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GedenkenWanderausstellung zeigt in Rösrath gestohlene Erinnerungen von NS-Opfern

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Elke Günzel, Dr. Anke Münster, Eva Cichy, Marina Wittka, Bondina Schulze stehen vor Ausstellung nebeneinander.

Die Ausstellung in einem Überseecontainer erzählt Geschichten von zehn NS-Verfolgten. Bei der Eröffnung trafen Elke Günzel, Anke Münster, Eva Cichy, Marina Wittka und Bondina Schulze zusammen (v.l.).

Bei ihrer Inhaftierung im Konzentrationslager mussten NS-Opfer alle persönlichen Gegenstände abgebe. Ausstellung soll an Verfolgte erinnern.

Taschen- und Armbanduhren, Ringe, Brieftaschen, Familienfotos, Kämme, Puderdosen oder auch Rasiermesser mussten Verfolgte des NS-Regimes bei ihrer Inhaftierung im Konzentrationslager abgeben. 2500 dieser Gegenstände sind über verschiedene Zwischenstationen zu den Arolsen Archives im hessischen Bad Arolsen gelangt, die sich für die Erinnerung an die NS-Opfer engagieren.

Die Wanderausstellung „#StolenMemory“, die nun auf dem Veurneplatz in Hoffnungsthal zu Gast ist, ist ein wichtiger Beitrag dazu. Sie zeigt einige Fotos von hinterlassenen Habseligkeiten von im KZ Inhaftierten und erzählt die Geschichten dazu. „Die Gegenstände machen die Geschichte greifbar“, sagte Anke Münster von den Arolsen Archives zum Start der Wanderausstellung, die bis 24. Oktober in einem aufklappbaren Übersee-Container auf dem Veurneplatz zu sehen ist.

Erinnerung an NS-Opfer soll aufrecht erhalten werden

Die Ausstellung ist auf Initiative des Geschichtsvereins nach Rösrath gekommen, Marina Wittka vom Geschichtsverein hat sich dafür eingesetzt. Das ist ein Beitrag zur Erinnerung und begleitet das in der nächsten Woche anstehende erstmalige Verlegen von Stolpersteinen, die auf Rösrather NS-Verfolgte hinweisen sollen.

Damit ist auch für eine hohe Aufmerksamkeit für die Ausstellung gesorgt. „Wir sind immer sehr froh, wenn wir an Standorte kommen, an die viele Menschen kommen“, sagte Münster vor zahlreichen Interessierten bei der Eröffnung.

Ausstellung ist auch im Ausland zu sehen

Insgesamt vier Ausstellungs-Container seien ständig im In- und Ausland unterwegs, berichtete sie — zurzeit seien zwei in Deutschland, zwei weitere in Frankreich und Polen. Die von den Arolsen Archives aufbewahrten persönlichen Gegenstände stammen von Menschen aus über 30 Ländern — als internationales Zentrum, das sich mit der NS-Verfolgung beschäftigt, bemühen sich die Arolsen Archives, die damit verbundenen Schicksale aufzuarbeiten.

„Es ist schon eine Detektivgeschichte an einigen Stellen“, sagte Münster, ein Netz von Freiwilligen sei an der Recherche beteiligt. Die meisten der aufbewahrten Gegenstände stammen aus dem KZ Neuengamme bei Hamburg und dem KZ Dachau bei München — in den Vernichtungslagern des NS-Regimes wurde die Habe der Ermordeten nicht aufbewahrt: Die Täter machten ihre Beute sofort zu Geld.

Tochter erzählt die Geschichte ihrer Mutter

Von Wieslawa Brzyś, die während des Warschauer Aufstands von 1944 ins KZ gebracht wurde, erzählt ein Bernsteinarmreif, der nun in der Ausstellung zu sehen ist. „Meine Mutter war eine schicke Frau, die Wert auf eine elegante Erscheinung legte“, berichtet ihre Tochter, die den Armreif und weitere Gegenstände von den Arolsen Archives zurückerhielt.

Auch Edmond Ameye, Hauptmann der belgischen Armee und später Mitglied einer Widerstandsgruppe, ist in der Ausstellung mit einigen persönlichen Habseligkeiten vertreten. Sein Enkel erfuhr dadurch mehr von seinem Großvater. Wie er berichtet, war der Tod des Großvaters in der Familie „lange Zeit ein Tabuthema, um keine alten Wunden aufzureißen“. Zu insgesamt zehn NS-Opfern gibt die Ausstellung persönliche Einblicke.

Von den drei Rösrathern Gustav Schiffbauer, Hermann Gohrke und Heinrich Klein, an die nun Stolpersteine erinnern sollen, sind bisher keine persönlichen Gegenstände aufgetaucht. „Schon die Rekonstruktion ihres Lebensweges war teilweise schwierig“, berichtete Eva Cichy, Vorsitzende des Geschichtsvereins, von der Recherche durch Marina Wittka. Sie dankte Wittka für ihr „Am-Ball-Bleiben“. Erfreut zeigte sich Cichy über das große Interesse von Rösrather Schulen, die die Ausstellung besuchen wollen.

Bürgermeisterin Bondina Schulze (Grüne) sagte, die Ausstellung erzähle „Geschichten, die uns berühren“. Sie zeigte sich dankbar, dass sie selbst in ihrer Schulzeit im Freiherr-vom-Stein-Gymnasium von ihrem Lehrer und Schulleiter Klaus-Dieter Gernert motiviert worden sei, sich mit den Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes auseinanderzusetzen.

Die Ausstellung „#StolenMemory“ ist bis Dienstag, 24. Oktober, täglich von 10 bis 17 Uhr auf dem Veurneplatz zu sehen (auch samstags und sonntags). Das öffentliche Verlegen von drei Stolpersteinen vor dem Rathaus erfolgt am Dienstag, 17. Oktober, 14.30 Uhr.