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Vergessene Orte in Rhein BergAn diesen Rösrather Bahnhof erinnern nur noch vage Spuren

Lesezeit 5 Minuten
Eine Gedenkplatte der Dörper Einigkeit erinnert an den Forsbacher Bahnhof, der einst mitten im Königsforst stand.

Eine Gedenkplatte der Dörper Einigkeit erinnert an den Forsbacher Bahnhof, der einst mitten im Königsforst stand.

Neue Serie geht fast vergessenen Orten auf den Grund. Zum Auftakt: ein alter Bahnhof im Königsforst.

Ein paar Schritte in den Wald, die Bahnhofslichtung ist hier noch im Blick. Das Laub knirscht unter den Schritten. Der Entdecker muss einige Zweige beiseiteschieben. Zwischen Eichen und Linden steht man plötzlich vor zwei kleinen Schächten aus grauem Beton. Einige Treppenstufen führen weiter nach unten. Fast sieht das Objekt aus wie ein in Vergessenheit geratener Bunker. Wer neugierig ins Innere hineinschaut, sieht Graffiti.

Die Relikte aus der Vergangenheit sind nicht ganz unbekannt bei manchen Zeitgenossen. Es sind die Überreste zweier Brunnen, die mitten im Wald liegen. Neben dem Bahnhofsgelände standen auch zwei Wohnhäuser. Sie sind mit dem alten Bahnhof untergegangen, und nur die älteren Forsbacher werden noch eine vage Erinnerung haben.

Die Bewohner der kleinen Siedlung hatten mit dem Bahnhof zu tun. Ihr Alltag richtete sich nach der Ankunft und Abfahrt der Züge. Früher war es üblich, dass die Mitarbeiter der Bahn direkt am Arbeitsplatz wohnten oder in Häuschen in kleinen Bahnsiedlungen. In Rösrath war dies ganz früher so am Pannensiefen, kurz vor dem Rösrather Bahnhof.

In Forsbach wohnten die Bahnbediensteten mit ihren Familien direkt an ihrem Einsatzort – mitten im Wald. Der Bahnhofsvorsteher betrieb auch eine kleine Gastwirtschaft. Niemand sollte durstig oder hungrig in den Abteilwagen steigen. Als am Forsbacher Bahnhof keine Züge mehr vorbeikamen, war es auch aus mit der kleinen Siedlung am Randes des Dorfes. Die Menschen zogen weg. Es entstand eine Wüstung. 1979 wurden die baufälligen Gebäude niedergelegt.

So sah der Forsbacher Bahnhof mit Güterschuppen (r.) zu seinen besten Zeiten aus.

So sah der Forsbacher Bahnhof mit Güterschuppen (r.) zu seinen besten Zeiten aus.

Heute packen hier die Spaziergänger ihre Butterbrote aus. Eine Rast auf der Lichtung tut gut, nach einer langen Wanderung im Königsforst. Die Sitzbänke um den großen Tisch sind immer gut belegt. Auch die Radfahrer schätzen die Ruhebänke mitten im Grünen. Ein Schluck Wasser, und dann geht es mit frischem Elan weiter. Die Sonne blinzelt gutgelaunt auf die Lichtung.

Bahnsteig ist heute Wanderweg

Früher standen die Reisenden am Bahnsteig und warteten auf den Zug . Schnurgerade liefen die Gleise durch den Wald. Ein beliebter Wander- und Radweg ist heute daraus geworden. Die Bahnlinie kam aus Richtung Bensberg. Im weiten Bogen lief sie an der nächsten Siedlung weiter nach Rösrath, nach Hoffnungsthal, Untereschbach und Lindlar.

Wo auch immer man zustieg: Von den Bahnhöfen der damaligen Sülztalbahn ging es in die weite Welt. Auch vom Bahnhofsgebäude in Forsbach war das so. Wichtig war, dass die Menschen ihre Arbeit mit der Bahn erreichten, über Bensberg und Bergisch Gladbach ging es nach Köln. In Rösrath war es die Lederfabrik Biedermann, bei der viele Menschen arbeiteten. In Hoffnungsthal und Untereschbach florierte der Bergbau, mit dem Lüderich im Blickpunkt, und dem Stahlwerk der Gebrüder Reusch.

Eine Sitzgruppe lädt Wanderer und Radler heute zum Verweilen ein.

Eine Sitzgruppe lädt Wanderer und Radler heute zum Verweilen ein.

Das Bahnhofsgebäude in Forsbach ist lange abgebrochen. Ab 1960 wurde die einst beliebte Strecke häppchenweise stillgelegt. Autos kamen zunehmend auf, Linienbusse fuhren von Ort zu Ort. Kaum jemand hatte noch Interesse, mit dem Fahrrad oder zu Fuß in den Wald zu einer Haltestelle zu gelangen, wo sich Rehe und Hirsche Guten Tag sagen. Und wie sollte ein moderner Park-and-Ride-Platz mitten im Wald angelegt werden?

Anderenorts blieben die Bahnhofsgebäude erhalten, bei Immekeppel oder in Lindlar-Linde. In Forsbach wurden die baufälligen Überreste der Gebäude um 1979 abgebrochen. Vor Jahren haben die Forsbacher Heimatfreunde der Dörper Einigkeit einen Gedenkstein aufgestellt, der die Ausflügler an die Historie des Ortes erinnert.

Spuren des Forsbacher Bahnhofs noch heute sichtbar

Die Lichtung am Bahnhof ist recht groß, und auch die Ortsunkundigen erkennen die Besonderheit des Platzes. Die Spuren der Gleise sind auf dem Bahnhofsgelände zu erahnen, auf mehreren Metern Länge sind auch alte Bahnsteigkanten und Laderampen erhalten geblieben. Hier hielten die Züge, hier stiegen die Passagiere ein und aus. Aber mehr ist fast nicht geblieben vom Forsbacher Bahnhof. Von drei Gleisen und fünf Weichen wissen die Eisenbahnhistoriker. In Forsbach kreuzten die Züge aus Rösrath und Bensberg. Forsbach, der Eisenbahnknotenpunkt, das Tor zur Welt.

Im Kursbuch der Deutschen Bahn hatte die Strecke einst die Nummer 218h, Köln-Kalk, Köln-Mülheim, Bensberg, Lindlar. Um 7.36 Uhr kam der erste Zug aus Richtung Bensberg in Forsbach an, um 7.44 Uhr erreichte er schon Rösrath. Acht Minuten Fahrzeit weist der Fahrplan aus. Neun Züge verkehrten über den Tag, Takte und Anschlüsse kannte man in den Jahren um 1930 und 1940 nicht.

Von Bensberg aus benötigten die Züge fünf Minuten, von Bergisch Gladbach 13 Minuten. Alle Züge zweiter und dritter Klasse verzeichnet das Kursbuch des Reichsbahn von 1940. Der Bahnhof Forsbach wurde bei Streckenkilometer 21,7 erreicht. Am 1. Oktober 1960 endete das Kapitel mit der allerletzten Zugfahrt. Und seitdem sind die Geräusche der Dampfzüge Nostalgie. Überlegungen für eine Reaktivierung der Königsforststrecke hat es nie gegeben. Der Verkehr rollt jetzt über die nahe Landstraße Bensberg – Forsbach. Und der Haltepunkt Forsbach wird Geschichte bleiben.


Die Serie

Leerstehende Gebäude, von Pflanzen überwucherte ehemalige Freizeitanlagen und beinah in Vergessenheit geratene Verkehrsanlagen – es gibt zahlreiche „verlassene Orte“, neudeutsch „lost places“, hinter denen sich spannende Geschichten verbergen. In einer neuen Serie gehen wir diesen Geschichten nach, geben Einblicke in die Vergangenheit, in das, was heute davon noch übrig ist, und das, was vielleicht noch daraus werden könnte. Eine spannende (Zeit-)Reise durch die Region. (wg)