Die 26-Jährige interessierte sich schon immer für Mathe und Technik. In diesem männlich dominierten Bereich arbeitet sie heute auch.
Bodybuilderin„Miss Universe“ arbeitet in Overath – Sie trainierte Daniela Katzenberger
Von wegen Champagner, Blitzlichtgewitter und wilde Partys – anders als ihr Titel „Miss Universe“ es vermuten lässt, läuft Bodybuilderin Lia Liebings Alltag sehr diszipliniert und durchgeplant ab.
Die 26-Jährige hat Anfang November in Las Vegas den Titel „Miss Universe“ in der Bikini-Klasse ihres Verbands geholt und tritt damit quasi in die Fußstapfen von Arnold Schwarzenegger. Seine Karriere begann nämlich ebenfalls mit einem „Mr. Universe“-Titel in Amerika.
„Miss Universe“ arbeitet in Overath
Doch da der Sport eine Nische darstellt, verdienen Athleten kaum Geld damit. Ihr Preisgeld habe beispielsweise nicht einmal die Kosten des Fluges gedeckt. „Man macht das ganze wirklich nicht fürs Geld, sondern aus Leidenschaft“, sagt Liebing im Gespräch mit dieser Zeitung. Sie sitzt in ihrem Büro in den Dienes-Werken in Overath.
Hier arbeitet sie seit zehn Jahren, hat erst eine Ausbildung zur Produktdesignerin gemacht und anschließend eine Weiterbildung zur Maschinenbautechnikerin. Schon in der Schule habe sie sich besonders für Mathe und Technik interessiert. „Ich wusste schon mit 14, dass ich das machen möchte“, sagt sie.
Mittlerweile konstruiert sie nicht mehr selbst die verschiedenen Teile für die Anlagen, die die Firma baut, sondern managt die Abläufe im Hintergrund. „Das macht mir viel Spaß, weil ich mehr Kontakt mit Menschen habe“, schildert sie.
„Miss Universe“ erhält für Wettkämpfe immer Urlaub
In der eher männlich dominierten Branche habe sie nie Probleme gehabt. Bis heute nicht, auch wenn sie einigen ihrer männlichen Kollegen mittlerweile weisungsbefugt ist. Und: Die Firma hat Liebings sportliche Ambitionen immer unterstützt. „Da habe ich echt Glück. Ich bekomme für meine Wettkämpfe immer Urlaub“.
„Die Kollegen sagen, dass sie nicht wollen, dass ich wegen ihnen nicht teilnehmen kann“, sagt die Sportlerin. Es würden sich auch immer alle mit ihr freuen, wenn sie Titel gewinnt. Den großen, bunten Blumenstrauß, der auf ihrem Schreibtisch steht, habe sie beispielsweise an ihrem ersten Arbeitstag nach dem „Miss Universe“-Wettkampf bekommen. „Den haben die Männer alleine ausgesucht. Das haben sie richtig gut gemacht“, findet Liebing.
Durch ihre regelmäßigen Arbeitszeiten bekomme sie Sport und Arbeit gut unter einen Hut. Viermal in der Woche trainiert sie im Fitnessstudio. „Viele denken, das ist mehr. Aber Muskeln bauen sich ja in der Regeneration auf“, sagt sie. Ihre Tage seien trotzdem sehr durchstrukturiert, weil sie beispielsweise alle vier Stunden esse, damit ihr Körper immer genug Energie hat. Gerade vor Wettkämpfen achte sie extrem auf ihre Ernährung.
„Miss Universe“ hält sich an strenge Diät
Die bestehe dann aus Porridge zum Frühstück, Reis mit Gemüse und Hähnchen zum Mittagessen, Magerquark mit Obst als Zwischenmahlzeit und einen großen Salat mit Fisch zum Abendessen. Eine Ausnahme macht sie in der Vorbereitungszeit nicht. „Ich möchte mir nichts vorwerfen können, wenn ich doch nur mal den zweiten Platz mache“, sagt sie. Das Training falle ihr nicht schwer, weil sie nach der Arbeit ohnehin Lust habe, sich zu bewegen.
Die Ernährung sei es, die ihr viel Disziplin abverlange. Wenn sie einmal im „Wettkampfmodus“ sei, wisse sie aber, wofür sie das alles mache und ein möglicher Sieg sei Grund genug, sich an den strengen Ernährungsplan zu halten. „Das ist wie ein Schalter, den ich umlege“, schildert sie. Der bleibe auch in besonderen Momenten an. Wie auf dem ersten Date mit ihrem Freund, den sie zwar im Gym kennengelernt habe, der selbst aber kein Bodybuilder ist.
Die beiden hätten bei dem Treffen erst zusammen trainiert und er habe sie danach zum Essen einladen wollen. Doch das war kurz vor einem Wettkampf und Liebing auf Diät. Also habe sie gesagt: „Ich habe mein vorgekochtes Essen im Auto. Aber wir können dir gerne etwas holen und zusammen essen.“ Ihr Partner habe sie immer unterstützt. „Anders geht das auch nicht.“
Miss Universe: „Das ist ein sehr extremer Lebensstil“
„Das ist ein sehr extremer Lebensstil“, räumt sie ein. Sie vermutet, dass ihr Ex-Freund sich unter anderem deswegen von ihr getrennt habe. Sie hätten sich kennengelernt, bevor sie mit dem Bodybuilding angefangen hat. Ihr neuer Lebensstil sei für ihn schwer gewesen.
Der wirke sich gerade vor den Wettkämpfen schon auf ihr Sozialleben aus: „Man ist nicht mehr so spontan“, findet sie. Zum Beispiel, weil sie sich an ihre regelmäßigen Essenszeiten halten muss. Und wenn ihre Freundinnen feiern gehen, könne sie natürlich auch ohne Alkohol zu trinken mitkommen, aber: „Der Körper hat in dieser Phase weniger Energie und das wird dann einfach anstrengend.“ Beim Essengehen setze sie sich aber gerne dazu. „Ich trinke dann einfach nur eine Cola Zero. Das macht mir nichts aus“, sagt sie.
Weil man sich als Bodybuilderin so viel mit seinem Körper auseinandersetzt und in der Saison auch ein ungesundes Essverhalten etabliert, empfehle sie Menschen, die anfällig für Essstörungen seien, nicht an Wettkämpfen teilzunehmen. „Es kann schwer sein, aus dem Wettkampfmodus rauszukommen und zu sehen, dass man wieder zunimmt oder dass Muskeln nicht mehr so definiert sind“, meint sie.
Die Overatherin startete erst vor rund drei Jahren mit dem Sport und sofort voll durch: In ihrer ersten Wettkampfsaison 2022 holte sie gleich mehrere Siege, sie gewann die Europa- und Weltmeisterschaften. Und die Erfolge halten an – auch international. Sie hat beispielsweise in Malina den Asia Pacific Championships-Titel geholt und wurde bei einem Wettkampf in Tokio zweite.
Sie hat im vergangenen Jahr schon einmal versucht, „Miss Universe“ zu werden und nur den zweiten Platz gemacht. „Das hat mich die ganze Zeit gewurmt“, sagt sie. Deswegen und weil sie in der Szene durch ihre Erfolge schon relativ bekannt ist, sei der Druck dieses Mal ziemlich hoch gewesen. Und ein besonderer Gast trug dazu auch bei: Daniela Katzenberger saß neben Liebings Freund im Publikum, um sie anzufeuern. Liebing habe Deutschlands bekannteste Katze nämlich auf ihren ersten Wettkampf in der Glamour-Klasse vorbereitet: „Das war so lieb und auch ein bisschen verrückt, dass Daniela mich angefeuert hat.“