Rhein-BergKommunen bekommen Millionen – Mehr als 57.000 Überstunden in der Verwaltung
Rhein-Berg – Die Kreisumlage soll bleiben, wie sie ist, und obendrein will der Kreis einmalig sechs Millionen Euro an die Kommunen ausschütten: Das sind die spektakulärsten Nachrichten aus der Sondersitzung des Kreistages zur Haushaltseinbringung für das Jahr 2022.
Eine dritte, nach den Verwerfungen der vergangenen Monate beinahe ebenfalls spektakuläre Nachricht betrifft das Atmosphärische: Die kommunale Familie – hier gemeint: der Kreis und seine Kommunen – hat sich wieder lieb, zumindest im öffentlichen Auftritt. Hat es bei der Etateinbringung für 2021 im Januar noch einen demonstrativen Protest-Besuch von Rathaus-Verwaltungschefs und Kämmerern im Kreistag gegeben, so bleiben Kreistag und Kreisverwaltung am Montagabend im Bergischen Löwen komplett unter sich.
Rheinisch-Bergischer Kreis: Kommunen wollen weitere Senkung
Die Vertreter der Kommunen haben lediglich, wie auch in der Vergangenheit üblich, eine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Darin würdigt die Overather Kämmerin Dominique Stölting namens ihrer Kollegen die den Kommunen im September vorgestellten Eckdaten des Haushalts, nennt das Festhalten am Umlagesatz von 35,5 Prozentpunkten ein „positives Signal“ und fordert gleichwohl mehr davon, nämlich eine Senkung auf 35,0 Prozent. Aber ein provozierendes Helmut-Schmidt-Zitat wie im Januar („In der Krise beweist sich der Charakter“), das verkneifen sich Stölting und Co. dieses Mal.
Der Haushalt in Zahlen
Bei Aufwendungen von 426.552.920 Euro Millionen Euro und Erträgen von 421.807.348 Euro plant der Kreis mit einem Fehlbetrag von 4.745 572.Euro. Diese werden der Ausgleichsrücklage entnommen. Die Kreisumlage bleibt bei 35,5 Prozentpunkten, die Kommunen erhalten einmalig sechs Millionen Euro vom Kreis.
Der Jugendhilfeumlagesatz wird von Burscheid, Kürten und Odenthal erhoben, da diese Kommunen über kein eigenes Jugendamt verfügen. Die Umlage hierfür wird mit 24,78 Prozentpunkten vorgeschlagen.
Die Personalaufwendungen sinken um 675.000 Euro, die Gesamtstellenzahl reduziert sich um zweieinhalb auf insgesamt 862,6 Stellen. (sb)
Landrat Stephan Santelmann (CDU) nimmt in seiner Rede den Tonfall aus den Rathäusern auf und würdigt ihn als „sehr konstruktive Antwort auf unser Eckpunktepapier“. Die Aufstellung des Zahlenwerks habe einem „Drahtseilakt“ geglichen. Santelmann spricht von einer „Abwägung zwischen intergenerativer Gerechtigkeit und Rücksichtnahme auf all jene, die von den derzeit herrschenden Krisen betroffen sind“.
Trotz des beabsichtigten Einfrierens des Umlagesatzes auch in den folgenden Jahren gebe der Etat-Entwurf in drei Zukunftsfeldern wichtige Impulse, nämlich erstens in Sachen Mobilitäts- und Energiewende sowie Klimaschutz, zweitens bei der Digitalisierung und Bürgerfreundlichkeit und drittens bei gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem demografischen Wandel.
Mehr als 57.000 Überstunden in der Kreisverwaltung
Was der Landrat nicht erwähnt (was aber auch nicht unbedingt in eine Haushaltsrede gehört), sind die Verwerfungen innerhalb der Kreisverwaltung. Über seine Mitarbeiter sagt er nur Gutes, beispielsweise: „Alle haben weit über das zu erwartende Maß, und auch oft über die persönliche Belastungsgrenze hinaus, mit vollem Einsatz die Aufgaben angenommen und für unsere Bürgerinnen und Bürger aus meiner Sicht großartig bewältigt.“ Und er weist darauf hin, dass sich die aktuelle Überstundenzahl seit Beginn der Corona-Pandemie auf insgesamt über 57.000 Stunden nahezu verdoppelt habe.
Santelmann: „Viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind erschöpft und an ihren Grenzen angekommen. Ich zeichne mich für die Gesundheit dieser Menschen verantwortlich und stelle fest: Es braucht Zeit, Luft zu holen!“ Santelmann bekundet, es sei seine feste Absicht, die Aufgabenkritik fortzusetzen.
Rhein-Berg: So ist der Stand beim Thema Breitbandausbau
In Sachen Energiewende würdigt Santelmann namentlich das integrierte Klimaschutzkonzept, die Nutzung von Wasserstoff, den Ausbau von Bus und Bahn, den Ausbau der Radinfrastruktur. In Sachen Digitalisierung verspricht er, dass der Kreis „voraussichtlich in spätestens einem Jahr zu 98 Prozent mit einer Bandbreite von 50 Mbit/s im Download versorgt“ sein werde und bekräftigt das unter Hinweis auf den Leiter des Kreistagsbüros: „Herr Lind hat das so protokolliert.“
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Ausdrücklich lobt er die Arbeit der vielen Helfer in der Hochwassernacht. Der Kreis prüfe nun, was künftig zu verändern sei, etwa bei der Alarmierung der Bevölkerung. Und bevor er das Wort weitergibt an Kämmerer Klaus Eckl, dankt er noch einmal ausdrücklich allen Mitarbeitenden und namentlich Eckl und „unserem Kreisdirektor Dr. Erik Werdel“.
Kreistag gedenkt des verstorbenen Stefan Caplan
Eckl seinerseits fasst sich ausgesprochen kurz und erläutert schlaglichtartig einige Daten. Aufgrund der besonderes hohen Steuerkraft im Kreis, die sogar trotz Corona gestiegen sei, ergebe sich die Möglichkeit, die Kommunen mit einer Einmalzahlung von sechs Millionen Euro zu unterstützen. Der Zuschuss für Bus und Bahn erhöht sich um weitere 3,3 Millionen Euro auf dann 17,6 Millionen Euro. Eckl: „Dies erklärt sich durch Angebotsverbesserungen im nördlichen Kreisgebiet sowie weitere Fahrzeugflottenergänzungen mit Wasserstoff- oder Elektrobussen.“
Zu Beginn der Sitzung gedachte der Kreistag des verstorbenen Bürgermeisters von Burscheid, Stefan Caplan. Caplan hatte seine berufliche Laufbahn 1983 bei der Kreisverwaltung begonnen.