Das Landgericht hat Prozess gegen Bergheimer Eltern, die ihre Tochter fast verhungern ließen, vertagt. Die Anwältin der beiden fehlte unentschuldigt.
RevisionProzess um fast verhungerte Alina aus Bergheim vertagt – Anwältin fehlte
Geplant war, die Einlassungen der beiden Angeklagten zu hören. Doch dann war erstmal Geduld gefragt beim Prozess gegen eine 27 Jahre alte Frau und ihren ehemaligen Lebenspartner (26) am Landgericht Köln. Das Paar hatte die Tochter der 27-Jährigen 2021 fast hätten verhungern lassen. Der zweite Verhandlungstag am Montag, der für 9.15 Uhr terminiert war, wurde zunächst wegen des unentschuldigten Fehlens der Verteidigerin des 26-Jährigen auf 10.30 Uhr vertagt.
Dann, als die Anwältin immer noch nicht erschienen war, hieß es, es solle um 12 Uhr verhandelt werden. Um 12.20 Uhr bekam die Protokollführerin in dem Verfahren den Auftrag, die beiden inhaftierten Angeklagten aus dem hauseigenen Gefängnis in den Saal vorführen zu lassen. Während die 27-Jährige neben ihrem Verteidiger Platz nahm, saß der 26-Jährige allein auf der Anklagebank.
Per Fax meldete sich die Anwältin krank
Der Vorsitzende Richter der 5. Großen Strafkammer am Landgericht, Peter Koerfers, unterrichtete Prozessbeteiligte und Publikum darüber, dass es dem Gericht nicht gelungen sei, Kontakt zu der Anwältin des 26-Jährigen aufzunehmen. Anrufe auf dem Festnetzanschluss ihres Büros träfen auf einen Anrufbeantworter. Eine mobile Nummer sei dem Gericht nicht bekannt. Auch auf der Homepage sei man diesbezüglich nicht fündig geworden, berichtete Koerfers.
Recherchen hätten aber ergeben, dass sich die Anwältin am frühen Montagmorgen krank und verhandlungsunfähig gemeldet habe – allerdings an die allgemeine Faxnummer des Gerichts. Bis von da etwas in der Geschäftsstelle einer Strafkammer ankommt, dauert es. Ein Attest habe die Anwältin nicht beigefügt, weshalb die Kammer das Fehlen zunächst auch weiter als unentschuldigt wertete.
Mädchen aus Bergheim war nur noch „Haut und Knochen“
Die Angeklagten waren im Mai 2021 vom Kölner Landgericht wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit Misshandlung einer Schutzbefohlenen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Als die Tochter im August 2021 vom Jugendamt in Obhut genommen und in ein Krankenhaus gebracht worden war, habe das damals fünf Jahre alte Mädchen bei einer Körpergröße von knapp einem Meter noch acht Kilogramm gewogen, heißt es in der Urteilsbegründung. Das Gericht sprach damals davon, das Mädchen sei nur noch „Haut und Knochen“ gewesen. Laut Urteil war das Mädchen von dem Paar in der gemeinsamen Wohnung in Bergheim in einem abgedunkelten und nicht belüfteten Zimmer „gehalten“ worden.
Der Mann, der nicht leiblicher Vater des Kindes ist, ist als Mittäter zu sieben Jahren, die Mutter zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist vom Bundesgerichtshof aber zum Teil aufgehoben und zur Neuverhandlung ans Landgericht zurückverwiesen worden. Zwar sah auch der BGH versuchten Mord durch „grausame Tatbegehung“ als erwiesen an. Eine Verdeckungsabsicht als zweites Mordmerkmal, die die ursprüngliche Kammer strafschärfend gewertet hatte, war für die Karlsruher Richter hingegen nicht zweifelsfrei erwiesen.
Der Prozess wird am 25. Oktober fortgesetzt. Dann sollen laut Planung der Kammer unter anderem die Angeklagten gehört werden.