AboAbonnieren

1,2 PromilleGeheimagent blau auf E-Scooter in Overath erwischt – Prozess

Lesezeit 3 Minuten
Ein Zug der Oberbergischen Bahn (Köln – Overath – Gummersbach) passiert einen beschrankten Bahnübergang.

Ein halbes Jahr musste ein Mitarbeiter des Kölner Inlandsgeheimdienstes BfV auf seinen Führerschein verzichten und mit der Bahn fahren.

Betrunken zu Pfingsten in Overath auf einem E-Scooter erwischt: Seitdem musste ein Kölner Geheimagent Bahn fahren. Jetzt war der Prozess.

Noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen ist ein 58-jähriger gehobener Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Köln. Der Mann war in seiner Freizeit auf der Olper Straße in Overath betrunken auf einem E-Scooter erwischt worden.

Der Strafbefehl, der ihm dafür zunächst zugegangen war, erschien ihm zu hoch; nach der öffentlichen Verhandlung am Bensberger Amtsgericht wird das Verfahren gegen 2500 Euro Zahlung an den Kinderschutzbund eingestellt, und, was für den Nachrichtendienstler noch wichtiger ist: Er hat seinen Führerschein zurückbekommen.

James Bond in der Oberbergischen Bahn mag man sich nicht vorstellen

Denn ein Agent ohne Führerschein, James Bond im RVK-Bus oder in der Oberbergischen Bahn: Das mag man sich kaum vorstellen, und das nicht nur wegen der schnittigen Autos von „007“, sondern weil es im echten Leben zu den dienstlichen Aufgaben des Kölner Verfassungsschützers gehört, bundesweit jährlich 40 000 Kilometer zu reisen – auch mit Waffen. „Mit öffentlichen Verkehrsmitteln geht das nicht“, sagte der Verteidiger.

Vor allem aber zeigte sich der Beamte mit dem bis dahin tadellosen Lebenslauf in sehr überzeugender Weise reumütig. „Ich habe diese Elektroscooter einfach total unterschätzt“, sagte er. Er habe sich so ein Teil gekauft, um es im Wohnmobil mit in den Urlaub zu nehmen. Am Abend seiner Trunkenheitsfahrt habe er gekocht und den Grad seiner Alkoholisierung gar nicht bemerkt.

Der E-Roller war voll einsatztauglich, der Fahrer mit 1,18 Promille nicht

Er habe die dumme Idee gehabt, den kleinen Elektroroller zu testen: Ob der auch einen Berg schaffe. Doch während der Roller am Pfingstsonntag dieses Jahres um 17 Uhr voll einsatztauglich war, hatte der Beamte ein Problem, nämlich 1,18 Promille im Blut und damit völlige Fahruntüchtigkeit.

Während sein Verteidiger im Prozess noch einige Ausführungen zur etwas schwierigen juristischen Lage machte — warum werden Pedelecfahrten, bei denen nicht nur das Fahrrad, sondern auch der Radfahrer unter „Strom“ steht, milder bewertet als solche auf dem Elektroscooter? — teilte der bergische James Bond mit, dass er inzwischen in seinem Kollegenkreis ausdrücklich auf die Rechtslage bei E-Scootern hingewiesen habe.

Angeklagter Verfassungsschützer übernimmt Verantwortung

Sympathisch ließ den Verfassungsschützer auch erscheinen, dass er nicht ansatzweise den Versuch machte, sein Gehalt von 4000 Euro kleinzurechnen. Als ihn der Verteidiger nach Unterhaltszahlungen für die Tochter fragte, verneinte er: „Die ist doch schon 24.“

Am Ende der Verhandlung vor dem Bensberger Gericht schlug der Staatsanwalt vor, das Verfahren wegen geringer Schuld gegen Geldauflage einzustellen. Der Verteidiger brachte als möglichen guten Zweck den Deutschen Kinderschutzbund ins Spiel.

Richterin Simona Sünnemann entschied nach einem Hinweis des Protokollführers, dass beide im Kreis existierenden DKSB-Gruppen, die in Bergisch Gladbach und die in Rösrath, jeweils 1250 Euro bekommen. Der Strafbefehl hätte 3900 Euro gekostet und weitere sieben Monate ohne Führerschein bedeutet.