„Ungewarnt in die Katastrophe geschliddert“Blessemer machen Behörden schwere Vorwürfe
Erftstadt-Blessem – „Wir sind ungewarnt in die Katastrophe geschliddert. Bei frühzeitiger Information hätte erheblicher Schaden vermieden werden können.“ Das schreiben Doris und Günter Steingass. Das Ehepaar wohnt in Blessem am Elisabethenweg, nur durch den Radweg von der Erft getrennt. Erst am Freitag habe sie einen Polizisten auf der Straße getroffen und angesprochen, berichtet Doris Steingass. Er habe sie aufgefordert, mit allen Mitbewohnern das Haus zu verlassen, sonst würden sie zwangsevakuiert.
Bis zu diesem Moment hatten die Eheleute und ihre Mieter die Lage entspannt gesehen. Zwar sei in der Nacht zu Donnerstag, 15. Juli, der Strom ausgefallen. Vormittags hätten sie dann auf einem Lagerfeuer im Hof Kaffee gekocht. Weil das Wasser stieg, hätten sie dafür gesorgt, dass sich niemand im Erdgeschoss aufhielt. Am Nachmittag hätten sie noch im Hof gegrillt. „Wir waren uns zu keiner Zeit bewusst, dass die Lage so ernst war. Von der Flutwelle haben wir nichts mitbekommen.“ Es sei später keine Feuerwehr in den Elisabethenweg gekommen, sondern Bundeswehr. Diese Einsatzkräfte hätten von einer freiwilligen Evakuierung gesprochen.
Erftstadt: Feuerwehr bricht Tür trotz Formular auf
Als sie dann am Freitagmorgen Hals über Kopf Blessem verließen, hätten sie sowohl in der Notunterkunft als auch bei einem Polizisten Formulare ausgefüllt, dass ihre beiden Häuser nun leer seien. Trotzdem habe die Feuerwehr später die Türen aufgebrochen, um sicherzustellen, dass sich niemand mehr in den Räumen befunden habe.
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Kreisbrandmeister Peter Fenkl spricht derweil in einer Pressemitteilung allen Einsatzkräften „höchste Anerkennung“ aus. Im Zusammenhang mit dem Hochwasser habe es mehr als 3300 Einsätze gegeben, mehr als 500 Menschen und etwa ebenso viele Tiere seien gerettet worden. In den ersten 48 Stunden seien mehr als 8000 Notrufe in der Kreisleitstelle eingegangen, normal seien bis zu 350 in 24 Stunden. Allein in Erftstadt seien 1500 Einsätze zu bearbeiten gewesen, zu Spitzenzeiten seien dort 1200 Leute gleichzeitig im Einsatz gewesen.
Fenkl: „Die Aufarbeitung wird uns noch einige Zeit beschäftigen. Aber wir sind sicher, wir werden die richtigen Maßnahmen für uns ableiten und gemeinsam den Katastrophenschutz weiter verbessern.“