Erftstadt-Liblar – Das scheint der Mix fürs Lebensglück zu sein: Lachen, singen, positive Lebenseinstellung. Wer in das strahlende Gesicht von Katharina (genannt Käthe) Morawietz blickt, weiß, was Sache ist. Am 31. Januar feiert die Dame ihren 104. Geburtstag. „Dabei fühle ich mich gar nicht alt. Ich könnte noch über Tische und Stühle springen“, sagt sie glatt. Leider spielen die Hüften nicht mit, beide wurden erneuert. Das war’s aber auch schon mit Krankenhausgeschichten. „Richtig krank war ich eigentlich nie. Ist doch toll, oder?“, sagt sie.
In ihrem hübschen, 1906 erbauten Backsteinhaus am Schlunkweg in Oberliblar wohnt sie eine gefühlte Ewigkeit. Von einer Werkswohnung der Grube Donatus zog sie damals mit der Familie hierhin um. „Weit und breit stand hier damals kein Haus. Dafür gab es in Sichtweite einen großen Garten mit Pflanzen und Tieren.“
Acht Jahre besuchte sie die Volksschule, es folgten Lehrjahre bei den Ursulinen in Brühl. Sie besuchte eine Haushaltsschule. „In stets passender Kleidung hatten wir zu erscheinen. Eine Woche ging es ums Waschen, dann ums Bügeln und schließlich um die Handarbeit.“ Käthe Morawietz’ Heimweh während dieser Jahre war groß. „Doch die Vorschriften waren streng. Nach Hause durfte ich nur in den Ferien.“
Die Kenntnisse kamen ihr im Leben rasch zugute. Nach ihrer Ausbildung war sie für den Haushalt der Familie Kau, die in Liblar ein Textilgeschäft und Möbellage führte, verantwortlich. Die Kochkünste von Morawietz waren nicht nur bei Kaus geschätzt. „30 Jahre habe ich auf allen möglichen Kommunionsfeiern und Hochzeiten gekocht“, erinnert die Oberliblarerin sich.
Katharina Morawietz war Maikönigin 1936
1936 war sie Maikönigin und wurde in ihrem Amt ersteigert von Paul, dem späteren Ehegatten. Zwei Jahre darauf wurde in St. Alban geheiratet. Im Abstand von jeweils sechs Jahren kamen die Söhne Edo, Manfred und Bruno zur Welt. Zur Familie gesellten sich später die Enkel Melanie und Sven, schließlich auch der Urenkel Lea. Die Lebensjahre der Jubilarin waren hinfort erfüllt mit den Herausforderungen einer dreifachen Mutter.
Schilderungen aus ihrem Leben sind Ausflüge in die Ortsgeschichte. Luise Winterschladen, der ein Anwesen im Altdorf gehörte (früher Clarissenkloster), pflegte immer zum und vom Bahnhof mit der Kutsche zu fahren. „Also schwangen wir Kinder uns auf die Stange hinter den Rücksitzen der Kutsche und sprangen ab, wenn wir in der Nähe unseres Zuhauses waren. Beim Absprung holten wir uns leider so manche Schrammen“, erinnert Morawietz sich.
Ihr Vater Johann war Schuhmacher, er fertigte auch für die gräfliche Familie Metternich zu Grachtan. Der Kontakt zu den Adeligen zahlte sich gerade in den schlimmen Kriegsjahren aus. „Von der Rentei wurde uns Essen gebracht, Schinken, Weizen und ein Sack Kartoffeln.“
Seit etlichen Jahren lebt Katharina Morawietz im elterlichen Haus zusammen mit ihrem Sohn Manfred und Schwägerin Rita. Die beiden wohnen im Erdgeschoss, die Dame im ersten Stock. Täglich steigt sie die Treppen rauf und runter. „Das hält fit“, sagt sie. Einmal pro Woche kocht sie für ihren Sohn Edo, der in der Nachbarschaft wohnt. „Im Fernsehen gucke ich mir Kochsendungen an und hole mir immer neue Anregungen.“
Als Stimmungsrakete im Karneval ist Katharina Morawietz vielen Bürgern bekannt. Viele Jahre war sie für die Frauengemeinschaft in die Bütt gestiegen. Noch heute ist ihr Repertoire an Liedern, die sie melodie- und textsicher beherrscht, beachtlich. Bei schönem Wetter dreht sie mit ihrem Rollator eine Runde im Ort; mit Fernsehen, Tageszeitung und Klatschblättern hält sie sich auf dem Laufenden. Ihr geliebtes Liblar mag sie mit keinem Ort der Welt tauschen. „Es sollte aber etwas sauberer sein.“
Zum Geburtstag und die Zukunft wünscht sie sich weiter Freude und Gesundheit. „Ansonsten brauch ich nichts. Die Schränke sind voll mit Porzellan und Klamotten.“