Zufällige ausgeloste Bürger sollen über konkrete Themen diskutieren und den Ratsleuten Handlungsempfehlungen geben.
Widerspruch aus der CDURot-Grün will mit Bürgerräten mehr Demokratie in Brühl wagen
Auf Bundesebene greift man schon seit einiger Zeit auf die Empfehlungen von Bürgerräten zurück. Zufällig ausgeloste Menschen diskutieren und geben Einschätzungen ab, damit die Abgeordneten „zu einer konkreten politischen Fragestellung eine direkte Rückmeldung aus der Mitte der Gesellschaft“ bekommen, heißt es auf der Seite des Deutschen Bundestags – es gehe um eine Rückmeldung „jenseits von Meinungsumfragen und Lobbyismus“.
Handlungsempfehlungen fließen dann in die parlamentarischen Beratungen ein, entschieden wird jedoch im Bundestag. Jüngst forderte ein Bürgerrat etwa eine Altersgrenze für Energydrinks und die Ausgabe eines kostenlosen Mittagessens für alle Kinder.
Das rot-grüne Ratsbündnis in Brühl würde dieses Zusammenspiel von Politik und Bevölkerung gerne auch auf kommunaler Ebene sehen. Am Montagabend im Stadtrat wird daher über einen „Antrag zur Aufnahme von gelosten Bürger:innenräten und digitalen Beteiligungsformaten“ gesprochen.
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Auslosung nach dem Zufallsprinzip, aber keine Teilnahmepflicht
Daniel Bunčić ist davon überzeugt, mit diesen Räten „breitere Bevölkerungsschichten aktivieren zu können“ und etwas gegen die „Politikverdrossenheit zu tun“. Schon heute gebe es Menschen, die sich gerne in die Politik einbrächten, so der stellvertretende Grünen-Fraktionschef, aber eben nicht aus allen Teilen der Bevölkerung.
„Die Erfahrung zeigt, dass in solchen Räten oftmals ein breiter Konsens gefunden wird, weil losgelöst von parteipolitischem Denken miteinander gesprochen wird“, sagt Bunčić. Die Teilnehmer würden – so die Vorstellung von Rot-Grün – nach dem Zufallsprinzip aus dem Kreis der gesamten Brühler Bevölkerung gelost und zu einer Teilnahme ermuntert. „Ich könnte mir vorstellen, dass dann etwa über die künftige Gestaltung von Belvedere oder Wicke-Gelände diskutiert wird“, so der Grünen-Ratsherr.
Erste positive Erfahrungen mit einem vergleichbaren Format habe man im November 2022 gesammelt. Damals sprachen 50 ausgeloste Brühler unter dem Titel „Bürgerdialog Mobilität 2035“ über die Zukunft der Mobilität. Nun strebe man regelmäßige Initiativen an, es gelte, mehr Demokratie zu wagen.
CDU-Fraktionschef Holger Köllejan beobachtet die Ambitionen mit Skepsis. „Wir haben eine stabile, funktionierende Demokratie, daran sollten wir nicht rütteln“, findet er. Es gebe gute Beteiligungsformate und eine große Offenheit der lokalen Politik für die Anliegen der Bürger. „Alle fünf Jahre gibt es Kommunalwahlen. Wenn wir keinen guten Job machen, werden wir abgewählt“, sagt er.
Auch frage er sich, wie man mit den Empfehlungen der Räte umgehen solle. „Wenn die Empfehlungen nicht bindend sind, macht auf Dauer doch keiner mit“, glaubt Köllejan. Und wie gewährleiste man die nötige Kompetenz der Teilnehmer, rätselt er. „Sollen die sich alle ins Baugesetzbuch einlesen?“, fragt der CDU-Ratsherr.
Auch Ratsherr Markus Hausmann, Bündnis Deutschland, sieht „entscheidende Schwachstellen, die einer echten direkten Demokratie zuwiderlaufen“. Die Besetzung der Bürgerräte wäre wohl kaum repräsentativ für die Bevölkerung. Sollte man auf digitale Formate zurückgreifen, würden vor allem auch ältere Mitbürger nicht ausreichend partizipieren. Darüber hinaus sei auch völlig unklar, wie kosteneffizient die Integration solcher Räte wären.
Bunčić bestätigt zwar, dass die Verwaltung mit der Betreuung eine weitere Aufgabe erhielte, die Moderation könne aber von spezialisierten Agenturen übernommen werden. Unsummen seien sicherlich dafür nicht nötig und der gesellschaftliche Gewinn sei deutlich höher zu bewerten.