Interkommunale ZusammenarbeitOverath und vier Nachbarkommunen unterzeichnen Charta
Lesezeit 4 Minuten
Overath – Ausgerechnet in Overath: Ausgerechnet in der bergischen Kleinstadt, die mit ihrer anfänglichen Weigerung, beim Agger-Sülz-Radweg mitzumachen, vor knapp vier Jahren eines der wichtigsten Leuchtturmprojekte interkommunaler Zusammenarbeit fast zum Scheitern gebracht hätte, versammelten sich am Samstagvormittag die Bürgermeister von gleich fünf bergischen Kleinstädten und Gemeinden, um eine Charta zur interkommunalen Zusammenarbeit zu unterzeichnen.
Die Städte Overath und Hennef und die dazwischen liegenden Gemeinden Neunkirchen-Seelscheid, Much und Ruppichteroth bekennen sich in der Charta zu einer gemeinsamen Zukunftsstrategie. Die Räte haben das einstimmig beschlossen, und am Samstagvormittag schritten die Bürgermeister Jörg Weigt (Overath), Klaus Pipke (Hennef), Nicole Sander (Neunkirchen-Seelscheid, Norbert Büscher (Much) und Mario Loskill (Ruppichteroth) zur Tat – beziehungsweise an einen langen Tisch in der Mensa des Schulzentrums an der Agger, um die Erklärung zu unterzeichnen. Dagegen zunächst nicht in trockenen Tüchern ist die Idee, eine 20 Kilometer lange Seilbahn zur Verkehrsentlastung auf die politische Agenda zu setzen.
In der Charta wird zunächst etwas kompliziert die geografische Lage der fünf Kommunen (siehe Grafik) erläutert: Overath und Hennef bilden danach die „Eingangsdrehscheiben“ ins „südöstliche bergische Rheinland“ und binden dabei „gleichsam einer Tangentialscheibe“ die beiden Hauptorte von Neunkirchen-Seelscheid als „Portalknoten für die weiter östlich liegenden Gemeinden Much und Ruppichteroth“ ein.
Eine Zusammenarbeit nicht nur, aber gerade in Fragen des Verkehrs sei daher angezeigt. Dem Entwurf für die Charta war, jedenfalls in den Overather Ratsunterlagen, auch der Entwurf für einen Projektantrag zur Regionale 2025 beigefügt gewesen, der sich für neue Lösungsansätze für die Verkehrsprobleme aussprach und schließlich die Idee einer 20 Kilometer langen Seilbahn von Hennef nach Overath aufbrachte. Eine solche Seilbahn könnte an mehreren Haltestellen Pendler aufnehmen, zu den Bahnhöfen in Overath und Hennef bringen und so die Straßen entlasten.
Doch ist dieses Projekt nach Auskunft seiner Verfasserin, der Overather Stadtplanerin Nicole Mirgeler, in mehreren Kommunen umstritten. Gleichwohl ging es am Samstag in Overath sehr intensiv um regionales Denken. Bevor die Overather Ratsmitglieder nach der Charta-Unterzeichnung in eine Klausur gingen, um über die weitere Entwicklung ihrer Stadt zu sprechen, gab es Vorträge von zwei ausgewiesenen Regionalexperten.
Bevölkerung
Bis 2040 wächst die Bevölkerung laut IT.NRW 2014 in Köln um 14,5 Prozent, in Rösrath um 7,7, Gladbach 2,6, Overath 1,5, Leichlingen 4. Sie sinkt in Odenthal (-1,8), Kürten (-4,3), Burscheid und Wermelskirchen.
Ein eher technisches Referat hielt der bei der Kölner Bezirksregierung an verantwortlicher Stelle tätige Stadtplaner Raimund Mirgeler. Er versicherte: „Fördermittel gibt es genug. Die Programme schießen wie Pilze aus dem Boden.“ Den Hauptvortrag lieferte der Geschäftsführer des Vereins Region Köln/Bonn, Dr. Reimar Molitor: „Es ist nicht mehr so wie 1950, dass man aus einem Ort rausfährt und in den nächsten hinein.“
Alles sei heute miteinander verwoben. Die rheinischen Städte boomten und „schwappten“ aus Platzmangel über – nach Overath zum Beispiel, weil dies durch den Bahnhaltepunkt attraktiv sei. Overath brauche eine vernünftige Bauplanung, nicht nur für Häuslebauer. Auch Overath müsse Flächen für mehrgeschossige Gebäude bereithalten und die Bebauung verdichten, auch wenn man hier, so Molitor schmunzelnd, bei drei- oder viergeschossigen Häusern schon an „Drogenecken“ denke.
Eindringlich empfahl Molitor den Overathern, sich von ihrer bisherigen „Fördermittelallergie“ (Bürgermeister Weigt) zu verabschieden. Der Regionale-Chef: „Am Geld wird es nicht scheitern. Wir können das Geld gar nicht ausgeben, das wir haben.“
Die Overather seien allerdings gefragt, in ihrer Stadtverwaltung die personellen Voraussetzungen zu schaffen, um tätig werden zu können: „Wir brauchen starke Verwaltungen.“
Molitor sprach in lockeren Worten die Verkehrsprobleme an: „In einem sind wir uns sofort einig: Mit dem Verkehr ist es ganz blöd. Und es bleibt blöd“, denn die Infrastruktur sei nicht „am, sondern hinter dem Limit“.
Hier zeige sich, wie sehr die Region zusammenhänge: Wenn sich Pendler aus Much oder Ruppichteroth nicht mit dem Auto in den Stau bis nach Köln stellen wollten, sondern lieber Overath anführen, sei das für die Overather ein neues Problem.
„Da werden wir Lösungen suchen müssen. Ihre Probleme mit der Parkpalette am Bahnhof lösen nicht die in der Ortsmitte, sondern bei Herrn Büscher und Frau Sander.“