt Bernd Bohlen, Vorsitzender der SPD im Erftstädter Rat. FDP-Fraktionschef Dr. Hans-Eduard Hille verspricht sich ebenfalls wichtige Impulse für die gesamte Stadt. „Die Realisierung dieses Projektes werden wir konstruktiv begleiten und unterstützen“, sagt er. Raymond Pieper (Freie Wähler) blickt bereits voraus: „Das ist eine tolle Chance und gleichzeitig eine Herausforderung. Die Zahlen reichen von 2000 bis zu 5000 Menschen, die am Campus studieren könnten. Diese Institution darf aber kein Fremdkörper werden. Wir müssen Mitarbeiter und Studenten möglichst intensiv in Erftstadt integrieren.“
Pieper war wie die übrigen Fraktionsvorsitzenden Ende September in einer vertraulichen Konferenz von Vertretern der TH, Landrat Michael Kreuzberg und Bürgermeister Volker Erner über die Planung informiert worden.
Hochschulgremien müssen zustimmen
Anschließend herrschte wie vereinbart Stillschweigen, bis schließlich am Montagabend die Fraktionen in Kenntnis gesetzt wurden. „Daran, dass zuvor nichts durchgesickert ist, sieht man, wie ernst alle dieses Projekt nehmen“, erklärt Pieper. „Es muss uns weiterhin gelingen, an einem Strang zu ziehen“, meint sein Ratskollege Bohlen. Marion Sand, Fraktionsvorsitzende der Grünen, hält das ebenfalls für nötig, schließlich sei noch nichts entschieden.
In der Tat müssen zunächst die Hochschulgremien in der kommenden Woche dem Projekt zustimmen. Und das Land Nordrhein-Westfalen müsste das Gesamtinvestitionsvolumen von einem zweistelligen Millionenbetrag bezuschussen. In Erftstadt, das für die Erschließung verantwortlich wäre, könnten nach Ansicht des CDU-Ratsmitglieds Michael Schmalen schnell die Weichen gestellt werden. „Wenn alle mitziehen, könnten man in zwölf Monaten Baurecht schaffen“, meint er.
Hindernisse schnell beseitigen
Der politische Wille, Hindernisse schnell zu beseitigen, eint die Parteien im Stadtrat. Marion Sand bezeichnete die Vorstellung eines Hochschulstandortes in Erftstadt als fantastisch. „Etwas Besseres kann uns nicht passieren.“ Sie erhofft sich unter anderem eine Stärkung des ÖPNV in Liblar.
Tatsächlich hat der bereits bestehende Bahnanschluss im Stadtteil Liblar eine Rolle in den Überlegungen gespielt. „Das war offenbar eine Grundvoraussetzung“, erklärte Pieper. Die dort haltenden Regionalzüge verbinden Köln mit dem Süden des Rhein-Erft-Kreises und mit der Eifel. Das Areal, das zum Standort werden soll, liegt dann auch nur wenige Meter vom Bahnhalt entfernt: Es befindet sich westlich des Schlunkwegs und südlich der Waldorfschule.
Bürgermeister unterstütz Vorhaben
Wie groß die Fläche tatsächlich sein muss beziehungsweise welche Reserven möglicherweise bereitgehalten werden müssen, ist offenbar noch unklar. „Außerdem gibt es sicherlich noch viele andere Details zu klären“, sagt Alfred Zerres, Vorsitzender der CDU im Stadtrat, „aber es ist eine wunderbare Chance, daher wäre es sicher sinnvoll eine Stabsstelle in der Verwaltung einzurichten, die alles koordiniert.“
Bürgermeister Erner, der vor einigen Wochen durch den Landrat und den geschäftsführenden Vorstand der Region Köln/Bonn, Dr. Reimar Molitor, von dem Projekt informiert worden war, versprach, alles Mögliche zu unternehmen, um eine Realisierung zu unterstützen. „Wir stehen hundertprozentig zu diesem Vorhaben und dass ich mich als Bürgermeister über einen Hochschulstandort Erftstadt ungemein freuen würde, liegt auf der Hand.“